06131-237384info@bueso.de

Renate Künast und Prinz Charles - Eine Allianz der besonderen Art?

"Eine Schwäche muß ich gestehen: Seit Jahren hege ich eine Leidenschaft für das englische Königshaus... Durch die Lektüre der geschätzten Rubrik [in Zeitungen oder Zeitschriften, d.R.] hielt ich mich auf dem laufenden: konnte die königlichen Mitglieder rauf und runter zitieren und haargenau über Verlobungen und Hochzeiten berichten... Ich sah mich bald als glückliche Besitzerin einer ganzen Sammlung königlicher mugs, Becher mit Aufdrucken von Queen Mom, Prinz Charles oder Prinzessin Anne... die Becher thronen immer noch auf meinem Küchenschrank; und selbst wenn ich für meine Lieblingsrubrik selten einen Blick habe, beschäftigt mich das Thema nach wie vor."

Diese Zeilen stammen aus dem Buch von Renate Künast, ihres Zeichens grüne Bürgermeisterkandidatin für Berlin, Klasse statt Masse aus dem Jahr 2002. Dort schwärmt sie anschließend seitenlang über ihren Besuch in Highgrove, dem ökologischen Privatanwesen von Prinz Charles im Juli 2001.

Bei der Auffahrt zum Wohnsitz des Prinzen stand „eine entzückende, kunstvoll errichtete Geflügelvoliere". Der Anblick am Ende der Straße sei „überwältigend" gewesen, denn man sah „das elegante alte Schlößchen des Thronfolgers", umgeben von „einem hinreißenden Garten... aus dem Nichts geschaffen". Da der Prinz keine Ahnung vom Gärtnern gehabt hatte, habe ihm „die Marquise von Salisbury" geholfen, ein „kleines Meisterwerk" zu schaffen. Rosamunde Pilcher, anyone? In diesem Ton geht es weiter. Nach einer ausgedehnten Tour mit dem Farmmanager „gingen wir zur Residenz des Prinzen". Dann plauderten beide zwei Stunden vor dem Kamin, wobei ein fein gekleideter Butler in weißen Handschuhen „dezent Tee aus einer silbernen Teekanne servierte... Dazu gab es Sandwiches und des Prinzen köstliche Biokekse ,Duchy Original'."

Renate Künast interessierte dann besonders der Küchengarten des Prinzen, in dem sie dieser schließlich persönlich herumführte. Wieder kann sie sich vor Begeisterung nicht fassen: „In diesem Küchengarten wucherte das pralle Leben. Ich war begeistert von der Sinnlichkeit und Anmut dieses Kunstwerks", das ihr der Prinz bis ins Detail erläuterte. Selbst die taz fand das alles damals etwas seltsam und schrieb auf der Satireseite, Künast sei wohl die „neue Königin der Herzen" und bei dem „entspannten Fachgespräch zwischen Menschen „sei da mehr gewesen".

Nun, bei Prinz Charles ist schließlich alles möglich.

Also, beide verstanden sich offenbar sehr gut. Der Prinz habe ein fundiertes Wissen über die europäische Agrarpolitik gezeigt (das Frau Künast völlig abging). Und er „war bis ins Details mit der deutschen Situation vertraut", sprach sogar über „Einzelheiten aus Strategiepapieren der Bundesregierung". Very interesting, indeed.

Man erinnere sich. Künast wurde während der BSE-Krise im Januar 2001 Verbraucherschutzministerin (bis 2005), nachdem die BSE-Rinderwahn-Seuche mit Epizentrum in Großbritannien die europäische Landwirtschaft verheerend geschädigt hatte. Damals verfütterte man in Großbritannien Tierkadavermehl an Rinder, was eine Folge der Zerstörung des bäuerlichen Einkommensniveaus war, aber auch der Thatcherschen Privatisierung und Deregulierung. Diese Krise bot ideale Bedingungen für die globalisierten Finanzinteressen, über EU und Ökoschiene der weitgehend noch staatlich geschützten, produktiven kontinentaleuropäischen Landwirtschaft einen entscheidenden Schlag zu versetzen.

Wie Frau Künast in Kapitel 4 ihres Buches selbst schreibt, habe ihr der damalige britische Agrarminister Nick Brown beim ersten Ministerratstreffen Ende Januar 2001, an dem sie teilnahm, nach einem ausgiebigen Abend an der Bar „verschmitzt" und zugleich „tiefernst" beim Abschied den Auftrag gegeben: „Renate, lead the change!" („Renate, führe den Wandel an!")

Künast hatte von der Landwirtschaft null Ahnung. Dessen brüstete sie sich auch bei jeder Gelegenheit. Aber genau deswegen wurde sie ja auserwählt - „um alte Strukturen" bedenkenlos aufzubrechen und die ökologische „Agrarwende" herbeizuführen. Wer davon unter dem Strich profitierte, waren die Kartelle und Spekulanten, deren Machtstrukturen überhaupt nicht angekratzt wurden. Künast schuf eine Kontrollstruktur, mit der sich keineswegs bessere, sondern vor allem teurere „Öko"produkte vermarkten ließen. Alles andere, was nicht paßte, wurde als „industrielle Landwirtschaft" verunglimpft - wobei Mißstände bei ganz großen Betrieben nur den Vorwand lieferten, um das Vertrauen verunsicherter und gutgläubiger Menschen für angeblich „ökologisch einwandfreie Produkte" zu gewinnen.

In Wirklichkeit handelte es sich bei der „Agrarwende" um den Rückmarsch in den Feudalismus. Heute ist die Versorgungssicherheit auch in Europa dahin. Nach der Zerstörung der traditionellen, eigenständigen Familienbetriebe diktieren jetzt die großen globalisierten Agrarkonzerne und -ketten den noch verbliebenen Bauern niedrige Preise (Beispiel Milch), auf die sie notgedrungen eingehen müssen. Die Qualität der Nahrungsmittel wird immer schlechter, die Kontrollen nachlässiger, und der Verbraucher, der u.a. überteuerte Ökostrompreise zahlen darf, kauft im Discounter billige Produkte aus „Ökofarmen" armer Drittweltländer, die ihre Nahrungsmittel eigentlich dringend selbst benötigen.

Und jetzt Berlin?

In einem Beitrag mit dem Titel „The Greening of Berlin", der am 23.11.2010 in [i]The Local (news [at] thelocal [dot] de)[/i] erschien, stellte Roger Boyes, Berliner Korrespondent der [i]Times[/i], in (nur teils) satirischer Form die Frage an Renate Künast, ob sie in der Lage sei, als neue Bürgermeisterin Berlins „die notwendige Ökodiktatur" in der verschuldeten Hauptstadt durchzuziehen. Schließlich müsse Berlins „unmögliches" Schuldenniveau durch „intelligente Kürzungen" gesenkt werden. Würde sie eine Art „Ökodiktatorin" sein, eine grüne Imelda Marcos? Wogegen sich in kleineren Städten wie Marburg Widerstand rege, nämlich „Ökodiktatur", könnte sich, so Boyes, für Berlin als „einziger Weg erweisen, das Verhalten in Berlin zu ändern."

Zum Schluß schreibt er in schöner Offenheit: „Trotz ihrer öffentlichen Darstellung in der Boulevardpresse ist Künast keine Revolutionärin." So habe Großbritanniens Prinz Charles Renate Künast einmal zu seiner deutschen Lieblingspolitikerin erkoren. Eine „besondere anglo-deutsche Achse" zwischen einem „Ökokönig Charles" und einer „Bürgermeisterin Künast" sei denkbar, bei der beide dann Ideen über die postindustrielle Zukunft austauschen könnten.

Davon hat Berlin und Deutschland schon mehr als genug erlebt. Es ist Zeit, den grünen Spuk zu beenden, die königlichen Spinnweben von den Wänden abzufegen und das Haus seinem eigentlichen Besitzer zurückzugeben.

Werden Sie aktiv!

Die Bürgerrechtsbewegung Solidarität erhält ihre Finanzmittel weder durch staatliche Parteienfinanzierung noch von großen kommerziellen Geldgebern. Wir finanzieren uns ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden,

deshalb brauchen wir Ihre Unterstützung!

JETZT UNTERSTÜTZEN