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Eskaliert der Konflikt in der Ukraine zu einem atomaren Dritten Weltkrieg?

Von Alexander Hartmann

Durch die wachsende Beteiligung der NATO an den Operationen der ukrainischen Streitkräfte gegen Rußland wird immer deutlicher, was aufmerksame Beobachter schon von Anfang an ausgesprochen hatten: daß es sich bei diesem Konflikt in Wirklichkeit um einen Stellvertreterkrieg handelt, in dem sich auf beiden Seiten Nuklearmächte gegenüberstehen. Damit besteht die unmittelbare Gefahr, daß er sehr schnell zu einem Atomkrieg eskalieren kann. Tatsächlich wird der Einsatz von Kernwaffen inzwischen von ukrainischer Seite und von einflußreichen US-Denkfabriken bereits ins Gespräch gebracht.

Am 13. September stellte die ukrainische Regierung ihren Vorschlag für einen „Kiewer Sicherheitspakt“ vor, der für die Ukraine vergleichbare Sicherheitsgarantien wie NATO-Artikel 5 fordert – d.h., die NATO soll ihre gesamte militärische Macht im Namen der Ukraine direkt gegen Rußland einsetzen, als wäre die Ukraine ein Mitglied der NATO. Das Dokument wurde von einer Arbeitsgruppe unter dem gemeinsamen Vorsitz des Chefs des ukrainischen Präsidialamtes Andrij Jermak und des früheren NATO-Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen ausgearbeitet. Presseberichten zufolge nahmen auch andere westliche Experten, darunter ehemalige und amtierende Politiker und Wissenschaftler, an der Arbeitsgruppe teil.

Eine Woche zuvor, am 7. September, hatte der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Gen. Walerij Saluschnyj, einen schockierenden Artikel auf Ukrinform mitverfaßt, in dem behauptet wird, es gebe Hinweise darauf, daß Rußland einen Atomschlag in der Ukraine vorbereite. Daher sei es „äußerst notwendig, daß alle russischen Versuche, praktische Schritte zum Einsatz taktischer Atomwaffen zu unternehmen, durch den Einsatz des gesamten Arsenals an Mitteln, das den Weltmächten zur Verfügung steht, unterbunden werden müssen“.

Das „gesamte Arsenal an Mitteln“ schließt eindeutig Atomwaffen ein. Wie EIR feststellte, hätte „ein so unerhört gefährlicher und provokativer Artikel ohne vorherige Zustimmung der kriegsführenden Kräfte der USA, Großbritanniens und der NATO niemals geschrieben, geschweige denn veröffentlicht werden können“.

Der Artikel erschien am Tag vor dem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein, wo der Ukraine erneut noch mehr und bessere Waffen zugesagt wurden, was zeitlich mit der von der NATO geplanten und koordinierten Offensive der Kiewer Streitkräfte in der Region Charkiw zusammenfiel.

Ins gleiche Horn wie General Saluschnyj stößt der Atlantic Council, eine Washingtoner Denkfabrik, die vom britischen und vom US-Außenministerium und der NATO finanziert wird und eine Vorreiterrolle bei der offenen Förderung eines Krieges gegen Rußland und China spielt. In einem „Memorandum an den US-Präsidenten“, das Mitte September auf seiner Webseite veröffentlicht wurde, schreibt der Autor Matthew Kroenig, wenn es den USA nicht gelinge, Rußland vom Einsatz einer Atomwaffe „abzuschrecken“, bestünde die dritte Option in einem atomaren Präventivschlag gegen Rußland!

Rußland reagiert

Rußlands Präsident Putin reagierte auf diese Entwicklungen mit der Ankündigung der Mobilisierung von 300.000 Reservisten, während die vier ukrainischen Provinzen Saporoschje, Cherson, Lugansk und Donezk Referenden über einen Beitritt zur Russischen Föderation ankündigten.

Damit tritt der Konflikt in der Ukraine in eine neue, noch gefährlichere Phase ein, denn nach einem solchen Beitritt wird Rußland jeden Angriff auf diese Regionen als einen Angriff auf russisches Territorium interpretieren. Dies betonte auch der frühere Staatsekretär im Verteidigungsministerium, Willy Wimmer, in einem Kommentar der Nachdenkseiten, unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages:

„Alle Aktivitäten der NATO finden dann nicht in einem Bürgerkriegsgebiet der Ukraine, sondern nach russischer Ansicht gegen Rußland gerichtet statt. Das genannte Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes macht in Anbetracht der tatsächlichen Bewertungen aus Unterstützungsleistungen auf der Seite der Ukraine in einem Bürgerkriegsgebiet eine militärische Aktion der NATO gegen die Russische Föderation. Damit wird die Türe zum globalen Krieg direkt aufgestoßen. Die Rede von Präsident Putin am 21.9.2022 hat das unmißverständlich deutlich gemacht. Den Bündnisfall braucht die NATO dann nicht mehr auszurufen, weil sie es ist, die den Angriff führt.“

    Präsident Putin schloß seine Ansprache an das russische Volk mit einer scharfen Warnung an den Westen, der in seiner aggressiven Anti-Rußland-Politik zu weit gegangen sei und dabei nicht nur auf Terrorismus, sondern auch auf nukleare Erpressung setze:

    „Ich beziehe mich nicht nur auf den vom Westen unterstützten Beschuß des Kernkraftwerks Saporoschje, der die Gefahr einer nuklearen Katastrophe birgt, sondern auch auf die Äußerungen einiger hochrangiger Vertreter der führenden NATO-Länder über die Möglichkeit und Zulässigkeit des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen – Atomwaffen – gegen Rußland.

    Ich möchte diejenigen, die solche Erklärungen über Rußland abgeben, daran erinnern, daß auch unser Land über verschiedene Arten von Waffen verfügt, von denen einige moderner sind als die Waffen der NATO-Länder. Im Falle einer Bedrohung der territorialen Integrität unseres Landes und zur Verteidigung Rußlands und unseres Volkes werden wir mit Sicherheit von allen uns zur Verfügung stehenden Waffensystemen Gebrauch machen.

    Das ist kein Bluff. Die Bürger Rußlands können sicher sein, daß die territoriale Integrität unseres Vaterlandes, unsere Unabhängigkeit und Freiheit verteidigt werden – ich wiederhole – mit allen uns zur Verfügung stehenden Systemen. Diejenigen, die uns mit nuklearen Mitteln erpressen wollen, sollten wissen, daß der Wind sich drehen kann.“

      Aus der militärischen Logik ausbrechen

      Angesichts dieser Äußerungen von beiden Seiten sollte für jeden denkenden Menschen offensichtlich sein, daß wir uns derzeit auf dem direkten Weg in einen Atomkrieg befinden, bei dem, wie schon US-Präsident John F. Kennedy zur Zeit der Kubakrise betonte, „die Überlebenden die Toten beneiden werden“. Der einzige Ausweg besteht darin, daß vernünftige Menschen es schaffen, aus der militärischen Logik auszubrechen und eine diplomatische Lösung durchzusetzen.

      Aber eine solche diplomatische Lösung muß die Ursache des Konfliktes beheben, und diese Ursache liegt nicht in der Ukraine, sondern im geopolitischen Paradigma der westlichen Eliten. Dies wird in einem gemeinsamen Offenen Brief der Foundation to Battle Injustice (Stiftung zum Kampf gegen Unrecht) und des Schiller-Instituts an die laufende UN-Vollversammlung in New York angesprochen:

      „Der eigentliche Grund für die Kriegsgefahr und für diese Eskalation liegt darin, daß das transatlantische neoliberale Finanzsystem auf eine hyperinflationäre Zusammenbruchskrise zusteuert, wie 1923 in der Weimarer Republik, verursacht durch die jahrzehntelange monetaristische Politik der Profitmaximierung und des Liquiditätspumpens. Die Krise dieses Systems trifft bereits die ganze Welt, besonders aber die Entwicklungsländer, mit explodierenden Lebensmittel- und Energiepreisen.

      Die einzige Möglichkeit, die Gefahr eines Dritten Weltkriegs mit der drohenden Auslöschung der gesamten Menschheit zu beseitigen, besteht darin, das derzeitige, hoffnungslos bankrotte Finanzsystem durch ein neues Kreditsystem zu ersetzen, ein Neues Bretton Woods, das die Weltwirtschaft wieder in Gang bringt und vor allem billige, langfristige Kreditlinien für die reale wirtschaftliche Entwicklung des globalen Südens bereitstellt. Da sowohl die Kriegsgefahr als auch der drohende Zusammenbruch des Finanzsystems die ganze Welt betreffen, ist die UN-Vollversammlung der geeignete Ort, um die Schaffung einer neuen, gerechten Weltwirtschaftsordnung in die Wege zu leiten und dafür jetzt aktiv zu werden...“

        In dem Brief wird die UN-Vollversammlung aufgerufen, „eine offene und freie Debatte über die Notwendigkeit einer neuen internationalen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur zu gewährleisten, welche die Interessen jedes einzelnen Landes auf dem Planeten berücksichtigt“. An dieser Debatte „sollten alle Menschen beteiligt werden, die mit ihren Konzepten dazu beitragen, die Welt zu einem sichereren und besseren Ort zu machen. Wir appellieren daher an die Vollversammlung der Vereinten Nationen, eine Sonderkonferenz zur Umsetzung einer solchen neuen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur einzuberufen und diese Absicht durch die Verabschiedung einer Resolution zum Ausdruck zu bringen.“

        Hier können Sie diesen Offenen Brief in Gänze lesen und unterstützen:https://schillerinstitute.com/de/blog/2022/09/22/offener-brief-an-die-vereinten-nationen-nr-2-des-schiller-instituts-und-der-foundation-to-battle-injustice/