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Amerikas Probleme sind hausgemacht, Herr Trump! Glass-Steagall und der FCIC-Bericht von 2011

Ein Hintergrundartikel von Andrea Andromidas

Es hat ganz den Anschein, dass mit zunehmender Dauer des wirtschaftlichen Niedergangs der Blick auf die eigentlichen Ursachen mehr und mehr im Nebel verschwindet. Während man in Deutschland unbeeindruckt weiter den Holzweg beschreitet, geht Amerika mit Trump einen anderen Weg: Es macht den Rest der Welt für seinen wirtschaftlichen Abstieg verantwortlich.

Vor ungefähr 15 Jahren war das noch anders. 2009 wurde nämlich auf Initiative von Präsident Obama eine Untersuchungskommission des Senats eingerichtet, welche die nationalen und globalen Ursachen der seit 1929 schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise untersuchen sollte. Der Bericht, der 2011 veröffentlicht wurde, bezog sich auf die Fehlentwicklungen der zurückliegenden dreißig Jahre und war, was die Entwicklung im Finanzsektor betraf, überraschend ehrlich. Hätte man die damalige Analyse dazu benutzt, eine Korrektur vorzunehmen, was leider nicht geschah, stünde der gesamte Westen heute ganz anders da. Aus diesem Grunde ist es heute hilfreich, die damaligen Einsichten zur Kenntnis zu nehmen.

Die US-Senatoren, die sich ausführlich damit befasst hatten, schrieben im Fazit folgendes:

„ Wir waren fasziniert, überrascht und auch schockiert darüber, was wir sahen, hörten und lasen. Wir erlebten eine wahre Offenbarungsreise....... Was wir in unserer Untersuchung des Finanzsystems entdeckten, hat kaum noch etwas mit der Finanzbranche zu Zeiten unserer Eltern zu tun. Allein die Veränderungen der vergangenen 30 Jahre sind frappierend........Über dreißig Jahre lang wurden im Zuge der Deregulierung, wie sie unter anderem der ehemalige Fed - Vorsitzende Alan Greenspan vertrat, wesentliche Schutzmechanismen abgeschafft, die das Unheil möglicherweise abgewendet hätten. Mehrere Regierungen und Kongresse in Folge förderten die Selbstregulierung und die einflussreiche Finanzbranche nutzte jede Gelegenheit, mehr Freiheit zu gewinnen.....“

Man erinnere sich, dass die ganze Aufbauphase nach dem zweiten Weltkrieg unter den Bedingungen des Bretton Wood Systems stand, das heißt unter quasi festen Wechselkursen und strikten Regeln für Geschäftsbanken. Das Glass- Steagall- Gesetz in den USA sorgte dafür, dass Wertpapierhandel und Versicherungsgeschäfte für normale Geschäftsbanken gesetzlich verboten war.

Aber das Glass-Steagall-Gesetz wurde nach verschiedenen Lockerungen schließlich 1999 unter Präsident Clinton ganz abgeschafft.  Auch in Deutschland gab es im gleichen Zeitraum vier Finanzmarktreformgesetze, die eine weitgehende Deregulierung ermöglichten.

Weiter heißt es in der Zusammenfassung:

„In den vergangenen gut dreißig Jahren ließen wir zu, dass ein undurchsichtiges, mit kurzfristigen Verbindlichkeiten beladenes Schattenbankensystem heranwuchs, das es von der Größe mit dem traditionellen Bankensystem aufnehmen konnte. Wichtige Bereiche dieses Marktes - z.B. der viele Billionen Dollar umfassende Repo- Kreditmarkt, Zweckgesellschaften und außerbörslich gehandelte Derivate - wanderten dorthin ab und verschwanden aus dem Blickfeld...... ...Vor allem die großen Investmentbanken und Bankkonzerne verlegten sich immer stärker auf riskante Handelsgeschäfte, mit denen satte Gewinne möglich waren. Sie eröffneten enorme Risikopositionen, indem sie Subprime-Kreditgeber übernahmen und stützten und indem sie Billionen Dollar an Hypothekenwertpapieren und synthetischen Finanzprodukten auflegten, diese bündelten und in immer neuen Verpackungen weiterreichten. Wie Ikarus flogen sie immer näher zur Sonne...“

Zur Zeit der Drucklegung des Berichtes waren 26 Millionen Amerikaner arbeitslos, 4 Millionen Familien verloren ihr Haus und 11 Billionen Dollar privaten Vermögens lösten sich in Luft auf.

Das war schlimm genug, aber nicht das Schlimmste. Das Schlimmste war, dass der Staat dem Druck der Finanzmacht nachgegeben hat. Im Text heißt es dazu:

„Wie konnte unser Land 2008 in ein solch übles, schmerzhaftes Dilemma geraten - entweder den totalen Zusammenbruch des Finanzsystems und der Wirtschaft zu riskieren oder Billionen an Steuergeldern in das Finanzsystem und Unternehmen zu pumpen, während dennoch Millionen Amerikaner ihre Arbeitsplätze, ihre Ersparnisse und ihre Häuser verloren?“

Wie man weiß, fiel die Entscheidung für die Rettung des aus dem Ruder gelaufenen Finanzsystems, besonders der systemrelevanten Banken. Auch später gab es nie wesentliche Korrekturen. Resümee des Berichtes: „Das Finanzsystem ist in vieler Hinsicht noch das gleiche wie am Vorabend der Krise. Die US-Finanzbranche ist infolge der Krise sogar noch stärker konzentriert und liegt in den Händen einiger weniger, systemrelevanter Institute.“

Dieser Einschnitt bedeutet aber nichts weniger, als dass die globalisierte Finanzmacht in einen direkten Interessenkonflikt mit dem Staat getreten ist. Der Staat, der den Auftrag des Gemeinwohls erfüllen soll, akzeptierte unter Zwang, private Interessen eines überproportional angewachsenen Bankensystems zu sichern. Was damals als schmerzhaftes Dilemma bezeichnet wurde, ist fünfzehn Jahre später zur Realität geworden: Der Staat gibt seine Souveränität Schritt für Schritt an eine stets wachsende internationale Finanzmacht ab. Mit dem Pariser Klimaabkommen von 2014 wurde der Finanzsparte das zusätzliche Recht gegeben, in Sachen Klimapolitik mitzumischen. Auch das führte dazu, dass im Rahmen von Great Reset und Green Deal eine gigantische regulatorische und monetäre Politik sich mehr auf Wallstreet-Interessen und die wohlhabender Investoren konzentrierte als den Belangen der Gesellschaft zu dienen. Über die Schlagworte „ Ökologischer Fußabdruck“ und „Berichterstattungspflicht“ wurden immer neue Regelungen, Richtwerte und Gesetze erfunden, die erstens der Wirtschaft schadeten und zweitens dazu dienten, die Wut auf den Staat zu lenken, der seiner eigentlichen Aufgabe schon gar nicht mehr nachkommt.

Die Probleme des Westens sind also hausgemacht und die entscheidende Frage lautet: was muss getan werden, um die Souveränität zurück zu gewinnen? Deshalb ist es sehr interessant, dass jetzt an allen Ecken und Enden die Forderung nach einer Rückkehr zum Hamilton-System gestellt wird. Alexander Hamilton war der erste Finanzminister der jungen amerikanischen Republik, der ein präzise definiertes, vom britischen Einfluss unabhängiges Nationalbankwesen schuf, das den erstaunlichen Aufbau der Vereinigten Staaten von Amerika ermöglichte. Wurde der überraschend gewählte rumänische Präsidentschaftskandidat Calin Georgescu vielleicht deshalb so brutal abserviert, weil auch er sich für ein neues Hamilton-System in Europa einsetzte?

In den USA gab es, vor allem nach der Finanzkrise 2008/9- eine starke Bewegung für die Wiedereinführung der Glass- Steagall- Gesetzes, die international durch die Arbeit der LaRouche-Bewegung verbreitet wurde. Die damit verbundenen Prinzipien einer Wissenschaft der "Physischen Ökonomie" von Lyndon LaRouche stellen den besten Anknüpfungspunkt für heute dar- im Kampf für eine neue globale Entwicklungs- und Sicherheitsarchitektur.

Mehr zum Thema:

Arthur Wilmarth, Taming the Megabanks, Why we need a knew Glass-Steagall-Act. Oxford University Press, 2020 („ Die Zähmung der Megabanken: Warum wir ein neues Glass-Steagall-Gesetz brauchen“).

Zusammenfassung der Hauptpunkte des Angelides-Berichtes: https://www.solidaritaet.com/neuesol/2011/14/fcic.htm

Originalfassung (vollständig): https://fcic-static.law.stanford.edu/cdn_media/fcic-reports/fcic_final_report_full.pdf -  Der FCIC Report, deutsch bei Finanzbuch Verlag,München

BüSo-Broschüren zum Trennbankensystem und einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftsreform:

Februar 2015:
https://www.bueso.de/brics-revolution-beginn-neuen-zeitalters
April 2014:
https://www.bueso.de/glass-steagall-trennbankensystem-statt-bail-eu-diktatur
Oktober 2013:
https://www.bueso.de/neue-broschuere-glass-steagall-trennbankensystem-statt-bail-eu-diktatur
Januar 2013:
https://www.bueso.de/gibt-leben-euro-aufbauprogramm-fuer-suedeuropa