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Belgien: Gesetzesvorschlag gegen Nahrungsmittelspekulation vorgelegt

Am 23. Mai 2008 brachten drei sozialistische Abgeordnete im belgischen Parlament einen Gesetzesentwurf ein, der ein "Verbot der Finanzspekulation bei Nahrungsmitteln" zum Ziel hat. Es folgt an dieser Stelle eine teilweise Übersetzung des Dokuments, das großes Interesse bei denjenigen hervorrufen wird, die weltweit gegen das Geschäft mit dem Hunger kämpfen:

[i]Gesetzesvorschlag zum Verbot der Finanzspekulation, die sich auf Nahrungsmittelpreiserhöhungen gründet[/i]

[i] Vorbemerkungen

Sehr geehrte Damen und Herren,

1) Allgemeiner Umriß
[/i]

[i]
Der weltweite Hunger ist leider schon viel zu lange
eine Tatsache in unserer Welt.[/i]

[i]
Nach Angaben der Verbandes SOS Hunger leiden 852 Millionen
Menschen an Hunger, vor allem Frauen und Kinder.[/i]

[i]Nach Angaben des UN Welthungerprogramms sterben 25000
Menschen jeden Tag an Unterernährung. Darunter verlieren zwischen 11000
und 18000 Kinder ihr Leben, weil sie nicht über ausreichend Nahrungsmittel
verfügen![/i]

[i] Die Gründe
für dieses Drama sind bekannt: Nord-Süd Unterschiede, Fehlinvestitionen beim
Getreideanbau in den Entwicklungsländern, sehr oft unter dem Impuls internationaler
Institutionen, Naturkatastrophen, Dürreperioden, schlechte Staatsführung, Fehlentscheidungen
bei Investitionen im Rahmen der Entwicklungshilfe, etc.[/i]

[i]Im Verlauf der letzten Jahre hat der Preisanstieg
bei Lebensmitteln die Krise verstärkt und ausgeweitet.[/i]

[i]Im Gegensatz zu den entwickelten Ländern, in denen
der für Lebensmittel aufgewendete Anteil am Haushaltseinkommens zwischen 10 und
20 Prozent liegt, beträgt dieser Anteil in den Entwicklungsländern zwischen 60 und
90 Prozent.[/i]

[i]Nahrungsmittelaufstände sind überall auf der Erde
ausgebrochen: vor allem in Ägypten, Haiti, Indonesien und in Sub-Sahara Afrika.[/i]

Als Hauptgründe für die weltweite
Hungerkatastrophe gibt der Gesetzesentwurf an, daß die Liberalisierung der
Märkte durch die Welthandelsorganisation (WTO), die Weltbank und den Internationalen
Währungsfond (IWF) zu einer "tiefgreifenden Destabilisierung der
landwirtschaftlichen Produktion der Länder des Südens" geführt habe.
Desweiteren habe die Entwicklung sogenannter "cash crops" zu
"massiven Fehlinvestitionen bei der regionalen Produktion" und zur
"Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten aus Ländern, in denen
Subventionen gezahlt werden", beigetragen.

Auch der Klimawandel mache sich
durch vermehrte Dürre- und Flutperioden bemerkbar. Vor allem aber hätten Investmentfonds,
angetrieben von der Finanzkrise, mit ihrem spekulativen Kapital Zuflucht auf
den Märkten für Landwirtschaftsgüter gesucht.

Auch sogenannte Biotreibstoffe wurden als
Problem für die Preisinflation einbezogen. Dazu wurde auf eine Untersuchung des belgischen Forschungs-, und Informationszentrums
der Verbraucherverbände (CRIOC) verwiesen, die den Preisanstieg der die
letzten zwei Jahre beobachtet hat: Mehl +39%; Vollkornbrot: +13%; Mich +36%;
Kartoffeln +13%; Eier +33%; Steaks +10%; Butter +25%; Tomaten +22%; Orangen
+17%; Yoghurt +14%.

Weiter heißt
es in dem Entwurf:

[i]Obwohl die wichtigsten internationalen
Entscheidungsträger zum Handeln aufrufen, um den Ärmsten zu helfen, zögern Spekulanten
in diesem Zusammenhang nicht, von der Krise zu profitieren, um sich zu
bereichern![/i]

[i]Es scheint, als gäbe es auf dem belgischen Markt Investmentprodukte
[...] deren Gewinn an die Preisentwicklung eines Warenkorbs bestehend aus
Landwirtschaftsgütern (Kakao, Kaffee, Zucker, Weizen, Mais und Soja) gebunden
ist.[/i]

[i]Kurz gesagt, je höher der Preis dieser
Landwirtschaftsgüter steigt, desto profitabler ist das Investment. Schlimmer
noch, die Werbung für diese Investmentprodukte räumt ausdrücklich Profite durch
Preissteigerungen bei Lebensmitteln ein. In einem Werbeprospekt wird sogar
behauptet, daß der Klimawandel, die Wasserknappheit, und der Mangel an
Ackerfläche eine gute Gelegenheit sei![/i]

[i]In Wahrheit wird dazu geraten, daß belgische Investoren
damit reich werden, daß noch mehr der Ärmsten auf der Erde verhungern.

Diese Situation ist einfach unzumutbar.[/i]

Das Gesetz
soll also konsequenterweise die Verbreitung und den Verkauf solcher
Investmentprodukte verbieten. Die Verfasser des Entwurfs erinnern daran, daß
das Recht auf eine ausreichende Lebensmittelversorgung Teil des Internationalen
Abkommens für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Artikel 11) sei,
das am 15. Mai 1981 auch von Belgien unterzeichnen worden wäre. Der
Gesetzesvorschlag lautet dann folgendermaßen:

[i] Gesetzesvorschlag

Artikel 1.

Dieses Gesetz bezieht sich auf die Zielsetzung von Artikel
78 der belgischen Verfassung.

Artikel 2.

In Belgien ist der Verkauf, das Verbreiten oder
Anbieten von Finanzinstrumenten im Sinne des Artikels 2 des Gesetzes vom 2. August
2002 "Über die Aufsicht des Finanzsektors" verboten, und zwar jedweder Art, einschließlich der Kapitalversicherung und derjenigen Versicherungsarten, die
an solche Investmentfonds gekoppelt sind, deren Gewinn teilweise oder ganz aus
der Spekulation auf den Preisanstieg bei Grundnahrungsmitteln stammen.

Artikel 3.

Jeder Verstoß gegen das Gesetz wird gemäß Artikel 41
des Gesetzes vom 2. August 2002 "Über die Aufsicht des Finanzsektors und der Finanzdienstleistungen"
bestraft.[/i]

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