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2025 - Deutschland wacht auf

Ein Vortrag von Elke Fimmen (8.3.2025)

Zu überhören ist es gewiss nicht, wie gegenwärtig die alte transatlantische Ordnung mit ordentlichem Getöse um uns herum auseinanderfällt. Aber offensichtlich halten sich die Politiker an der Spitze in Europa (mit Ausnahme Ungarns und der Slowakei) immer noch die Ohren zu und verteidigen ihre korrupten Strukturen und Pfründe mit Zähnen und Klauen. Damit stehen sie einer schnellen friedlichen Lösung in der Ukraine im Wege, auf Kosten von Menschenleben.

Fest steht: dies ist ein selbstmörderischer Kurs für Europa und besonders für Deutschland, das mit den Folgen der grünen Politik, den Russland-Sanktionen und die Zerstörung der Nordstream-Pipeline sowie dem zunehmenden Flüchtlingsproblem – vor allem wegen über einer Million Flüchtlinge aus der Ukraine in den vergangenen drei Jahren -  auf einen raschen Kurswechsel angewiesen ist.

Der Widerstand gegen die aberwitzigen Rüstungspläne der Regierung wird mit Sicherheit massiv wachsen. Die hohe Wahlbeteiligung von über 82% zeigt, dass die Bevölkerung , und vor allem auch die jungen Menschen , Frieden und wirtschaftliche Erholung will.

Es ist die Entscheidung der Bürger, die neu entstandenen strategischen Chancen auf Veränderung zu ergreifen und dafür zu organisieren. Davon hängt es ab, ob ein Fragezeichen, ein Ausrufezeichen oder – nichts – hinter unserem heutigen Titel „2025 – Deutschland wacht auf“ steht.

Eine erste Ohrfeige auf internationaler Bühne hat die Berliner Regierung für ihren aberwitzigen Kurs diese Woche bereits erhalten:

Der Ständige Beobachter des Vatikan bei den Vereinten Nationen, Erzbischof Caccia, sprach am Dienstag bei der UNO-Sitzung in New York zum Atomwaffenverbotsvertrag (TPNW) über die Gefahr eines Atomkrieges.

Er rief dazu auf, sich das „beispiellose Leid“ vor Augen zu führen, das durch nukleare Massenvernichtungswaffen in Nagasaki und Hiroshima verursacht wurde. Die Auswirkungen dieser Ereignisse wirkten „über Generationen hinweg fort“ und hinterließen „unauslöschliche Spuren bei den Überlebenden und den Gemeinschaften, die unwiderruflich verändert wurden.“

Er sagte, statt Investitionen in Krieg und Abschreckung braucht es  den „Einsatz für dauerhaften Frieden, Sicherheit und Gemeinwohl“. „Zu viele Staaten leiten zunehmend wertvolle Ressourcen in die Aufstockung von Militärbeständen um, die stattdessen zur Bewältigung dringender globaler Herausforderungen wie Armut und Hunger eingesetzt werden könnten“, so Caccia. Statt Abschreckung zu verstärken und Krieg zu legitimieren, gelte es in einen „stabilen und dauerhaften Frieden“ zu investieren.

Diese Aufgabe steht auch in der Präambel unseres Grundgesetzes von 1949: Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.

Das GG wurde 1948/49 unter dem Eindruck der Willkür- und  Schreckensherrschaft der Nazis geschrieben. Die Wortwahl der Präambel drückt die Verpflichtung aus, der Menschheit zu dienen und den Menschen nicht als Mittel zum Zweck zu missbrauchen.

Wie kann dem Frieden in der Welt gedient werden?

Dauerhafter Frieden ist nicht mit geopolitischer Rivalität und dem Kampf um Raum, Macht und angeblich knappe Ressourcen möglich, sondern nur durch die Verwirklichung des Rechtes auf wirtschaftliche und soziale Entwicklung aller Nationen, wie es von den  BRICS und dem Globalen Süden angestrebt wird. Dieses Recht hat Deutschland nach dem 2. Weltkrieg mit dem Wiederaufbau für sich in Anspruch genommen und genutzt.

Dieses Recht müssen wir aber in einer neuen gerechten Weltwirtschaftsordnung für ALLE Nationen gewährleisten: die Geopolitik und den Kolonialismus überwinden und durch Entwicklung dauerhaften Frieden schaffen. Das ist die Idee der neuen Internationalen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur von Helga Zepp-LaRouche, die sie im November 2022 vorschlug.

Dieser Ansatz ist ist der einzig verlässliche Leitstern, der uns durch die nächste Zeit begleiten kann. Denn so strategisch entscheidend und wichtig die Kehrtwende Trumps bezüglich Russlands ist, sind seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen offensichtlich äußerst begrenzt bzw vollkommen daneben – etwa, wenn es sich um Kryptowährungen, Handelskrieg gegen China oder den berüchtigten Riviera-Plan für Gaza handelt.

Die BRICS sind ja kein abstraktes Gebilde, sondern im Kern die strategische Allianz von Russland und China, verbunden mit Südafrika, Brasilien und Indien und  vielen bedeutenden anderen aufstrebenden Nationen des Globalen Südens. Diese Konstellation ist DIE Herausforderung für die USA, was Präsident Trump sehr wohl erkannt hat, wie es beispielsweise in seinen Tiraden gegen jeden, der versuchen sollte, den Dollar zu ersetzen, zum Ausdruck kommt.

Trump muss seine Politik in dieser Hinsicht ändern, und daran arbeiten unsere Kollegen in den USA, auf der Grundlage der langjährigen Bemühungen des Ökonomen und Staatsmannes Lyndon LaRouche. Und es ist durchaus möglich, dass dies gelingt.  

Da liegt auch die Chance für Deutschland (und Europa), statt ihrem Aufrüstungs- und Kriegskurs, wie er jetzt in Brüssel, den europäischen Hauptstädten und auch in Berlin gefahren wird.

Der Globale Süden will vom (noch)  industrialisierten Europa Unterstützung beim Aufbau durch technologische Hilfe und Know-How, wie es China mit der Neuen Seidenstraße und der Belt und Road Initiative längst erfolgreich macht.

Olaf Scholz erhielt im Januar 2023 eine klare Abfuhr bei seiner Reise nach Brasilien, Argentinien und Chile, als er versuchte, diese Länder des Globalen Südens auf die Seite der sog. Demokratien gegen Russland und China zu bringen, und weiter auf die grüne, kolonialistische Agenda einzuschwören.

Weder Argentinien noch Brasilien gingen damals auf Scholz‘ Forderung ein, Munition für die Panzer zu liefern, die der Ukraine geliefert werden sollten (Brasilien nutzt eine frühere Version des Leopard 2). Präsident Lula weigerte sich, die Munition zu verkaufen, ebenso wie der damalige argentinische Präsident Alberto Fernández. Lula lehnte ab, dem von Scholz beworbenen „Klimaclub“ beizutreten, und konterte mit dem Gegenvorschlag, einen „Friedensclub“ zu bilden: Die Länder des Globalen Südens sollten zusammenkommen und sich als Vermittler anbieten, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Lula kündigte in der Pressekonferenz mit Scholz an, er werde auf seiner Chinareise im März 2023 mit Präsident Xi Jinping darüber sprechen und versuchen, China dafür zu gewinnen, daß es diesem Friedensclub beitritt und vermitteln hilft, was dann auch geschah.  

Präsident Xi hat die Bedeutung dieser Friedens-Initiative, die dann im September 2024 in die „Freunde des Friedens“ bei der UN ausgeweitet wurde in einem kürzlichen Telefongespräch mit Präsident Putin noch einmal betont. Von Scholz – und vom Westen insgesamt kam dröhnendes Schweigen und - keine Diplomatie.

Was wollen die BRICS?

Brasilien hat gegenwärtig den Vorsitz der BRICS inne. Celso Amorim, Sonderberater des brasilianischen Präsidenten Lula da Silva für Außenpolitik und von Anfang an mit dem Aufbau der BRICS wohl vertraut,  gab am 24.2.2025 ein Interview, das auf der Website „BRICS Brazil 2025“ veröffentlicht wurde.

Er sagte: „Hinter unserer Gruppe steht die Idee, dass die Organisationen des globalen Südens institutionalisiert werden müssen. Es herrscht Einigkeit darüber, dass es keine internationale Organisation ohne die aktive Beteiligung der Entwicklungsländer geben kann.“

„Die Idee der BRICS ist es, eine Kooperationsgruppe der großen Entwicklungsländer zu haben, die unter anderem die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit in den Bereichen Energie, Währungsfragen und sogar im komplexeren Bereich Frieden und Sicherheit ausloten kann. Das ist sehr wichtig, weil es den großen westlichen, kapitalistischen Ländern gezeigt hat, dass sie nicht die Regeln diktieren können; sie können Initiativen vorschlagen, aber sie müssen sie mit uns diskutieren.“

Vorher hatten die G7 das Sagen und der Internationale Währungsfonds (IWF), die Weltbank und die Welthandelsorganisation (WTO). „Das ist jetzt anders“, sagte Celso Amorim. Die BRICS könnten eine Brücke bauen, um den globalen Süden zu stärken, damit er zum Beispiel nicht „Opfer von finanziellen Manövern wird, die uns schaden können“.

Celso Amorim wies die Idee, die BRICS seien antiwestlich, zurück. Aber, so betonte er, „was wir nicht wollen, ist, einem bestimmten Führungsland untergeordnet zu sein. Nicht der Westen, nicht der Osten - der globale Süden (ist das, wofür wir stehen)“.

„Meine Botschaft ist, dass die BRICS-Staaten eine Gruppe von Entwicklungsländern sind, die Wohlstand, aber auch Frieden wollen. Ich glaube, dass die Welt, in der wir heute leben, vor allem auf der Suche nach Frieden ist. Ich glaube, es war Papst Paul VI, der gesagt hat: 'Entwicklung ist der neue Name für Frieden'. BRICS ist der neue Name für Entwicklung“.

Der Bezug des brasilianischen BRICS-Vertreters auf die päpstliche Enzyklika „Populorum Progressio  - über den Fortschritt der Völker“ vom 26.März 1967, in der dieses berühmte Zitat steht „Entwicklung ist der neue Name für Frieden“  ist besonders interessant. Sie wurde von dem damaligen Papst Paul VI verfasst und kann uns als wertvoller Bezugspunkt dienen, um die offensichtlich gescheiterten  Axiome der jetzigen westlichen Weltordnung zu hinterfragen und uns aus dem kulturpessimistischen Sumpf und der grünen Ideologie, die unsere Moral vergiftet und  unsere Intelligenz und Schaffenskraft gelähmt hat, zu befreien.

Schauen wir uns diese Enzyklika und ihren zeitlichen Kontext etwas genauer an.

1967 war die Zeit des Vietnamkrieges, des Eskalation in Nahost mit dem Sechstagekrieg, zunehmender Spannungen zwischen Ost und West, dem Kampf gegen den Kolonialismus und für eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung.

1961 war die Blockfreie Bewegung aus der afro-asiatischen Bandung-Konferenz von 1955 in Indonesien hervorgegangen, auf deren 5 Prinzipien im Kampf gegen Kolonialismus, für Gerechtigkeit und Fortschritt sich heute die BRICS-Staaten beziehen.

Papst Paul VI (1963-78) , vorher als Kardinal Montini internationaler Diplomat des Vatikan, war ein Kämpfer für Weltfrieden und Gerechtigkeit, der die katholische Kirche zusammen mit seinem Vorgänger, Johannes XXIII, erneuerte – mit dem 2. Vatikanischen Konzil - und die Bestrebungen der sog. Dritten Welt unterstützte.

Es ist wichtig anzumerken, daß Papst Paul VI in den 50er und 60er Jahren, damals noch als Kardinal Montini, auch ein Unterstützer von Enrico Mattei gewesen war, dem italienischen Industriellen, der eine europäische Energieversorgung unabhängig von den anglo-amerikanischen Ölkartellen anstrebte und dafür mit den Nationen Afrikas und des Nahen Ostens Verhandlungen führte. Mattei baute Beziehungen zu US-Präsident Eisenhower und dann zu Präsident Kennedy auf, um diesen dafür zu gewinnen, Italien statt Großbritannien zum Hauptverbündeten der USA in Europa zu machen. 1962 stand er kurz davor, dieses Projekt zu realisieren. Er sollte in die USA reisen, um dort Kennedy im Weissen Haus zu treffen und die Ehrendoktorwürde einer angesehenen amerikanischen Universität zu erhalten. Kurz zuvor kam er bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz in Sizilien ums Leben.

Paul VI sprach 1965 als erster Papst überhaupt vor der UN-Vollversammlung.  Zu deren 20jährigen Bestehen zitierte er den 1963 ermordeten Präsident Kennedy mit den Worten: „Die Menschheit muss dem Krieg ein Ende setzen, sonst setzt der Krieg der Menschheit ein Ende.“ Seine Ansprache gipfelte in dem Satz: „Jamais plus la guerre – Niemals mehr Krieg!“ Er forderte Abrüstung, Hilfe für die armen Nationen, Kampf gegen Hunger und verlangte den Respekt vor dem Leben von Anfang an.

Es ist kein Wunder, daß Paul VI mächtige oligarchische Kreise in Italien und westlichen Machtzentren zum Gegner hatte, auch mit seiner „Ostpolitik“, mit der er – besonders nach der Kubakrise - eine Entspannung gegenüber der Sowjetunion und dem Ostblock förderte, auch in Italien selbst. Später, in den 70er Jahren war er ein Unterstützer des „historischen Kompromisses“, eine Regierung der italienischen Kommunisten und den Christdemokraten unter Ministerpräsident Aldo Moro. Aldo Moro wurde 1968 von den Terroristen der „Roten Brigaden“, die mit dem Stay Behind Netzwerk oder „Gladio“-Netzwerk der NATO zusammenhingen,  entführt und nach 55 Tagen ermordet.  Danach begann mit der Öffnung zur Globalisierung der wirtschaftliche Abstieg Italiens.

Die Enzyklika steht in diametralem Gegensatz zu der menschenfeindlichen Doktrin von den angeblichen Grenzen des Wachstums und der Behauptung, es gebe zu viele Menschen und der Mensch sei die Krebsgeschwulst des Planeten, wie es vom 1968 gegründeten Club of Rome verbreitet wurde, um „Nullwachstum“ und imperiale Kriege um Rohstoffe zu rechtfertigen.

Neben sehr grundsätzlichen Gedanken über das schöne Menschenbild, das die Menschheitszivilisation braucht, um fortschreiten zu können, enthält sie eine klare Absage an Kolonialismus und den ungehemmten Liberalismus als Ursache für den Imperialismus des internationalen Finanzkapitals. Paul VI schlägt eine Art Weltfonds für Entwicklung vor und formuliert konkrete Prinzipien für den Aufbau und den Handel, die es für eine gerechte Entwicklung zu beachten gilt. Er ermutigt die Staaten des Entwicklungsländer, sich zusammen zu schliessen und bei ihrer Entwicklung zusammenzuarbeiten.  Und er ruft alle Menschen guten Willens, Staatsmänner, Publizisten, Erzieher, Lehrer, jeden an seinem Platz dazu auf, Baumeister einer neuen Welt zu werden, da „der Weg zum Frieden nur über den Fortschritt der Zivilisation und das Wachstum der verfügbaren Mittel führt.“  

Der Geist, in dem dies geschrieben ist, findet sich in dem Vorschlag der Internationalen Entwicklungsbank (IDB) von Lyndon LaRouche wieder, die dieser 1975 veröffentlichte und der zur Keimzelle der programmatischen Intervention unserer Bewegung für eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung wurde.

Zitiert nach dem Originaldokument.

POPULORUM PROGRESSIO - ÜBER DIE ENTWICKLUNG DER VÖLKER
 
Einleitung
WELTWEITE AUSMASSE DER SOZIALEN FRAGE
Erster Teil  
UMFASSENDE ENTWICKLUNG DES MENSCHEN 

17. ….Nicht nur dieser oder jener, alle Menschen sind aufgerufen, zur vollen Entwicklung der ganzen menschlichen Gesellschaft beizutragen. Die Kulturen entstehen, wachsen, vergehen. Aber wie jede Woge der steigenden Flut weiter als die vorhergehende den Strand überspült, schreitet auch die Menschheit auf dem Weg ihrer Geschichte voran. Erben unserer Väter und Beschenkte unserer Mitbürger, sind wir allen verpflichtet, und jene können uns nicht gleichgültig sein, die nach uns den Kreis der Menschheitsfamilie weiten. Die Solidarität aller, die etwas Wirkliches ist, bringt für uns nicht nur Vorteile mit sich, sondern auch Pflichten.

3. Die Aufgabe

22. "Erfüllt die Erde und macht sie euch untertan (Gen 1,28)": die Heilige Schrift lehrt uns auf ihrer ersten Seite, daß die gesamte Schöpfung für den Menschen da ist. Freilich, er muß seine Geisteskraft einsetzen, um ihre Werte zu entwickeln und sie durch seine Arbeit sich dienstbar zu machen und der Vollendung näher zu bringen. Wenn aber die Erde da ist, um jedem die Mittel für seine Existenz und seine Entwicklung zu geben, dann hat jeder Mensch das Recht, auf ihr das zu finden, was er nötig hat.

23. Alle anderen Rechte, ganz gleich welche, auch das des Eigentums und des freien Tausches, sind diesem Grundgesetz untergeordnet. Sie dürfen seine Verwirklichung nicht erschweren, sondern müssen sie im Gegenteil erleichtern. Es ist eine ernste und dringende soziale Aufgabe, alle diese Rechte zu ihrem ursprünglichen Sinn zurückzuführen. ….

25. Für das wirtschaftliche Wachstum und den menschlichen Fortschritt unentbehrlich ist die Industrialisierung, die sowohl Kennzeichen als auch treibende Kraft der Entwicklung bedeutet. Durch die zähe Anwendung seiner Intelligenz und seiner Arbeit entreißt der Mensch Schritt um Schritt der Natur ihre verborgenen Gesetze und macht sich ihre Kräfte dienstbar. ...

26. Im Gefolge dieses Wandels der Daseinsbedingungen haben sich unversehens Vorstellungen in die menschliche Gesellschaft eingeschlichen, wonach der Profit der eigentliche Motor des wirtschaftlichen Fortschritts, der Wettbewerb das oberste Gesetz der Wirtschaft, das Eigentum an den Produktionsmitteln ein absolutes Recht, ohne Schranken, ohne entsprechende Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber darstellt. Dieser ungehemmte Liberalismus führte zu jener Diktatur, die Pius XI. mit Recht als die Ursache des finanzkapitalistischen Internationalismus oder des Imperialismus des internationalen Finanzkapitals (22) brandmarkte. Man kann diesen Mißbrauch nicht scharf genug verurteilen. Noch einmal sei feierlich daran erinnert, daß die Wirtschaft ausschließlich dem Menschen zu dienen hat (23). …..

27….Nach dem Bilde Gottes geschaffen, "muß der Mensch mit dem Schöpfer an der Vollendung der Schöpfung mitarbeiten und die Welt mit dem Siegel seines Geistes prägen, den er selbst empfangen hat (24)". Gott, der den Menschen mit Verstand, Phantasie und Einfühlungsvermögen ausgestattet hat, hat ihm auch die Mittel gegeben, irgendwie sein Werk zu vollenden. Ob Künstler oder Handwerker, ob Unternehmer, Arbeiter oder Bauer, jeder, der arbeitet, ist in gewissem Sinne schöpferisch tätig. Beschäftigt mit einer widerspenstigen Materie, prägt er ihr sein Siegel auf und bildet bei sich Zähigkeit, Scharfsinn und Erfindungsgabe aus. Ja, gemeinsame, in Hoffnung, Mühen, Streben und Freude geteilte Arbeit eint die Willen, bringt die Geister einander näher und verbindet die Herzen: im gemeinsamen Werk entdecken sich die Menschen als Brüder (25).

29. Es eilt. Zu viele Menschen sind in Not, und es wächst der Abstand, der den Fortschritt der einen von der Stagnation, besser gesagt, dem Rückschritt der anderen trennt. Die zu treffenden Maßnahmen müssen aufeinander abgestimmt werden; andernfalls würden sie sich wechselseitig stören.

Zweiter Teil

EINE SOLIDARISCHE ENTWICKLUNG DER MENSCHHEIT

43. Die allseitige Entwicklung des Einzelmenschen muß Hand in Hand gehen mit der Entwicklung der gesamten Menschheit; beide müssen sich wechselseitig unterstützen.  ...           

50. Damit diese Anstrengungen einen vollen Erfolg zeitigen, dürfen sie nicht verzettelt werden und noch weniger aus Geltungssucht und Machtstreben einander entgegenarbeiten. Die Situation verlangt Programme, die aufeinander abgestimmt sind. Ein Programm ist wirksamer und besser als eine Hilfe, die je nach Gelegenheit dem guten Willen der einzelnen überlassen bleibt. …..Und indem es sich um eine Verbesserung der Ordnung in der Welt bemüht, verleiht es dem Menschen selbst ein höheres Maß an Würde und Kraft.

2. Recht und Billigkeit in den Handelsbeziehungen

58. Die Spielregel des freien Handels kann ...für sich allein die internationalen Beziehungen nicht regieren. Ihre Vorteile sind klar, wo es sich um Partner in nicht allzu ungleicher wirtschaftlicher Lage handelt: sie fördert den weiteren Fortschritt und belohnt die Anstrengung. ... Aber es ist etwas anderes, wenn die Bedingungen von Land zu Land zu ungleich sind: Die Preise, die sich frei auf dem Markt bilden, können ganz verderbliche Folgen haben. Man muß es einfach zugeben: in diesem Bereich wird ein Grundprinzip des sogenannten Liberalismus als Regel des Handels überaus fragwürdig.

59. Noch immer gilt die Lehre Leos XIII. in Rerum novarum: das Einverständnis von Partnern, die in zu ungleicher Situation sind, genügt nicht, um die Gerechtigkeit eines Vertrages zu garantieren. Die Regel, wonach Verträge durch das freie Einverständnis der Partner zustandekommen, ist den Forderungen des Naturrechts untergeordnet (47).

6l. Die soziale Gerechtigkeit fordert, daß der internationale Warenaustausch, um menschlich und sittlich zu sein, zwischen Partnern geschehe, die wenigstens eine gewisse Gleichheit der Chancen haben. …. Auch hier könnten sich internationale Abkommen, an denen eine hinreichend große Zahl von Staaten beteiligt sind, als nützlich erweisen; sie könnten allgemeine Normen und gewisse Preise regeln, könnten gewisse Produktionen sichern, gewisse sich im Aufbau befindliche Industrien stützen. ... Eine solche Hilfe hätte nicht nur unmittelbare, sondern auch dauernde Wirkungen.

64. ….Wir hoffen, daß aneinander angrenzende Entwicklungsländer die Möglichkeit nutzen werden, ihre weiten Gebiete zu einheitlichen Wirtschaftsräumen zusammenzufassen, wobei sie gemeinsame Programme aufstellen, die Investitionen koordinieren, die Produktion verteilen, den Güteraustausch organisieren. …...

Schluss - ENTWICKLUNG, DER NEUE NAME FÜR FRIEDE 76. …. Das Elend bekämpfen und der Ungerechtigkeit entgegentreten heißt nicht nur die äußeren Lebensverhältnisse bessern, sondern auch am geistigen und sittlichen Fortschritt aller arbeiten und damit zum Nutzen der Menschheit beitragen. Der Friede besteht nicht einfach im Schweigen der Waffen, nicht einfach im immer schwankenden Gleichgewicht der Kräfte. Er muß Tag für Tag aufgebaut werden mit dem Ziel einer von Gott gewollten Ordnung, die eine vollkommenere Gerechtigkeit unter den Menschen herbeiführt (53).

78. Diese internationale Zusammenarbeit auf Weltebene braucht Institutionen, die sie vorbereiten, aufeinander abstimmen, leiten, bis eine Rechtsordnung geschaffen wird, die allgemein anerkannt ist... "

SCHLUSSMAHNUNG

80. Auf diesem Weg müssen wir alle solidarisch sein. ….Alle Menschen, alle Völker haben ihre Verantwortung zu übernehmen.

87. …. Denn wenn heute niemand mehr bezweifeln kann, daß Entwicklung gleichbedeutend ist mit Frieden, wer wollte dann nicht mit ganzer Kraft an dieser Entwicklung mitarbeiten? Gewiß niemand. Darum laden Wir alle ein, auf Unsern Ruf der Sorge eine hochherzige und mutvolle Antwort zu geben im Namen des Herrn.

Dieses humanistisch-christliche Konzept des Menschen als Ebenbild des Schöpfers und einer gerechten Weltwirtschaftsordnung auf der Grundlage des Naturrechts ist jetzt das Gebot der Stunde.  

elke.fimmen@bueso.de

 

Zum Hintergrund:

Dieser Text entstand für eine sechsteilige Studiengruppe: Was wollen die BRICS? Wie kann sich Deutschland wieder entwickeln?  Mit diesem Vortrag wurde die Serie beendet. Wenn Sie die Vorträge als Video anschauen möchten, schreiben Sie uns bitte unter info@bueso.de

Einladungstext

Die Welt befindet sich derzeit in einem beispiellosen Umbruch: Die alte neoliberale Weltordnung funktioniert nicht mehr und der Versuch, nach dem Ende des Kalten Krieges die sogenannte „regelbasierte Ordnung“ durchzusetzen – also die unangefochtene amerikanische Hegemonie mit Europa als Vasall – ist gescheitert.

Als Reaktion organisieren sich die Nationen des Globalen Südens zu einem neuen System, das in den BRICS seinen Rahmen hat. Das sind Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika sowie Ägypten,
Äthiopien, Indonesien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate. Diese Staaten sind entschlossen, die Epoche der 500jährige Kolonialzeit endgültig hinter sich zu lassen und ihre eigene Entwicklung zu verwirklichen.

Deutschland muß diese tektonischen Veränderungen nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern mit diesen Nationen kooperieren. Darin liegt unsere große Chance, auch unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft und unsere Kultur wieder in Ordnung zu bringen.

Wer wissen will, was es mit den BRICS auf sich hat und welches neue System da entsteht, ist eingeladen, an einer sechswöchigen Serie von Vorträgen teilzunehmen, die die Geschichte der BRICS und die Prinzipien behandelt, auf denen das neue entstehende System aufgebaut ist. Unsere Zukunft bekommt dadurch wieder ein Perspektive – eine gute Nachricht für alle jungen Menschen!

01.02.2025 Die wirkliche Zeitenwende: 500 Jahre Kolonialismus sind vorüber. Hat Europa etwas Positives beizutragen?
08.02. Das kommende Raumfahrzeitalter. Der extraterrestrische Imperativ – alles ist möglich!
15.02. Die Prinzipien des neuen Kreditsystems. Von der Internationalen Entwicklungsbank zur Neuen Entwicklungsbank der BRICS
22.02. Die Bedeutung der Energieflußdichte für die Produktivität: Wird Deutschland hoffnungslos abgehängt?
01.03. Die Kultur als Basis des Denkens. Deutschland im Dialog mit der Globalen Mehrheit
08.03. 2025 das Jahr, in dem Deutschland aufwacht?