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Pyrrhussieg der Bankenlobby im US-Senat

[i]Gestern hat der US-Senat das umstrittene Finanzreformgesetz ohne die Zusätze zur Wiedereinführung des Glass-Steagall-Standards und der strikteren Kontrolle des Derivathandels verabschiedet. Bei der Stimmung in der amerikanischen Bevölkerung, die auf härteres Vorgehen gegen die Wall-Street-Interessen drängt, könnte sich das ganze aber schnell als Pyrrhussieg der angloamerikanischen Finanzlobby herausstellen. Der folgende Bericht faßt noch einmal die wichtigsten Entwicklungen dieser Woche zusammen: [/i]

Die von Lyndon LaRouche angeführte Kampagne für die Wiedereinführung eines Glass-Steagall-Standards in den Vereinigten Staaten durch Einschluß des McCain-Cantwell-Zusatzes in Senator Dodds Finanzreformgesetz hat die Kontrolle der Banken über den Kongreß erschüttert, aber noch nicht beseitigt. Bis Donnerstag hatte der Senat es vermieden, über den McCain-Cantwell-Antrag zu debattieren oder abzustimmen, und Senator Chris Dodd, der Chef des Bankenausschusses, machte weiterhin gemeinsame Sache mit den britischen Vorposten an der Wall Street, um alle Maßnahmen abzuschwächen, die sich gegen die Spekulanten richten - etwa, indem er den Abschnitt über die Durchsetzungsmechanismen aus dem vieldiskutierten Derivate-Abschnitt des Gesetzes wieder herausnahm. Es war von vornherein klar, daß die Regierung Obama, Senator Dodd und der Sprecher der Senatsmehrheit, Senator Harry Reid, entschlossen sind, den Willen der Wall Street durchzusetzen, egal, welche Mittel dafür angewandt werden müssen.

Reids erster Versuch, den Senat zu einer Einstellung der Debatte zu bewegen, bevor Glass-Steagall und die Maßnahmen gegen die Derivate in das Gesetz aufgenommen waren, scheiterte am 19. Mai, denn die demokratischen Senatoren Maria Cantwell (Bundesstaat Washington) und Russ Feingold (Wisconsin), die den Antrag zur Wiederherstellung des Rooseveltschen Bankgesetzes eingebracht bzw. unterstützt hatten, stimmten mit den Republikanern gegen Reids Antrag. Im einen Abbruch der Debatte zu erzwingen, sind mindestens 60 Stimmen notwendig, aber nach dem Wahlsieg des Republikaners Scott Brown, der die Nachfolge des verstorbenen demokratischen Senator Ted Kennedy antrat, haben die Demokraten nur noch 59 Stimmen im Senat; Reid brauchte also mindestens eine republikanische Stimme für seinen Antrag, selbst wenn alle Demokraten für seinen Antrag gestimmt hätten. Als sich zeigte, daß er die Abstimmung verloren hatte, änderte Reid sein Votum von „Ja" auf „Nein", um sich das Recht vorzubehalten, den Antrag später wieder einzubringen.

An der Wall Street herrschte offensichtlich Panik über die Möglichkeit, daß Glass-Steagall und das Derivateverbot durchgesetzt werden könnten. In einem MarketWatch-Bericht vom 20. Mai wird auf die Vorschläge hingewiesen, die die größte Wirkung auf die Arbeit der Wall Street hätten: „Der dritte und wohl schwerwiegendste der Vorschläge, die Idee von Senator Feingold, Teile des Glass-Steagall-Gesetzes zurückzuholen, ist der drastischste Schritt. Die Trennung der Investment- von den Geschäftsbanken würde die finanzielle Landschaft gründlich verändern - Bank of America Corp. müßte sich beispielsweise von Merrill Lynch trennen - und damit die bisher vorherrschende Strategie der Großfinanz in den 2000er Jahren, das Supermarkt-Banking, gegenstandslos machen. Die Wall Street hält den Atem an..."

Im zweiten Anlauf gelang es Dodd und Reid dann am Donnerstag doch noch, drei Republikaner auf ihre Seite zu ziehen und mit 60:40 Stimmen ein Ende der Debatte über Dodds sogenanntes Finanzreformgesetz - ohne die Zusätze von McCain/Cantwell und Lincoln - zu erzwingen.

LaRouches Aufruf

Noch vor der Abstimmung veröffentlichte Lyndon LaRouche einen weiteren Aufruf, in dem er auf die dringende Notwendigkeit hinwies, die Abschaffung der Derivatmärkte mit der Wiedereinführung der vom Glass-Steagall-Gesetz errichteten Brandmauer zwischen Geschäftsbanken und den spekulierenden Finanzinstituten zu verbinden.

„Während der US-Kongreß, insbesondere der Senat, weiterhin mit allem möglichen Unsinn beschäftigt ist", sagte LaRouche, „ist es eine Tatsache, daß bereits ein Warnschuß abgefeuert wurde, der die Auflösung des gesamten Weltfinanzsystems signalisiert. Die Welt als ganze steht vor einem plötzlichen, praktisch über Nacht eintretenden Kollaps, neben dem der 1000-Punkte-Absturz des Dow Jones vom 6. Mai wie eine kleine Störung erscheinen wird. Wir könnten eines Morgens erwachen und feststellen, daß wir überhaupt kein Finanzsystem mehr haben - sondern einen abrupten Absturz in ein neues finsteres Zeitalter. Die Schlüsselstellung nehmen dabei die Derivate ein. Die Derivatmärkte müssen stillgelegt werden.

Die deutsche Kanzlerin Merkel hat mit ihrem souveränen Verbot von Teilen des Derivatgeschäfts richtig gehandelt, um ihre Nation vor einer Zerstörung durch Spekulanten zu schützen. Die US-Regierung muß gezwungen werden, jetzt sofort das gleiche zu tun. Lassen Sie den US-Senat wissen, daß wir Patrioten die Politik der US-Regierung bestimmen werden, und nicht eine Bande räuberischer britischer Lakaien, die die Wall Street beherrschen. Verlangen Sie, daß das Vernünftige durchgesetzt wird: Stoppt die Derivate, und setzt Glass-Steagall in Kraft!"

Für Glass-Steagall und gegen Derivate

Senatorin Cantwell hat in zahlreichen öffentlichen Erklärungen die Frage der Derivate hervorgehoben und darauf hingewiesen, daß die Mechanismen zur Durchsetzung der Vorschriften über den Derivatehandel aus der Dodd-Vorlage wieder gestrichen wurden, die von ihrer Kollegin Blanche Lincoln aus Arkansas verfaßt worden waren. Cantwell hatte einen Zusatz von Lincoln unterstützt, um die Wiederaufnahme dieser Bestimmungen in das Gesetz zu bewirken.

Nachdem sie dazu beigetragen hatte, den vorzeitigen Abbruch der Debatte zu verhindern, sagte Cantwell in einer Erklärung vor dem Plenum des Senats am 20. Mai, es gehe darum, Transparenz und Aufsicht über die derzeit unregulierten Derivatmärkte herzustellen. Und selbst scheinbar kleine Schlupflöcher könnten strukturelle Mängel im Finanzsystem herbeiführen, die langfristig verheerende Schäden verursachen, wenn sie von der Wall Street ausgenutzt werden. Sie verglich die Aufgabe mit dem Bau eines Staudamms. „Selbst so etwas wie der Hoover-Damm, mit all seinem Beton und all seiner großartigen Ingenieursarbeit hat ein Problem, wenn jemand an seinem Fuß ein Loch hineinbohrt", sagte Cantwell. „Die Frage ist fundamental. Wir werden keine Reform haben, wenn wir keinen Handel und kein Clearing an den Börsen haben, wenn wir die Derivate nicht den gleichen Mechanismen unterwerfen, die wir für andere Produkte der Finanzmärkte haben. Und wenn wir das nicht haben, dann weiß ich nicht, was wir hier im Kontext dessen tun, was uns in diese Krise hineingebracht hat."

Cantwells Mitstreiter bei der Abwehr des ersten Versuchs, die Glass-Steagall-Debatte im Senat abzuwürgen, Senator Feingold, gab am gleichen Tag die folgende Erklärung ab: Nach 30 Jahren, in denen er den Wünschen der Wall-Street-Lobbyisten nachgegeben hat, muß der Kongreß endlich nachdrückliche Reformen in Kraft setzen, um die Wall Street daran zu hindern, daß sie unsere Wirtschaft wieder in den Graben fährt. Wir müssen die Risiken beseitigen, die Finanzfirmen, die „zu groß zum Scheitern" sind, für unsere Wirtschaft darstellen, und wieder eine schützende Brandmauer zwischen den Main-Street-Banken und den Wall-Street-Firmen errichten. Leider sind diese wichtigen Reformen in diesem Gesetz nicht enthalten. Der Test für dieses Gesetz ist einfach - nämlich, ob es eine weitere Finanzkrise verhindert. So, wie das Gesetz jetzt lautet, besteht es diesen Test nicht. Die Debatte über dieses Gesetz einzustellen, heißt aufzuhören, bevor die Arbeit getan ist."

Schließlich stimmte der Senat am Donnerstag dem Dodd-Gesetz ohne die beantragten Änderungen mit 59:39 Stimmen zu. Auch hier stimmten Cantwell und Feingold mit den meisten Republikanern dagegen. Nach der Abstimmung gab Präsident Obama dann eine Erklärung ab, in der er wieder einmal die Wahrheit völlig verdrehte: Die Versuche der Wall Street, die Reform „durch Schlupflöcher für spezielle Interessengruppen und Ausnahmen zu verwässern, die darauf abzielten, eine wirkliche Änderung zu unterlaufen", seien gescheitert.

Tatsache ist, daß das Gesetz, so wie es beschlossen wurde, nichts anderes als ein einziges, gigantisches Schlupfloch ist, denn es enthält weder Glass-Steagall, noch den Cantwell-Lincoln-Zusatz, um die von Dodd geschaffenen Schlupflöcher im Derivate-Abschnitt zu schließen.

Fürs Volk oder für die Banken?

Die Banken laufen bei all dem das Risiko, daß ihr Druck letztendlich auf sie selbst zurückschlägt, anstatt ihren Willen durchzusetzen. Die Senatoren kennen die Massenstreikstimmung in der Bevölkerung nur zu gut und ihre Büros werden von Anrufen ihrer Wähler überschwemmt, die eine Glass-Steagall-Politik verlangen - eine Wirkung der Kampagne des LaRouche-Aktionskomitees (LPAC). Zehntausende von Bürgern haben sich dieser Kampagne angeschlossen, rufen ihre Senatoren an, schicken ihnen und anderen Mandatsträgern E-Mails und verteilen Flugblätter oder veranstalten Treffen, um über die notwendige Reform der Wirtschaftspolitik zu diskutieren. Der Patriotismus der mobilisierten Bürger zeigt sich daran, daß etliche Wähler sämtliche 100 Senatoren angerufen haben, um auf die Verabschiedung von Glass-Steagall zu dringen. Auf die Ausrede eines Senators, er rede bloß mit Wählern aus seinem eigenen Bundesstaat, antwortete ihm einer dieser Bürger: „Es geht um das ganze Land. Ich rede mit meinem Senator, wenn es um meinen Bundesstaat geht. Aber wenn es um eine nationale Frage geht, rufe ich alle Senatoren an!"

In einer Erklärung nach der Abstimmung kündigte Senator Maria Cantwell an: „Ich gebe diesen Kampf noch nicht verloren!" Sie habe gegen das Gesetz gestimmt, weil es „möglicherweise gefährliche Schlupflöcher" bei der Regulierung von Derivaten enthält. Unregulierte Derivate hätten eine Schlüsselrolle dabei gespielt, „die schlimmste Finanz- und Wirtschaftskrise seit der Großen Depression herbeizuführen... Wir müssen diese gefährlichen Aktivitäten stoppen. Wir brauchen strengere Verbote für die Banken, mit dem Geld ihrer Sparer zu spielen. Wir brauchen klare Vorschriften - wie Glass-Steagall - die die riskanten Aktivitäten vom traditionellen Bankensystem trennen. Wir müssen unser Finanzsystem von den synthetischen Wetten wegbringen und mehr Kapital in die Hände der Main-Street-Firmen bringen, solche die Arbeitsplätze schaffen."

Tatsächlich garantiert Dodds Nichtreform der Wall Street, daß sich die Krise verschärfen wird. Und damit wird das Thema Glass-Steagall weiter auf der Tagesordnung stehen.

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