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Französische Parlamentswahlen: ein System in seinen letzten Zügen

Eine Analyse von Christine Bierre, Paris

Wie erwartet, war der eigentliche Gewinner der ersten Runde der französischen Parlamentswahlen am 12. Juni die Partei der Nichtwähler, die einen absoluten Rekordwert von 52,49 % erreichte (51,3 im Jahr 2017). Dazu kommen fast eine halbe Million ungültiger Stimmen.

Die eigentliche Überraschung war, dass Macrons Partei Ensemble und Jean Luc Melenchons NUPES den ersten Platz belegten, mit praktisch demselben Wähleranteil: Laut Regierungsstatistiken erhielt Macrons Partei 25,7%, nur 21 442 Stimmen vor Melenchons NUPES, die 25,6% erhielt. Die Partei von Le Pen kam mit 19,1 % auf den dritten Platz. Eine Projektion der Anzahl der Sitze, die in der zweiten Runde am kommenden Wochenende errungen werden, würde für Macrons Partei zwischen 256 und 295 Sitze ergeben, für die NUPES 150 bis 190 Sitze und für Le Pens Partei 20 bis 40 Sitze. Zu diesem Zeitpunkt ist es sehr wahrscheinlich, dass Macrons Partei keine absolute Mehrheit in der 577 Mitglieder zählenden Nationalversammlung haben wird.

Die Ergebnisse zeigen auch, dass die scheinbar komfortable Mehrheit für Macron von 58,5 % bei den Präsidentschaftswahlen relativ irreführend war. Macrons Ergebnisse wurden wahrscheinlich durch die Dämonisierungskampagne gegen Marine Le Pen in die Höhe getrieben. In der Tat hat Macron zwischen den Ergebnissen der Präsidentschaftswahlen (9,78 Millionen Wähler) im April diesen Jahres und den Ergebnissen der Parlamentswahlen (5,87 Millionen) im Juni fast 4 Millionen Stimmen verloren.

Es ist auch irreführend, die Ergebnisse der NUPES als einen Durchbruch für die Linke darzustellen. Die Ergebnisse der NUPES sind geringer als die Summe aller ihrer Ergebnisse in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen.

Bedeutet dies, dass sich die französische Bevölkerung gegen die Politik gewandt hat? "Ich kann Ihnen das Gegenteil versichern", sagt Jacques Cheminade, Präsident von Solidarité et Progrès, der im ganzen Land eine aktive Kampagne zur Unterstützung der 13 Kandidaten von S & P geführt hat. "Wenn die Franzosen an etwas nicht interessiert sind, dann an Politikern, die nicht in der Lage sind, ein kohärentes Projekt zu präsentieren, das der Aufgabe gewachsen ist."

Während die Ergebnisse im Allgemeinen als Konsolidierung von drei Blöcken interpretiert werden, stellt Cheminade fest, dass in Wirklichkeit Frankreich in einen Eliteblock, der hauptsächlich aus Akademikern und wohlhabenden Rentnern besteht, und einen Volksblock aus "Sozialisten" und "Nationalisten" gespalten ist. 

Cheminade betonte, jenseits von "Ambitionen und demagogischen Versprechungen" gehe es um das gemeinsame Interesse der politischen Basis dieser Mehrheit und um die wirklichen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. "Nichts kann erreicht werden, ohne mit einem Finanzsystem zu brechen, das Geld ohne eine produktive Gegenleistung ausgibt und so Ungleichheiten erzeugt, indem es sowohl die Inflation der Preise für Waren und Dienstleistungen - eine De-facto-Steuer für die Ärmsten - als auch der Vermögenspreise - ein ständiger Bonus für die Reichsten - nährt."

Cheminade dankte den Kandidaten von Solidarité & Progrès und den 72 Kandidaten, die unter dem Banner der "Vernunft des Volkes" (Raison du Peuple) kandidiert haben, "für ihren Mut, ihre Ausdauer und ihren Einsatz": "Sie haben den Grundstein für eine soziale und souveräne Republik gelegt. Wir sind alle stolz und motiviert. Wir danken unseren Wählern, die es verstanden haben, über die Spielregeln des Augenblicks hinaus ihre Entscheidung zu treffen." 

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