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Chinas Politik der Neuen Seidenstraße wird zur Lösung für die Flüchtlingskrise!

Während sich auf der offiziellen Seite des diesjährigen Weltwirtschaftsforums in Davos die übliche Unterhaltung des gutbetuchten Establishments einer eklektischen Abfolge von Themen abspielte und hinter den Kulissen mehr die Panik über den eskalierenden Finanzkrach des transatlantischen Sektors die privaten Gespräche beherrschte, tat der chinesische Präsident Xi Jinping etwas sehr viel wichtigeres: Er schuf mit einer spektakulären Reise nach Saudi-Arabien, Ägypten und den Iran die Grundlage für die Integration Südwestasiens in die Neue Seidenstraße und damit die Voraussetzung für die Beendigung des Konflikts zwischen Schiiten und Sunniten in der Region. Mit der von China angebotenen Wiederaufbau- und Entwicklungsperspektive zeichnet sich plötzlich auch konkret die Chance ab, die Flüchtlingskrise zu überwinden, indem deren zerstörte Heimatländer wieder aufgebaut werden können.

Aber dann gab es in Davos doch noch eine Überraschung: In dem Panel „Die Zukunft Europas“ sprach sich Bundesfinanzminister Schäuble plötzlich für einen Marshall-Plan für den Nahen und Mittleren Osten sowie Afrika aus. In einer Umkehrung von George W. Bushs Begriff forderte Schäuble eine „Koalition der Willigen“, d.h. von Ländern, die bereit sind, Milliarden in die Regionen zu investieren, aus denen die Flüchtlinge kommen. Und in einer weiteren Umkehrung stimmte Schäuble nunmehr mit dem auf demselben Podium sitzenden griechischen Premierminister Tsipras überein, daß es eine Schande sei, Europa in eine Festung verwandeln zu wollen, statt dessen müsse der Druck auf die Außengrenzen der EU durch eine solche Entwicklungsperspektive reduziert werden.

Was ist davon zu halten? Ausgerechnet Schäuble, der Supra-EU-Europäer und Mann der Banken, der Zuchtmeister Griechenlands und Sparbefürworter der Troika, soll plötzlich sein Herz für die Entwicklung dieser Staaten entdeckt haben? Wie auch immer, schon Heinrich IV. vertrat die Ansicht, daß um der guten Sache willen nicht alle von den höchsten Idealen motiviert sein müssen; zum Erreichen des Ziels ist bei manchen auch der brennende Kittel förderlich. Denn Schäuble weiß: ohne Schengen kein Euro, und ohne Euro keine EU mehr. Wenn schon keine Solidarität in der EU, dann lieber auf Druck verzichten, der das Scheitern der Lissabonner EU noch deutlicher machen würde, und statt dessen lieber auf Freiwillige setzen.

Den Rahmen für die Möglichkeit dieses Wandels aber hat Xi Jinping durch seine bahnbrechende Reise in die bevölkerungsstärksten Länder der schiitischen und sunnitischen Konfessionen geschaffen. Vor dem Antritt seiner Reise veröffentlichte das chinesische Außenministerium ein Grundsatzpapier über Chinas Politik gegenüber der arabischen Welt, in der explizit auf die zweitausendjährige Freundschaft zwischen China und den arabischen Staaten seit der Zeit der alten Seidenstraße Bezug genommen wird, als Basis für ein neues Modell der Kooperation zum gegenteiligen Fortschritt. Die gleichen Prinzipien betonte Xi in seiner Rede vor der Arabischen Liga in Kairo, in der er den Dialog als Methode der Konfliktlösung hervorhob und dazu aufrief, die Entscheidungen der beteiligten Völker dieser Region zu respektieren, anstatt Lösungen von außen erzwingen zu wollen. Alle Probleme könnten nur überwunden werden, indem das Glück der hiesigen Menschen befördert würde.

Neben Dutzenden von Abkommen mit den drei besuchten Staaten in einem Umfang von insgesamt rund 55 Milliarden Dollar (!) in den Bereichen Infrastruktur, Transport, Energie, Hochtechnologie etc. als Teilkomponenten des Ausbaus der Neuen Seidenstraße („Ein Gürtel, eine Straße“) präsentierte der chinesische Präsident aber darüber hinaus das vollkommen neue Konzept der internationalen Beziehungen, das das China Xi Jinpings vertritt. Seiner Ankunft voraus ging jeweils die Veröffentlichung eines von ihm gezeichneten Artikels in den Tageszeitungen, worin er sich auf die besten Traditionen in der Kultur des jeweiligen Landes bezog, wie z.B. den Austausch zwischen der Han-Dynastie vor 2000 Jahren mit Alexandria in Ägypten und der Zusammenarbeit von Premierminister Zhou Enlai und Präsident Gamal Abdel Nasser bei der Bandung-Konferenz im Kampf gegen Kolonialismus und Hegemonie. In seinem Artikel in einer iranischen Zeitung hob er den freundlichen Empfang chinesischer Emissäre während der Han-, Song- und Tang-Dynastien hervor, ebenso die unvergeßliche Reise des persischen Dichters Saadi nach Kashgar.

Ein Kommentar in der ägyptischen Zeitung [i]Al Ahram[/i] von Mohamed Fayez Farahat verdeutlicht, daß man in diesen Ländern die völlig neue Qualität der Politik der Neuen Seidenstraße verstanden hat. Es sei eines der größten und wichtigsten Projekte, die jemals in der menschlichen Geschichte vorgeschlagen worden seien. Im Gegensatz zu anderen, vom Westen vorgeschlagenen Projekten, die im Nichts versandet seien oder zu einer Umverteilung zugunsten der entwickelten Staaten geführt hätten - und alle westlichen Versuche, Demokratie per Import einzuführen, seien vollkommen gescheitert -, sei die chinesische Politik auf die breiteste Einbeziehung aller Regionen ausgerichtet. Sie sei also nicht auf Geopolitik orientiert, sondern ziele auf die wirtschaftliche Entwicklung der kooperierenden Staaten und stelle auch die Finanzierung zur Verfügung. Deshalb habe die Neue Seidenstraße auch sehr schnell die Bereitschaft zur Kooperation von 60 Nationen gefunden.

Die von China vorgeschlagene inklusive „Win-Win“-Kooperation aller Nationen auf dieser Erde, auf der Basis der absoluten Achtung der Souveränität aller Staaten und des von ihnen gewählten politischen, sozialen und wirtschaftlichen Modells, mit dem Ziel der Überwindung der Armut aller, und der gemeinsamen Zusammenarbeit in Hochtechnologie und des kulturellen Austauschs unter Bezugnahme auf die Hochphasen der jeweilig anderen Kultur, stellt ein revolutionäres Modell für die Kooperation der Menschheit dar, das Kriege als Mittel der Konfliktlösung ausschließt.

Dieses neue Konzept der Beziehungen zwischen den Nationen verkörpert die gleiche höhere Ebene der [i]coincidentia oppositorum[/i], des Zusammenfalls der Gegensätze, die in der Schrift des Nikolaus von Kues [i]De Pace Fidei[/i] zum Ausdruck kam, die er als Antwort auf den Fall Konstantinopels 1453 geschrieben hatte. Es ist die Idee, daß es in der Schöpfungsordnung eine höhere Ebene und Wahrheit gibt, auf der die Gegensätze überwunden werden können. Diese Gedanken sind in der Idee des „Mandats des Himmels“ und der konfuzianischen Philosophie in China präsent, während sie in der europäischen humanistischen Philosophie in der Idee des Naturrechts ausgedrückt sind, der Idee nämlich, daß es Naturgesetze gibt, die letztlich auch in den Angelegenheiten der Menschheit effizient sind und an die sich die Menschen halten müssen, wenn sie langfristig existieren wollen.

Das chinesische Modell verkörpert die Überwindung der Geopolitik, der Hauptursache für zwei Weltkriege im 20. Jahrhundert und der akuten Gefahr eines Dritten, diesmal letzten, weil thermonuklearen Weltkriegs heute. Schäuble hat recht, wenn er sagt, daß uns die Zeit davonläuft - aber nicht nur in Hinsicht auf die Flüchtlingskrise, den Zusammenhalt der EU und den Fortbestand der Regierung Merkel. William White, der Vorsitzende des Review Committee der OECD und ehemalige Chefökonom der BIZ, warnte ebenfalls in Davos in einem Interview mit dem [i]Daily Telegraph[/i] dramatisch, die in den letzten acht Jahren weltweit akkumulierten Schulden hätten ein solches Niveau erreicht, daß sie weder bedient noch je zurückgezahlt werden können. Und es werde sehr ungemütlich für diejenigen werden, die irrtümlicherweise meinen, daß sie Guthaben besitzen, die etwas wert wären. Die einzige Frage sei nur noch, ob diese Schulden auf ordentliche Weise abgeschrieben würden oder eben im Chaos untergingen.

Schäuble weiß das als Finanzminister natürlich. Wenn er es wirklich ernst meint mit dem Marshallplan für Südwestasien und Afrika, dann muß er die sofortige Einführung des Glass-Steagall-Trennbankensystems in ganz Europa initiieren, als der einzigen Weise, eine ordentliche Abschreibung der toxischen Papiere der Banken vorzunehmen, und an die Stelle der Kasinowirtschaft ein Kreditsystem für den Aufbau der Realwirtschaft setzen, in Südwestasien und Afrika ebenso wie in Deutschland und Europa. Das ist der Test, ob die Wandlung vom Saulus zum Paulus echt ist.

Der chinesische Premierminister Li Keqiang hat soeben mit Bundeskanzlerin Merkel telefoniert, und laut der chinesischen Presseagentur [i]Xinhua[/i] haben beide die Intention, ihre Zusammenarbeit beim Versuch, die syrische humanitäre Krise zu überwinden, bekräftigt. China streckt die Hand aus, wir müssen sie jetzt ergreifen, wenn wir den Menschen in Deutschland wieder Vertrauen und denen in Südwestasien und Afrika eine Existenz und eine Zukunft geben wollen.