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Eine Gesundheits-Seidenstraße gegen die Corona-Pandemie

Von Hussein Askary, Vorstandsmitglied des Belt and Road Institute, Schweden

China spielt eine Vorreiterrolle bei der Mobilisierung und beim Ausbau der Gesundheitssysteme in aller Welt.

Als China im Januar und Februar praktisch allein gegen das Corona-Virus kämpfte, verspotteten die westlichen Medien China und dessen Staatsführung wegen ihres gesundheitspolitischen Mißmanagements. In einer dänischen Zeitung erschien eine zynische Karikatur der chinesischen Flagge mit Corona-Viren anstelle der Sterne.1

Andere bezeichneten das COVID-19-Virus als „chinesisches Virus“ oder „Wuhan-Virus“. Das Wall Street Journal nannte China den „kranken Mann Asiens“.2 Chinesen und andere Asiaten wurden in Europa und den Vereinigten Staaten rassistisch angegriffen.

Ungeachtet dessen führten China und seine Staatsführung einen konsequenten Kampf gegen die Seuche und brachten große Opfer an Leben und Wohlstand, um die Epidemie unter Kontrolle zu bringen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) lobte diesen Einsatz und rief die anderen Nationen der Welt auf, von China zu lernen, wenn die Pandemie bei ihnen ausbricht.

Was glauben Sie, was die Chinesen und ihre Regierung jetzt tun, nachdem China den Vormarsch des Virus im eigenen Land erfolgreich gestoppt hat und seit 19. März auf dem Festland keine neuen Fälle mehr gemeldet werden? Verspotten sie die EU-Staaten und die USA, die zum Zentrum der globalen Pandemie geworden sind? Veröffentlichen die chinesischen Medien Karikaturen über das „europäische Virus“? Im Gegenteil: China entfesselt die volle Kraft der „Gesundheits-Seidenstraße“, um nicht nur einem Land, sondern Dutzenden Staaten zu helfen, nachdem es seine Produktionskapazität wiedererlangt hat und sein medizinisches Personal nicht mehr bis zur Grenze belastet ist.

In einem Telefongespräch mit dem italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte am 16. März rief Präsident Xi Jinping zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit Italien und allen anderen Nationen auf, „um zur internationalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Epidemie und zum Aufbau einer Gesundheits-Seidenstraße beizutragen“, so ein ausführlicher Bericht in Xinhua.3

Jetzt, da es seine eigene COVID-19-Epidemie besser unter Kontrolle hat, stellt China etlichen Ländern, darunter Italien, Spanien, Iran, Irak und Panama, sowohl Ausrüstung als auch Personal zur Verfügung. In dem Telefongespräch mit Conte versprach Xi Italien zusätzliche Hilfe im Kampf gegen COVID-19. Xinhua zitierte ihn: „China wird von Anfang bis Ende umsichtig handeln und einen frühen und vollständigen Sieg über die Epidemie anstreben, um anderen Ländern Vertrauen in ihre Präventions- und Kontrollbemühungen zu geben.“ Xi sagte, die italienische Regierung habe als Reaktion auf die Epidemie entschlossene Präventions- und Kontrollmaßnahmen ergriffen, China stehe hinter Italien und habe volles Vertrauen in seinen Sieg über die Epidemie. China identifiziere sich mit seinen akuten Sorgen und werde mehr medizinische Experten nach Italien schicken und sein Bestes tun, um medizinische Versorgung und andere Hilfe zu leisten. „China ist bereit, mit Italien zusammenzuarbeiten, um zur internationalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Epidemie und zum Aufbau einer Gesundheits-Seidenstraße beizutragen“, sagte Xi.

Überstunden für die Produktion von Ausrüstung für die Welt

China erhöht auch die Produktion medizinischer Ausrüstung, um den wachsenden Bedarf der Länder zu decken, die gegen das Coronavirus kämpfen. Shenzhen Mindray Bio-Medical Electronics, ein Großunternehmen für medizinische Geräte aus Guangdong, lieferte der italienischen Regierung fast 10.000 Geräte zur Bekämpfung der Krankheit, die meisten zur Patientenüberwachung; dies war Teil der Hilfslieferung, die am 12. März in Italien ankam. Die Firma Guangdong BiolightMeditech aus Shenzhen gab bekannt, daß sie in der ersten Märzhälfte Bestellungen über fast 2000 medizinische Geräte aus acht Ländern, darunter Italien, Frankreich und Deutschland, erhalten hat. Zhejiang Dali Technology, ein Hersteller von Infrarot-Thermometern, fährt seine Produktion auf Hochtouren, um die wachsenden Aufträge aus dem Inland und aus Asien, Europa und Amerika zu erfüllen. Oriental Energy, ein wichtiger Lieferant von Alkan-Produkten, exportierte seit Februar über 3000 Tonnen Y381H, eine wichtige Faser für die Herstellung von Gesichtsmasken und Schutzanzügen, in Länder wie Indien und Vietnam.

Der Schutzmaskenhersteller Great Star Industrial erhielt für seine Produkte die Qualitätsbescheinigung für den Verkauf in der EU. Mindestens zehn chinesische Hersteller von Detektionskits für Nukleinsäure- und Antikörpertests erhielten ebenfalls Zugang zum EU-Markt. Inzwischen haben 14 neuartige Coronavirus-Testkits, die von fünf chinesischen Universitäten, darunter die Tsinghua-Universität, entwickelt wurden, die CE-Kennzeichnung, die die Vermarktung in der gesamten Europäischen Union ermöglicht.

Darüber hinaus lieferte China u.a. folgende Produkte an die von COVID-19 heimgesuchten Länder, die meisten davon innerhalb nur einer Woche:

  • Ein Flugzeug mit 500.000 medizinischen Schutzmasken aus China landete auf dem Flughafen von Saragossa in Spanien, wo die Krankheitsfälle sprunghaft angestiegen waren;
  • Ein Team von zwölf medizinischen Experten aus der ostchinesischen Provinz Zhejiang wurde von der chinesischen Regierung nach Italien geschickt, um dort den Kampf gegen das Coronavirus zu unterstützen;
  • 300.000 von chinesischen Wohltätigkeitsorganisationen gestiftete Gesichtsmasken trafen in Belgien ein;
  • China spendete 2000 Schnelltestsätze für COVID-19 an die Philippinen;
  • Peking spendet den Städten Seoul, Teheran, Tokio und Yokohama Schutzausrüstungen wie medizinische Schutzkittel und Handschuhe zur Unterstützung der Coronavirus-Kontrolle; etwa 200.000 Kittel, 100.000 Paar Handschuhe, 200.000 Paar Schuhüberzüge und 200.000 medizinische Einwegkappen werden an diese Städte geliefert;
  • Die südchinesische Provinz Guangdong hat mehr als 80.000 Testkits an Länder wie Iran, Japan, Irak und Peru gespendet;
  • Die zentralchinesische Provinz Hunan spendete Lieferungen zur Unterstützung des Kampfes gegen das Coronavirus in Laos und der Republik Korea.
Spanien findet einen wahren Freund

Spanien überdenkt inzwischen seine starke Bindung an die Europäische Union und hat den Grundsatz aufgegeben, sich nur über die EU an China um Hilfe zu wenden, und hat zur Kenntnis genommen, daß die EU Italien Hilfe verweigert, aber China einspringt. Ein Bericht von El Confidencial faßt das Ergebnis zusammen:

„Von Madrid bis Cordoba, von Saragossa bis Jerez haben die Bilder von chinesischen Bürgern, die mit Lastwagen voller Kisten mit Masken, Handschuhen und Desinfektionsmitteln in Spanien ankamen, um sie Krankenhäusern, Polizei und Feuerwehrstationen zu spenden, in ganz Spanien Beifall und Dankbarkeit ausgelöst. Sie sind es, die sich inmitten der kompletten Lähmung Europas angesichts der dramatischen Situation für die Angehörigen der Gesundheitsberufe, die seit Wochen dringend Masken und Atemschutzgeräte im Kampf gegen COVID-19 fordern, massiv mobilisiert haben.“4

Der Artikel trägt die Überschrift „Willkommen Herr Xi: Chinas Marshallplan gegen das Coronavirus erreicht Spanien“. Die Zeitung berichtet darin, daß die spanische Regierung das Angebot der chinesischen Regierung für medizinisches Material und Beratung zunächst mit der Begründung abgelehnt hatte: „Wir ziehen es vor, dies über die EU zu tun.“ Aber am 15. März einigte sich Außenministerin Arancha Gonzalez Laya mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi darüber, daß Spanien medizinisches Material aus China kauft, um seine Lagerbestände aufzubauen, und daß China die Importe für Tausende kleine und mittlere spanische Unternehmen erleichtert. „Zusammenarbeit zum Schutz der Gesundheit und der Wirtschaft“, twitterte sie.

Ein Mitarbeiter des Außenministeriums sagte gegenüber El Confidencial: „Es ist unvermeidlich, daß wir das chinesische Angebot annehmen, so wie es Italien getan hat. In diesem Moment brauchen wir dringend Hilfe, und die China-Propaganda interessiert uns nicht im geringsten.“

Was ist die Gesundheits-Seidenstraße?

Präsident Xi Jinping setzte 2013 die Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI) in Gang, um die Nationen Asiens, Europas und Afrikas entlang der Routen der alten Seidenstraße mit modernen Transportkorridoren zu verbinden. Die BRI hat jedoch auch Aspekte weicher Infrastruktur. In der ausführlichsten Beschreibung der BRI, „Vision und Aktionen zum gemeinsamen Bau von Gürtel und Straße“, die im März 2015 von der chinesischen Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission veröffentlicht wurde, kann man folgendes lesen:

„Wir sollten die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern beim Austausch von Informationen über Epidemien, beim Austausch von Präventions- und Behandlungstechnologien und bei der Ausbildung von medizinischen Fachkräften verstärken und unsere Fähigkeit zur gemeinsamen Bewältigung von Notfällen im Bereich der öffentlichen Gesundheit verbessern. Wir werden den betroffenen Ländern medizinische Hilfe und Notfallhilfe leisten.“5

In einer Rede vor der Gesetzgebenden Kammer der usbekischen Obersten Versammlung sagte Präsident Xi am 22. Juni 2016:

„Wir sollten unsere Anstrengungen zur Vertiefung der medizinischen und Gesundheitszusammenarbeit und zur Verbesserung der für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit bei der Warnung vor Infektionskrankheiten, der Kontrolle und Prävention von Krankheiten, der medizinischen Hilfe, der traditionellen Medizin und in anderen Bereichen verstärken, um gemeinsam eine Gesundheits-Seidenstraße aufzubauen.“6

In einem Papier mit dem Titel „Bekämpfung von Epidemien von Infektionskrankheiten durch Chinas ,Belt & Road’-Initiative“7 schreiben die Fachautoren Jin Chen und Robert Bergqvist: „Der 2016 verkündete Plan ,Gesundes China 2030’ betrachtet Gesundheit als eine der nationalen politischen Prioritäten, und die 2017 unterzeichnete Absichtserklärung mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO)  fördert die globale Gesundheitssicherheit und Entwicklung im Rahmen der Initiative.“ Sie erklären: „Auf der Grundlage dieser Vereinbarungen ist der Bau einer Gesundheits-Seidenstraße zu einer Kernaufgabe geworden, die zu einem umfassenden Engagement in der globalen Gesundheitsentwicklung führt.“ Chen und Bergqvist beziehen sich dabei auf das „Hochrangige Treffen für die Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich: Auf dem Weg zu einer Gesundheits-Seidenstraße“, das am 18. August 2017 in Peking stattfand und zu dessen Abschluß die teilnehmenden 64 Länder das „Kommuniqué über die Gesundheits-Seidenstraße“ unterzeichneten.

In seiner Ansprache auf dieser Konferenz 2017 sagte der Generaldirektor der WHO, Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus: „Wie Sie wissen, steht die Welt vor zunehmenden und komplexeren Epidemien, Pandemien und Katastrophen. Diese Ereignisse sind nicht nur wahrscheinlicher, sie haben wahrscheinlich auch größere Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, das soziale Gefüge, die Sicherheit und die Wirtschaft. Der Vorschlag von Präsident Xi für eine Gesundheits-Seidenstraße, die die alten Verbindungen zwischen Kulturen und Menschen stärkt und erneuert, wobei die Gesundheit im Mittelpunkt steht, ist in der Tat visionär.“8

Tedros betonte: „Wenn wir die Gesundheit der Milliarden von Menschen, die hier vertreten sind, schützen wollen, müssen wir die Chancen nutzen, die die Belt & Road-Initiative bietet“, und fügte hinzu: „Die WHO hat eine strategische Partnerschaft mit China vorgeschlagen, die sich an gefährdete Länder entlang Gürtel und Straße und in Afrika richtet.“ Der WHO-Direktor verwies auf den Zusammenhang zwischen der BRI und dem UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung Nr. 3: „Die Belt & Road-Initiative enthält die Grundlagen für eine universelle Gesundheitsversorgung: Infrastruktur, Zugang zu Medikamenten, Humanressourcen und eine Plattform für den Erfahrungsaustausch und die Förderung bewährter Verfahren. China kann uns in diesen Fragen viel lehren. Es ist weltweit führend in der Seuchenüberwachung und -bekämpfung und war eines der ersten Länder, das während des Ebola-Ausbruchs eingeschritten ist.“

Tedros bezieht sich hier auf Chinas beispiellosen Einsatz gegen den Ebola-Ausbruch in Westafrika 2014, bei dem 1200 Mitarbeiter, darunter auch chinesisches Militärpersonal, entsandt wurden.9
Tedros fügte hinzu: „China hat ein landesweites Krankenversicherungssystem aufgebaut, das mehr als 95% der Bevölkerung abdeckt. Das Land verfügt auch über eine große Kapazität für Forschung und Entwicklung und war eines der ersten Länder, das das Millenniums-Entwicklungsziel für die Müttergesundheit erreicht hat.“ Abschließend sagte er: „Wir sollten auf diesen Erfahrungen aufbauen. Lassen Sie uns, die hier versammelten Gesundheitsverantwortlichen von 60 Ländern und Partner im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens, gemeinsam eine gesunde Seidenstraße aufbauen.“

Ost-West-Kooperation jetzt nötig

Am 18. März sprachen die Außenminister Rußlands und Chinas laut einer Mitteilung des russischen Außenministeriums in einem Telefongespräch über das von Präsident Putin vorgeschlagene Gipfeltreffen der fünf Ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates. Lawrow und Wang sprachen über die internationale Coronavirus-Situation und über die bilaterale Zusammenarbeit, um sie im Geist ihrer strategischen Partnerschaft zu bewältigen. Dabei kamen auch Angelegenheiten des UN-Sicherheitsrates zur Sprache (China hat im März den Vorsitz inne), darunter „die Vorbereitungen für das Gipfeltreffen der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates und die Entwicklung der Zusammenarbeit im Format Rußland-Indien-China“.

Schon am 26. Februar hatte die Vorsitzende des internationalen Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, einen Aufruf für einen Sondergipfel dieser Staatsführer als wichtigsten Schritt zur Bewältigung der Corona-Pandemie veröffentlicht10, weil es unerläßlich sei, alle Ressourcen und Technologien aller Nationen dafür zu koordinieren und zu mobilisieren. Andernfalls würde das COVID-19-Virus sich seinen Weg durch die Risse in der Abwehr bahnen, die durch die auf unbegründeten geopolitischen Motiven beruhende Spaltung zwischen Ost und West entstanden sind.
Das Corona-Virus hätte den verantwortlichen Staatsführern der Welt längst vor Augen führen sollen, daß es ihm vollkommen egal ist, ob die Opfer Asiaten, Europäer, Amerikaner oder Afrikaner sind: Es greift alle an, weil sie Menschen sind. Sie sollten genauso darauf antworten – als Menschen!