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Die anachronistische Außenpolitik des Olaf Scholz

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz trug am Montagnachmittag seine Leitlinien zur Außenpolitik vor, und zwar beim wohl prominentesten Sprachrohr für transatlantische Interessen in Deutschland: der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Im Zuge seiner 15 Minuten dauernden Ausführungen konnte Scholz die Widersprüche zwischen anglo-amerikanischen Unilateralismus und dem Streben anderer Länder nach einer gleichberechtigten globalen Ordnung nicht auflösen. Sein Vorschlag für eine Wiederbelebung der Neuen Ostpolitik Willy Brandts wirkt dabei eher seltsam anachronistisch.

Das wurde besonders deutlich, als es um Scholz‘ Positionen zu Russland und China ging, die ja beide von den USA wahlweise als Bedrohung, Rivale oder Feind bezeichnet werden. Scholz will einerseits seine makellose pro-transatlantische Gesinnung zeigen, es sich andererseits aber mit Russland und China nicht ganz verscherzen. Er möchte die Position Präsident Joe Bidens voll unterstützen, indem er die Welt ebenfalls in zwei Blöcke aufteilt: die freien Demokratien hier, und die diktatorischen Autokratien dort. Er unterstützt uneingeschränkt die Rolle der NATO, und beschuldigt Russland, auf nicht tolerierbare Weise Grenzen in Europa verschoben zu haben. Andererseits empfiehlt Scholz eine gute Nachbarschaftspolitik mit Russland, ohne welches keine Sicherheit in Europa möglich sei. Auch Waffenlieferungen an die Ukraine verwirft er ohne Wenn und Aber.

Auch China sieht der SPD-Kandidat in einer doppelten, im Widerspruch stehenden Rolle. Es sei für das weltweit vernetzte Deutschland größter Handelspartner, gleichzeitig jedoch Systemrivale, weil es ja quasi auf der anderen Seite steht. Die einst unter Liberalen so beliebte Prognose, China würde auch politisch wie der Westen werden, je mehr es seine Wirtschaft öffnet, bezeichnet Scholz als Illusion. Andererseits erklärt er die Vorstellung, man könne sich von China abtrennen („Decoupling“) ebenfalls als Phantasie. Auch China gehört für Scholz in die Schublade der autoritären Systeme, die den Westen spalten wollen und einer Renaissance des Großmachtdenkens verfallen seien.

Scholz‘ Lösung ist eben keine, wenn er meint, ein Rückgriff auf die Entspannungspolitik der 1970er Jahre sei das Mittel der Wahl, um die Gegensätze zu überwinden. Auch damals habe man „mit kommunistischen Diktaturen gemeinsame Wege“ gefunden. Scholz muss offenbar, will er seine pro-anglo-amerikanische Haltung nicht kompromittieren, ein völlig falsches Russland- und China-Bild vermarkten. Weder hat die Russische Föderation unter Putin etwas mit der Sowjetunion unter Breschnew zu tun, noch das China unter Xi Jinping etwas mit dem China unter Mao, wenngleich die Medien in Deutschland sich ständig bemühen, solche Zerrbilder zu verbreiten.

Deutschland muss sich dazu durchringen, die geopolitischen Provokationen der NATO, diverser westlicher Regierungen und des manipulativen Komplexes aus Geheimdiensten, Medien, Denkfabriken und Rüstungsfirmen zurückzuweisen. Es könnte stattdessen diejenigen Initiativen unterstützen, die bereits eine funktionierende globale Ordnung, basierend auf Entwicklung und Kooperation, gestalten. Dazu gehören die chinesische Neue Seidenstraße, die Eurasische Wirtschaftsunion und die BRICS. Gerade da Deutschland weltweit so vernetzt und eingebunden ist, wie Scholz ja richtig darstellt, können wir keine schizophrene Außenpolitik betreiben. Wir können nicht mit Russland eine gute Nachbarschaft pflegen und gleichzeitig extrem gefährliche NATO-Manöver in der Ukraine und im Schwarzen Meer unterstützen. Ebenso können wir nicht China als Handelspartner loben und gleichzeitig Militär in den Indo-Pazifik entsenden, das Taiwan im Konflikt gegen China unterstützen soll.

Leider ist in Kanzlerkandidat Olaf Scholz eine solche paradigmatische Neuorientierung bislang nicht erkennbar. Deshalb ist die Arbeit der BüSo im Bundestagswahlkampf so besonders wichtig, da sie die Ursachen des Problems beseitigen will, nämlich den finanziellen und moralischen Ruin des Westens. Wenn Deutschland zu den Prinzipien der friedlichen Koexistenz und der Kooperation bei den eigentlichen Herausforderungen unserer Zeit zurückgeht - der Unterentwicklung und ihren Folgen – dann ist eine Zusammenarbeit mit Russland, China, Iran, Syrien und allen anderen Staaten absolut denkbar.

Stephan Ossenkopp, BüSo-Kandidat in Berlin für die Bundestags- und Abgeordnetenhauswahlen 2021

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