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Staatskrise in Italien: EZB und Finanzmärkte diktieren die Richtung

Kaum war der italienische Ministerpräsident Enrico Letta am 28.9. von seinem Besuch der Wall Street zurückgekehrt, wo er den „Investoren“ versichert hatte, Italien sei stabil, da brach seine Regierung zusammen. Die Minister von Silvio Berlusconis Partei PDL traten zurück und Letta setzte ein Vertrauensvotum im Parlament für den 2.10. an. Er hoft offenbar, einige „Dissidenten“ der PDL und von Beppe Grillos M5S auf seine Seite zu ziehen.

Wie auch immer diese Regierungskrise ausgeht: die EU hat bereits Mechanismen in Gang gesetzt, die sicherstellen sollen, daß keine Entscheidungen fallen, die dem von Brüssel diktierten „Ausnahmezustand“ und der verordneten Austeritätspolitik widersprechen. Man will Neuwahlen unbedingt vermeiden und den mit der Regierung Monti begonnenen postdemokratischen Coup fortführen, um sicherzustellen, daß die italienische Bevölkerung für das bankrotte Euro-Bankensystem bezahlt.

Das ist keineswegs übertrieben: Die Strategie wurde offenbar am 20.9. bei einem privaten Essen in Rom zwischen dem EZB-Vorsitzenden Mario Draghi, Ministerpräsident Letta, Staatspräsident Giorgio Napolitano und Parlamentssprecherin Laura Boldrini abgesprochen. Der Gastgeber des „Verschwörungsessens“, wie die italienischen Medien es nannten, war der Gründer der Zeitung La Repubblica, Eugenio Salfari. Alle Teilnehmer gehören zur „britischen“ Fraktion in Italien und sind treue Schüler des Gründers des europäischen Föderalismus, Altiero Spinelli.

Zwei Tage später gab Scalfari in einem Editorial die Marschbefehle aus. Er schrieb, einige wollten die „Existenz des Ausnahmezustands“, der die von der EU gesteuerten Regierungen Monti und Letta rechtfertigte, nicht mehr wahrhaben. Die Gefahr sei nun, daß Berlusconis Erpressung Letta zwingen könnte, vom Sparkurs (bzw. der Euro-Politik) abzulassen. Aber Letta, Napolitano und Draghi „sind unsere Stärke, Europa ist ihr oberstes Ziel für unser aller Zukunft“.

Seit Sommer 2011 wurde ein postdemokratischer Ausnahmezustand in Italien geschaffen, indem man die Zinsen der Staatsschulden manipulierte. Die EZB ließ den Anleihenwert erst fallen und kaufte später Anleihen auf, um die Regierung Monti zu stützen. Wird Draghi nun wieder dasselbe tun und was forderte er von den anderen Teilnehmern als Gegenleistung?

Die britisch-imperiale Fraktion fürchtet (nicht nur in Italien) das wachsende Ferment in der Bevölkerung gegen die Sparpolitik. Berlusconi setzt diese Karte ein, um seine eigene Haut zu retten. Das ist jedoch nebensächlich. Entscheidend ist, daß bei Neuwahlen die eurokritischen Wähler für eine wirkliche Wende sorgen und gleichzeitig auch die aus verschiedenen Lagern existierenden Vorschläge für die Durchsetzung des Glass-Steagall-Trennbankensystems Boden gewinnen könnten.

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