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Die Bahn ist Gemeingut: Schickt Brüderle an die Börse

Die gegenwärtigen Zustände bei der Bahn in Mainz unterstreichen nur eine Situation, die bei der Deutschen Bahn jederzeit auch an anderen Knotenpunkten des Bahnverkehrs akut auftreten kann. Die 15 Jahre lange Jagd nach dem goldenen Kalb des Börsenganges, vor allem der unter dem früheren Bahnchef Mehdorn betriebene Raubbau an Netz und Technik sowie Abbau von Stellen und von Standards bei den Arbeitsbedingungen fordern ihren Tribut.

Mehr als 1 Million angelaufene Überstunden allein bei den 12 500 Stellwerkern sprechen eine deutliche Sprache, ebenso Überstunden und ständige Arbeitszeit- und platzwechsel auch bei Lokführern, Zugbegleitern, beim Wartungspersonal. Die Löhne bewegen sich im unteren Drittel europaweit, Ausbildungszeiten sind zusammengestutzt, anscheinend will die Bahn nur das Allernötigste tun, um Kosten zu sparen und überdies derart erwirtschaftete "Überschüsse" an den Bund als Eigentümer der Bahn zu überweisen—2013 sollen es über 500 Millionen Euro sein. Im Güterverkehr verliert die Bahn Jahr für Jahr Marktanteile an den LKW-Verkehr.

Statt hierzulande endlich wieder zu investieren, und zwar im Mindestumfang von einigen Milliarden, kauft die Bahn im Ausland andere Bahnlinien dazu. Außerdem hat sich die Bahn von dem technologischen Sprung ins 21. Jahrhundert verabschiedet, als Mehdorn das Aus für den Transrapid verkündete. Es ist kein mildernder Grund, daß all das kaum auf Mehdorns eigenem Mist gewachsen ist, sondern auf eine EU-Richtlinie von 1991 zurückgeht.

Daß ausgerechnet der frühere Wirtschaftsminister Brüderle jetzt den sofortigen Börsengang der Bahn als Allheilmittel fordert, ist mehr als makaber und illustriert vor allem eins: den lamentablen Zustand unserer sogenannten "politischen deutschen Elite".

Die von den Brüsseler Eurokraten verfolgte Strategie der Entflechtung und Privatisierung hat ja zu eben jenen dramatischen Zuständen beigetragen, wie sie jetzt Schlagzeilen machen. Sogar in England , dem Mutterland der neueren Bahnprivatisierungen, sind die Zustände so, daß selbst unter den konservativen Tories, einst fanatische Verfechter des Bahnverkaufs an private Investoren, die Stimmung für eine Rückkehr zum staatlichen Bahnwesen wächst. Das aber nimmt Wahlkämpfer Brüderle nicht zur Kenntnis, sondern propagiert typischen neoliberalen Populismus auf Kosten eines Kernstücks der deutschen Infrastruktur.

Schicken wir doch die FDP und Brüderle an die Börse! Das würde sicherlich weniger Schaden anrichten. Ob sich ein politisches Unternehmen wie die FDP, das nirgendwo in Deutschland einen Direktkandidaten gewählt bekommt und ohne die Leihstimmen von anderen Parteien niemals über die 5-Prozenthürde käme, trotzdem aber mehrere Ministerposten in Koalitionsregierungen beansprucht, sich dann dort halten könnte, würde sich ja dann zeigen.

Die Bahn ist als Transportmittel für eine Industrienation wie Deutschland, das überdies noch ein Hauptdurchgangsverkehrsland für ganz Europa ist, viel zu wichtig, um sie privaten, nur an kurzfristigen Gewinnen interessierten Investoren und Einsparkommissaren zu überlassen. Die Bahn ist ein Gemeingut, eine Lebensader des öffentlichen Verkehrs, sie erfordert langfristige Planung und verantwortliche Investitionen durch die öffentliche Hand. Davon profitiert auch der private Wirtschaftssektor, nämlich die Bahn- und Schienenindustrie, die unter dem Einspardiktat der Bahn genauso zu leiden hat wie die Fahrgäste.

Schluß mit Privatisierung und Stellenabbau und dem Raubbau am Gemeinwohl- Glass-Steagall-Trennbankengesetz und Staatskredit für Infrastruktur und produktive Wirtschaft jetzt!

Rainer Apel
Der Autor ist Journalist und kandidiert für die BüSo (Landesliste Hessen) zu den Bundestags- und Landtagswahlen.

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