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US-Kongreßentscheidung zur Ausbildung "moderater syrischer Rebellen" gegen ISIS ist eine gefährliche Dummheit

Mit allen möglichen Verfahrenstricks setzte das Weisse Haus jetzt im Kongress die Bewaffung sog. "moderater syrischer Rebellen" im Kampf gegen ISIS durch. Diese Strategie ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, da sie die Kooperation mit genau den Kreisen fortsetzt, die das Terrorproblem in der gesamten Region erst geschaffen haben. Gleichzeitig wird die Liste der Gründe für ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten immer länger; besonders die Forderungen im Kongreß und den Medien nach Veröffentlichung der von Obama unter Verschluß gehaltenen 28-Seiten des 9/11-Untersuchungsberichtes, in dem es um die Rolle Saudi-Arabiens geht, nehmen zu.

Nach mehr als fünf Stunden Debatte segnete der US-Senat am 18. September mit 78:22 Stimmen Präsident Obamas Plan ab, mit saudischer Hilfe syrische Rebellen zu bewaffnen. Die US-Regierung darf nun 500 Mio.$ dafür verwenden, eine Streitmacht von 5000 „moderaten“ syrischen Rebellen anzuwerben, zu bewaffnen und in Saudi-Arabien ausbilden zu lassen. Obama konnte sich dabei auf die Unterstützung der korrupten Führung des Senats verlassen. Sie organisierte den Antrag so, daß eine Ablehnung gleichzeitig eine Ablehnung der Übergangsfinanzierung des Verwaltungshaushalts bedeutet hätte, und damit wäre die amerikanische Staatsverwaltung mit Ablauf des Haushaltsjahres am 30. September nicht mehr arbeitsfähig gewesen.

Diese Schieberei begann schon im Repräsentantenhaus, wo John Boehner, der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, im Sinne Obamas die Formulierung des Antrags entsprechend lenkte. Wesentliche Elemente des Gesetzes waren, daß nur „sicherheitsüberprüfte“ Teile der syrischen Opposition Hilfe erhalten sollen, daß dafür kein zusätzliches Geld genehmigt, sondern in anderen Haushaltsposten eingespart wird, und außerdem, daß die Bewilligung zusammen mit der Übergangsfinanzierung auslaufen wird - das ist am 11. Dezember.

Indem er seinen republikanischen Kollegen versprach, diese Methode sichere ihnen die „Kontrolle“, gewann Boehner in Absprache mit der Sprecherin der Demokraten Nancy Pelosi und anderen Mitgliedern der Kongreßführung ihre Zustimmung im Repräsentantenhaus. Anschließend nahm der Sprecher der demokratischen Mehrheit im Senat, Harry Reid, die Dinge in die Hand und bestand darauf, daß über das ganze Paket - die Übergangsfinanzierung und den Syrien-Antrag - in einem einzigen Votum gemeinsam abgestimmt würde. Unter diesen Bedingungen wurde dann die Gemeinsame Resolution 124 zur Diskussion und Abstimmung aufgerufen.

Dort gab es heftigen Widerspruch. Senator Rand Paul meldete sich zu Wort und verlangte, über die beiden Fragen getrennt abzustimmen, was jedoch sofort abgeblockt wurde. Paul hielt dann eine 40minütige Rede, in der er ausführlich den Wahnsinn der Bewaffnung angeblich „moderater“ Syrer darstellte. Paul sagte, in der jüngeren Vergangenheit seien im Nahen Osten weltliche Diktatoren gestürzt und durch radikale Dschihadisten ersetzt worden. Er betonte mehrfach, wenn beide Seiten übel seien, dann sei es einfach falsch, sich einzumischen bzw. sich auf eine der beiden Seiten zu stellen. Auch den Einwand, die USA hätten in Syrien „nicht genug getan“, wies er zurück: „Wir haben doch nicht untätig herumgesessen. Wir haben den Rebellen schon 600 Tonnen Waffen geliefert.“ Auch die Türkei habe alleine in einem Monat weitere 29 Tonnen Waffen geliefert. „Aber es gibt Gerüchte, daß die Türken es nicht so genau nehmen und viele dieser Waffen direkt oder indirekt zu ISIS gelangten.“

Paul warnte: „Wir haben die moderaten Syrer bewaffnet, und diese Waffen sind zu ISIS gelangt, sodaß wir nun Truppen gegenüberstehen, die mit unseren eigenen Waffen bewaffnet sind. Und jetzt wollen wir ihnen noch mehr von unseren Waffen geben.“ Er zitierte die Militärzeitschrift Jane’s, die geschrieben hatte, wenn man den „moderaten Syrern“ Waffen gebe, könne man die genauso gut direkt an Al-Nusra liefern. Und in der größten Gruppe, die die USA mit Waffen versorgen, der Freien Syrischen Armee (FSA), gebe es „derzeit drei verschiedene Leute, die behaupten, sie hätten das Kommando... Wir wissen gar nicht, wer dort das Sagen hat! ... Wir haben immer wieder bewiesen, daß wir gar nicht wissen, wie man die syrischen Rebellen ,sicherheitsüberprüfen’ soll.“

Paul fuhr fort, er habe am Tag zuvor bei einer Anhörung Außenminister John Kerry gefragt, auf welcher Rechtsgrundlage die Regierung diesen Krieg führe. Kerry nannte die Autorisierung zum Einsatz militärischer Gewalt von 2001. Als die Anwendbarkeit dieser Autorisierung bestritten wurde, habe Kerry sich dann auf Artikel II der Verfassung berufen (der den Präsidenten zum Oberkommandeur der US-Streitkräfte macht), der all das abdecke, was sie machen wollten. Das sei jedoch falsch, betonte Paul, und zitierte Äußerungen der Gründerväter, daß die Entscheidung über Krieg und Frieden laut Artikel I der Verfassung nur beim Kongreß liegt.

Schon am 16. September hatte der demokratische Senator Joe Manchin (West-Virginia) bei einer Anhörung des Streitkräfteausschusses des Senats scharfe Kritik an Obamas Kriegsplan geübt. Manchin sprach sich gegen den Plan aus, 5000 „moderate“ Syrer auszubilden, um IS in Syrien zu bekämpfen. Er könne diesen Plan seinen Wählern in West-Virginia einfach nicht verständlich machen. Überall werde er gefragt: „,Was wird denn Ihrer Erwartung nach anders werden als das, was ihr in diesem Teil der Welt schon seit 13 Jahren macht? Wenn Geld und Militär nichts geändert haben, warum glauben Sie dann, daß sich jetzt etwas ändern wird?’ Es fällt mir schwer zu verstehen, warum wir diese 5000 plötzlich überzeugen werden, die Seite zu wechseln und gegen ISIS zu kämpfen, die den gleichen religiösen Krieg gegen das Assad-Regime führt wie sie selbst.“

Er fuhr fort: „Ich sage nur, daß unsere bisherigen Leistungen in 13 Jahren in dieser Region uns keine Resultate geliefert haben. Wir haben Saddam gestürzt. Wir dachten, das würde etwas ändern. Der Irak ist heute in schlimmerem Zustand. Wir haben Gaddafi gestürzt. Wir dachten, das würde etwas ändern. Es wurde so schlimm in Libyen, daß wir sogar unsere eigene Botschaft schließen und unsere Leute aus unserer Botschaft abziehen mußten... Diese barbarischen Diktatoren sind ungeheuerlich. Aber es scheint, daß das die Regel ist. Ist es nicht der eine, ist es ein anderer. Wir setzen einen ab oder wenden uns gegen ISIS oder Assad. Ich unterstütze Assad in keiner Weise und glaube, daß er abtreten sollte. Aber solange es ihm gelingt, sich zu halten, kämpft er gegen eben jene Leute, die wir nun ausbilden sollen, damit sie kämpfen, und dafür sollen wir 500 Millionen Dollar ausgeben. Das macht für mich keinen Sinn. Und ich kann das niemandem verkaufen. Ich habe es versucht - man kann das nicht verkaufen. Niemand glaubt, daß das irgendwas ändern wird.“

Auch in der CIA halten viele Obamas Strategie zur Bekämpfung des „Islamischen Staats“ für falsch. Die [i]Huffington Post[/i] zitierte am 18. September namentlich nicht genannte Quellen, die CIA sei nicht davon überzeugt, daß Obamas Strategie gegen IS funktionieren könne; dies gelte vor allem für die Ausbildung einer Streitmacht der „moderaten“ syrischen Opposition für den Kampf gegen ISIS und gegen Assad. Nach Angaben der Huffington Post gibt es zu diesem Teil des Plans „hinter den Kulissen viel Skepsis, von Zweifeln bis hin zu offenem Widerspruch aus den Reihen der CIA“ - nicht zuletzt, weil die CIA bereits seit mehr als einem Jahr Kämpfer der syrischen Opposition ausbildet, „aber feststellen mußte, daß diese Kämpfer immer desorganisierter und radikaler wurden, je länger sich der Konflikt hinzog, und daß von den USA gelieferte Waffen in die Hände radikalerer Kämpfer gelangten.“

Ein namentlich nicht genannter Kongreßabgeordneter - vermutlich ein Mitglied des Geheimdienstausschusses - sagte der [i]Huffington Post[/i], nach Einschätzung der CIA seien diese Bemühungen „zum Scheitern verurteilt... Die CIA hält es für unmöglich, eine Truppe pro-westlicher syrischer Nationalisten auszubilden und auszurüsten, die Assad, Al-Nusra und ISIS bekämpfen und besiegen kann, egal, wieviel Luftwaffen-Unterstützung diese Truppe auch erhalten mag.“

Offiziell bestritten jedoch sowohl die CIA als auch der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater Ben Rhodes, daß es irgendwelche Probleme gebe. Ihrer Ansicht nach, erklärten sie, werde die Ausweitung der Operation gemäß Absatz 10 des Beschlusses, der sie dem Pentagon unterstellt, ihre Durchführung erleichtern.

Angesichts der Tatsache, daß das Aufkommen des „Islamischen Staats“ ohne die Unterstützung der Regierung Obama und Saudi-Arabiens gar nicht möglich gewesen wäre, stellt sich die Frage, ob es Obama überhaupt darum geht, ISIS tatsächlich zu bekämpfen, oder ob dies bloß ein Vorwand ist, den Kampf gegen Assad zu verstärken. So oder so war die Entscheidung des amerikanischen Senats eine große Dummheit.

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