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Henry Carey über Währung und nationale Souveränität

Bei Recherchen über die Bismarckzeit stießen wir auf ein weitgehend unbekanntes Schriftstück des amerikanischen Nationalökonomen Henry C. Carey (1793-1879). Der Aufsatz stammt aus dem Jahr 1875 und wurde damals in deutscher Übersetzung im Merkur, einer Zeitschrift für nationale Handelspolitik und Volkswirtschaft, abgedruckt. Es lohnt sich die Frage der Währungsunabhängigkeit und des Kreditsystems aus historischer Perspektive zu betrachten, um dadurch um so deutlicher für die heutige Zeit die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Wir geben den Artikel getreu der Ausgabe des Merkur vom 2. Oktober 1875 wieder.


Münz-Unabhängigkeit.

(Monetary Independence)

Unser verehrungswürdiger Lehrer, der hochbetagte, aber noch immer körperlich und geistig frische und an den Schicksalen der Menschheit und seines Vaterlandes mit Hingebung theilnehmende, berühmte amerikanische Nationalökonom Carey (geb. 15. December 1793) sendet uns seine jüngste, in Gestalt eines offenen Briefes an Herrn Moses. W. Field, Obmann des Einladungscomités zur Detroit-Convention, erschienene Schrift, die, zunächst freilich nur die amerikanische Währungsfrage behandelnd, doch so interessante Streiflichter auf die europäische und insonderheit deutsche Wirthschaftspolitik fallen läßt, daß wir uns den Dank unserer Leser zu erwerben hoffen, indem wir ihnen die neueste Kundgebung des Nestors der Volkswirthschaftslehre vollinhaltlich mittheilen. Das Schreiben ist von Philadelphia, 18. August, datirt und lautet:

Geehrter Herr!

Gänzlich außer Stande, persönlich in Ihrer Versammlung zu erscheinen, bringe ich hiermit meine Ansichten über die wichtigen Fragen, welche daselbst discutirt werden sollen, wie folgt zu Papier:

Fordert die Pflicht gegen uns selbst und gegen die Welt im Allgemeinen, daß wir einen nicht exportablen Geldumlauf dauernd aufrecht erhalten, oder fordert sie es nicht? Das ist die Frage, welche jetzt die Nation bewegt und welche trotz aller Bemühungen, es zu  verhüten, in nicht entfernter Zeit alle anderen Fragen absorbiren muß. Bisher ist sie gemeinhin mit nur geringer Beachtung der Lehren der Erfahrung anderwärts, oder der Lehren der Wissenschaft geprüft worden. Darum will ich jetzt zeigen:

Erstens, daß die Bejahung der Frage nicht allein in vollkommener Uebereinstimmung mit der Praxis und Erfahrung der leitenden [2] Nationen des continentalen Europas, sondern auch in Uebereinstimmung mit den Lehren einer gesunden Wirthschaftswissenschaft; und

Zweitens, daß nur, wenn wir uns in dieser Richtung bewegen, wir jemals hoffen dürfen, zu jener industriellen und finanziellen Unabhängigkeit zu gelangen, die uns in den Stand setzen wird, uns aus der widrigen Lage zu befreien, in der wir uns jetzt dem Weltverkehr gegenüber befinden: der Lage bloßer Lieferanten und Spediteure für die industriellen Nationen Europas. Die Thatsachen, auf welche diese Ansichten sich gründen, sind folgende:

Noch vor vierzig Jahren war der Gebrauch des Goldes als Geld fast so selten bei uns, wie er es heute bei den Eskimos ist. Die Zahlungsverbindlichkeiten für Zinsen und Kapital lauteten fast ausschließlich auf Silberdollars von einem bestimmten Gewicht und Feinheitsgrade, und nur in den seltensten Fällen war eine Zahlung in dem kostbaren Metall bedungen.

Damals jedoch wurden die Goldminen des Südens so ergiebig, daß sie nicht allein große Kosten für die Münzen des Südens verursachten, sondern auch bei den Einwohnern des Südens den Entschluß reifen ließen, ihr Product in den Geldumlauf einzuführen, der bis dahin ausschließlich durch mexikanisches Silber gespeist worden war. Zu diesem Zwecke setzten sie, obwohl sonst einen äußersten Abscheu gegen Regierungseinmischung in Handelsangelegenheiten vorgebend, gesetzlich den Preis des Goldes gegen Silber auf das Verhältniß von 16:1 fest, und waren so beflissen, ihr Ziel zu erreichen, daß ich selber einen ausgezeichneten Senator von der Südcarolina-Delegation versichern hörte, daß wenn es nöthig werden sollte, man auch weiter gehen und dem Golde einen gesetzlichen Werth gegen Silber von 17:1 geben werde.

Von allen amerikanischen Schriftstellern, die sich damals mit den Münzfragen beschäftigten, war, glaube ich, Keiner, dessen bezügliche Meinungen in höherem Ansehen standen, als diejenigen meines Freundes Condy Raguet, aus dessen im Jahre 1839 publicirten Werk ich die folgende Stelle entnehme:

„Ehe die oben erwähnte Goldbill in Kraft getreten war, bestand in den Vereinigten Staaten seit ihrer Unabhängigkeit eine Silberwährung, während Großbritannien die Goldwährung hatte. Die Folge davon war, daß der Geldumlauf beider Länder unabhängig von einander war, und die Zusammenziehung oder Ausdehnung des einen nicht nothwendíg auf den anderen einwirken mußte. Die Zusammenziehung des Geldumlaufs in England, welche, nach einer vierundzwanzigjährigen Suspension der Baarzahlungen, der Wiederaufnahme derselben im Jahre 1821 voranging, brachte keine Erschütterung auf dieser Seite des atlantischen Oceans hervor, noch konnte unsere Zusammenziehung – peinlich und von langer Dauer, wie sie war – die nach der Zurückziehung der öffentlichen Depositen aus der Vereinigten Staaten-Bank am 1. Oktober 1833 entstand, die Preise der Staatspapiere um 20-50 pCt. warf und während des Jahres vom 1. Oktober 1833 bis 30. September 1834 zur Einfuhr von 3,793,293 Doll. Silber von England allein führte, irgend eine Convulsion in diesem letzteren Lande hervorbringen. Dies würde so geblieben sein, wenn die Münzgesetze nicht verändert worden wären. Doch kaum war Gold durch eine Aenderung in seinem Verhältnißwerthe gegen Silber am gewinnreichsten zu importiren geworden, als wir den Geldumlauf Englands bis zu einem Grade gestört fanden, daß eine sofortige Reduction seiner Papieremissionen nothwendig wurde, obwohl die Summe [3]Goldes, die von der Zeit der Geltung des Gestzes, vom Juni 1834 bis zum 30. September desselben Jahres, England entzogen wurde, nur 1,922,960 Doll. betrug. Den Einfuhren von Gold anstatt Silbers in den Jahren 1835 und 36 kann jene fernere Zusammenziehung des britisches Geldumlaufs zugeschrieben werden, welche zu der Krisis des letzten Jahres führte, die für den amerikanischen Credit und für die amerikanische Baumwolle so verhängnißvoll war und durch welche dem Lande Millionen von Dollars verloren gingen.

Da gleiche Ursachen gleiche Wirkungen hervorbringen, so ziemt es uns jetzt, diese Dinge einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, und wenn wir finden, daß wir einen Irrthum begangen haben, so ist es unsere Pflicht unsere Schritte zurückzulenken. Bis jetzt sind wir in der Einführung von Gold in den Geldumlauf noch nicht weit vorgeschritten, obwohl wir große Summen importirt haben; indessen werden wir uns durch Beharrlichkeit eine Goldwährung verschaffen können; allein sie wird sehr theuer erkauft werden. Sie wird unsere Geschicke mit denjenigen Großbritanniens so eng verknüpfen, daß im Geldumlauf  jenes Landes keine Erschütterung Platz greifen kann, die nicht unmittelbar und gewaltig auf den unsrigen wirkte; während andererseits keine Erschütterung bei uns stattfinden kann, die nicht unmittelbar auf den englischen Geldumlauf wirkte und dadurch die Preise der Baumwolle, des Tabaks und anderer amerikanischen Producte auf den europäischen Märkten in’s Weichen bringt, zum großen Schaden unserer landwirthschaftlichen Interessen.“

Die ungemeine Wichtigkeit der hier dargelegten Ansichten, d.h. die Notwendigkeit, „verwickelnde Allianzen“ in so wichtigen Angelegenheiten, wie es die Tauschmaschinerie der Münze ist, zu vermeiden, wurde im Jahre 1866 aufs klarste einleuchtend, als die große Krisis dieses Jahres – größer als irgend eine vorangegangene – wie ein Donnerschlag aus heiterem Himmel Verderben über Hunderte der angesehensten britischen Häuser brachte. Der Krach war schrecklich; allein unsere heimischen Operationen wurden nicht einen Augenblick davon berührt. Unsere Münz-Unabhängigkeit war gegründet, unsere Tauschmaschinerie war nicht exportabel, wir hatten keine Verwendung für Gold, und wenn es auswärts gebraucht wurde, konnten wir sagen: „ei nun, laßt es gehen!“ Dem entsprechend wurden nicht weniger als 30 Mill. Doll. Auf einmal abgesendet; die Bank war salvirt und wir entgingen einem Schaden, der ohne Uebertreibung auf Hunderte von Millionen Pfund Sterling zu berechnen gewesen wäre, und so gewann auch Britannien dadurch, daß die Währung der beiden Länder eine verschiedene war.

Hätten wir damals Gold gebraucht, in welcher Lage würden wir uns dann befunden haben? Inmitten einer Krisis, größer als das Land sie je gekannt hat. Jeder Golddollar würde uns entzogen worden sein. Die Banken würden erst ihre Kunden ruinirt haben und dann selbst zur Suspension gezwungen worden sein; Fabriken und Bergwerke wären still gelegt worden; die Zahlungsfähigkeit für fremde Waaren wäre zum großen Schaden Großbritanniens verschwunden, dessen Markt in diesem Lande (den Vereinigten Staaten) in dem Verhältniß wie der heimische gedrückt war, sich erweiterte, so daß dadurch die Wiedererholung Großbritanniens wesentlich befördert wurde.

Beiden Ländern wurden Milliarden Dollars durch die einfache Thatsache erspart, daß unser Geldumlauf nicht beeinträchtigt werden konnte durch die finanziellen Bewegungen eines Nachbarvolkes, das die gesammte Geldbewegung der Welt zu beherrschen sucht und doch mehr [4] als jedes andere Erschütterungen unterworfen ist, durch welche es über die ganze Welt Verwirrung verbreitet.

Je vollkommener die Unabhängigkeit der Individuen ist, desto besser sind sie im Stande, sich im Falle plötzlicher oder unvorhergesehener Verlegenheit einander zu helfen. Genau so ist es mit den Nationen; und doch hatte jeder Schritt, der uns bisher aufgedrungen wurde, die Tendenz, uns mehr und mehr von fremden Geldmärkten abhängig und in jedem Augenblicke Störungen zugänglich zu machen, wie diejenige, durch welche das Jahr 1866 hervorragt.

Wie weit die hier geschilderten Ansichten in der Erfahrung anderer Länder Bestätigung finden, wollen wir jetzt in Folgendem zeigen.

Das Jahr 1835 sah die endliche Gründung jenes großen Zollvereins, durch den der Grund zum Deutschen Reich gelegt wurde, dessen außerordentliche Kraftentfaltung neuerdings die Aufmerksamkeit der Welt so sehr auf sich gezogen hat. Von dieser Zeit an waren Zollhäuser nur noch an den Grenzen zu finden; der innere Handel war so fessellos wie der unsrige und dem Landwirth gehörte der große heimische Markt, den ihm die Leute verschafften, die ihn zugleich mit den Erzeugnissen ihres Gewerbfleißes versorgten.

Während der 35 folgenden Jahre, die in der neuerlichen großen Kraftprobe mit Frankreich ihren Abschluß fanden, waren sowohl Landwirthe wie Gewerbtreibende durchaus geschützt wider jene „Kriegführung gegen die mitwerbenden Kapitalien anderer Länder“, die in einem (englischen) parlamentarischen Schriftstück so treffend als „das mächtigste noch verbliebene Instrument, durch welches die britische Manufactursuprematie aufrecht zu erhalten ist“, gekennzeichnet wird. Landwirthe und Gewerbtreibende, Kapitalisten und Arbeiter waren vollständig gegen die ohne Unterlaß sich wiederholenden britischen Krisen aus dem Grunde geschützt, weil das Währungsmetall und gesetzliche Zahlungsmittel Silber war, ein Metall, das damals, abgesehen von Frankreich, im continentalen Europa wenig im Gebrauch war und an dem großen Mittelpunkte der Münzstörungen: der Börse von London, gar keine Verwendung finden konnte. Für beinahe alle Absichten und Zwecke war es eine nichtexportable Währung.

In Folge dieser Unabhängigkeit und des so gegründeten inneren Friedens hörte Deutschland nicht allein auf, Exporteur von Wolle, Lumpen und anderen Rohstoffen zu sein, sondern machte sich bald im Verkehr der Welt als ein Exporteur von Zeugen, Papier und Industrieerzeugnissen aller Art bemerkbar. So blühte der auswärtige und der heimische Verkehr gleichzeitig, und der Umfang, bis zu welchem beide durch das bewundernswerthe Eisenbahnsystem, das man sich in Folge dieser glücklichen Entwicklung verschaffen konnte, unterstützt wurden, mag von Denen gewürdigt werden, welche die erstaunliche Geschwindigkeit mit angesehen und bewundert haben, womit sowohl 1866 wie 1870 große Armeen aufgestellt und das eine Mal nach Böhmen, das andere Mal über den Rhein geschafft wurden, um den Krieg, den die Feinde auf deutschem Boden zu kämpfen hofften, in deren eigenes Gebiet zu tragen. Niemals hat die Welt eine so außerordentliche Kraftentfaltung [5] gesehen, niemals einen so auffallenden Beweis von dem Vortheile, der aus einer vollständigen Unabhängigkeit der Währung entspringt.

Die Kosten des Krieges beliefen sich nur auf 300 Mill. Doll., der Preis des Friedens aber war eine Geldzahlung von beinahe vierfacher Höhe und eine Abtretung von zwei der werthvollsten Provinzen Frankreichs. Trunken von diesem wunderbaren Erfolg, hat Deutschland seitdem die Leiter von sich gestoßen, auf deren Sprossen es auf diese Machthöhe gelangt war, indem es die Idee des Industrieschutzes verließ und die des monetären Schutzes gänzlich aufgegeben hat.

Indem es das Silber demonetisirte, hat es das Gold zum einzigen gesetzlichen Zahlungsmittel gemacht und so seine Fesselung an den vergoldeten Wagen des britischen Freihandels vervollständigt. Als eine nothwendige Folge der Freihandelspolitik ist es geschehen, daß fremde Waaren in einem so beständig anwachsenden Strom über die Grenze geflossen sind, daß der Überschuß der Einfuhren über die Ausfuhren für die letzten 3 Jahre jetzt auf 600 Mill. Doll. Angegeben wird. Das Gold strömt, kaum gemünzt, wieder hinweg und die deutsche Mark wird wieder ein französischer Napoleon oder ein britischer Sovereign. Das Silber soll, ausgenommen für kleine Beträge, nicht länger als Zahlungsmittel gelten. Das Geld ist so selten geworden, daß es für die Industriellen fast unerhältlich ist, der Zinsfuß ist erheblich gestiegen, die Arbeiter sind zehntausendweise entlassen. (Der verehrte Verfasser malt hier etwas zu schwarz, Red. d. Merkur) Die bestehenden inneren Steuern sind weniger ergiebig geworden und neue sind erforderlich; das allgemeine Ergebniß ist, daß Deutschland, da es im Gefolge Britanniens einhergeht, von seinem hohen Stande heruntergeglitten ist und trotz der Erwerbung der zwei schönsten Provinzen des östlichen Frankreich schwächer ist, als vor 5 Jahren, da seine Armeen den Rhein überschritten. „Wir befinden uns“, sagt ein Berliner Schriftsteller, „in einer seltsamen Lage. Wir sind in einer Noth, als wenn wir Milliarden zu bezahlen hätten, anstatt daß wir sie empfangen haben.“ Diese Ansicht bestätigend, schreibt eben ein französicher Journalist aus Berlin, welches er die Hauptsadt des „Landes der gestohlenen Milliarden“ nennt, daß er eben die Deutschen im Erwachen aus ihren süßen Träumen von der Wirkung des Geldes, daß sie von Frankreich empfangen haben, finde. „Die 5 Milliarden verwandelten sich allerwege in ebenso viele bittere Pillen, die das Land von den wenigen Besitzthümern, die es hatte, reinigten, so daß nur noch Hefe und Bodensatz geblieben ist.“

Jedenfalls kann man Deutschland, wenn es sein gegenwärtiges Handels- und Münzsystem in Zukunft beibehält, voraussagen, daß es niemals wieder jenen Platz in der Welt einnehmen wird, welchen es in den Jahren zwischen 1835 und 1870 so würdig ausgefüllt hat. Besser wäre es gewesen, glaube ich, daß es besiegt und selbst gezwungen worden wäre, den Rhein in seinem ganzen Lauf als seine Westgrenze zu adoptiren. Es würde dann in seinem Gewerbfleiß und in seinem Münzwesen unabhängig geblieben sein, während es sich nun zu einem [6] bloßen Spielball der Bewegungen der Industriellen und Geldjobber Großbritanniens gemacht hat.

Vor 1860 herrschte in Frankreich das Prohibitivsystem in einem Grade, daß die Einfuhr fremder Manufacturen beinahe unmöglich war; und doch stieg – im Widerspruch mit der Lehre, die jetzt unter uns so viel verkündigt wird, daß wenn die Nationen nichts kaufen wollen, sie auch nichts verkaufen können – der heimische Export in 30 Jahren von 100 Mill. Doll. auf 400 Mill. Doll.: eine größere Summe als die, welche dies Land (Nordamerika) unter einem System erreichte, das mit zwei kurzen und glänzenden Ausnahmen darauf ausging, einen auswärtigen Handel auf dem Ruin des heimischen Verkehrs zu gründen. Während der Zeit von 1860-70 wuchsen (in Frankreich) unter dem verständigsten und wirksamsten Schutzsystem von der Welt diese Exporte auf 600 Mill. Doll., eine größere Summe, als wie wir sie bisher erreicht haben, trotzdem, daß unsere viel zahlreichere Bevölkerung die wunderbaren Hülfsquellen eines halben Continents, der an Naturschätzen dreimal reicher ist als ganz Europa zu entwickeln geschäftig ist. In Folge davon strömten die edlen Metalle in solchen Massen in das Land ein, daß der Geldvorrath Frankreichs bei Beginn des Krieges im Jahre 1870 größer war, als man es je zuvor in irgend einem Lande der Welt gesehen hatte.

Mehr als dies: Frankreich war der allgemeine Gläubiger unter den Ländern und konnte auf alle Nationen der Welt ziehen. Fremde strömten tausendweise hierher, Hunderte von Millionen ausgehend, die der französischen Industrie und dem französischen Volke aller Stände zu gute kamen. Sofern mithin die Geldverhältnisse in Betracht kommen, trat niemals ein Volk besser vorbereitet in einen Krieg ein, als Frankreich an dem Tage, an welchem vor 5 Jahren der Kaiser von Paris nach dem Kriegsschauplatze abreiste. Nichtsdestoweniger war die Wirkung davon, daß der Krieg in das französische Gebiet gespielt wurde, eine so unglückliche, daß im Monat August ein Befehl erlassen werden mußte, der den Papiergeldumlauf von 300 Mill. Doll. auf 480 Mill. Doll. vermehrte und den Zwangscours über das ganze Reich aussprach. Wenige Monate später, im December, wurde der Papierumlauf durch eine fernere Regierungsmaßregel auf 560 Mill. Doll. gebracht, und doch circulirte für alle inneren Zwecke und für manche auswärtige dazu Gold, Silber und Papier frei neben einander. Mit dem Frieden jedoch trat die kläglichste Veränderung ein. „Die Einbildungskraft“, sagt ein hervorragender französischer Oekonomist, „stand entsetzt vor der Ungeheuerlichkeit der Frankreich auferlegten Verpflichtungen“, und es tauchte der Zweifel an der Möglichkeit auf, nach so schweren Leiden, wie man sie eben erduldet hatte, eine auswärtige Schuld von beinahe 1200 Mill. Doll. In den nächstfolgenden drei Jahren zu bezahlen. Es schien unmöglich, daß dies geschehen könne, und dennoch wurde es in 27 Monaten zu Stande gebracht, ohne die Münzverhältnisse der Welt erheblich zu stören. Frankreichs Finanzminister, ungleich dem, mit welchem wir während des vergangenen Jahrzehnts behaftet waren, glaubte mit Richelieu, daß „das Vertrauen [7] ein Kapital ist auf das wir stets ziehen können“, und alle seine Schritte suchten dem Volke jenes Vertrauen in die Zukunft der Nation zu geben, daß unsere Finanzminister gänzlich vernichten zu wollen scheinen. Anstatt anzukündigen, daß der Geldumlauf zu groß, daß die Preise zu hoch, daß Arbeit und Eigenthum aller Art im Werthe heruntergedrückt werden müßten, daß überall Einschränkung erforderlich sei, und anstatt so alle zum Verkaufen anzustacheln und vor einem Wiederkauf zu warnen – ordnete er eine weitere Emission von Noten mit Zwangscours an und brachte ihren Betrag auf 640 Mill. Doll.; das Goldagio, das auf 4% gestiegen war, sank danach dermaßen, daß Gold, Silber und Papier seitdem beinahe immer frei nebeneinander, ohne einen Schatten von Differenz circulirten, höchstens mit Ausnahme einiger Fälle, wo durch fremdländische Transactionen das Verhältniß gestört wurde.

So ward ohne die geringste Störung die größte Münzthat aller Zeiten vollbracht, und dies konnte nur darum geschehen, weil der Geldumlauf sowohl Frankreich wie Deutschlands, soweit es sich um die edlen Metalle handelt, wesentlich aus einem Artikel bestand, für den auf dem Continent nur wenig und in England gar keine Nachfrage herrschte, nämlich aus dem fast nicht exportablen Silber. Ein großer Theil des erforderlichen Geldes kam von Britannien, aber die außergewöhnliche Nachfrage für diese Waare beeinflußte dort den Geldmarkt nicht mehr, als wenn die Nachfrage für Wolle oder Baumwolle stattgehabt hätte. Von der ganzen bezahlten Summe bestand nur 1/6 in französischem Gold oder britischen Souvereigns. Hätten jene Völker damals ausschließlich Gold gebraucht, so würde die Zahlung unmöglich gewesen sein. Wenn sie aber auch wirklich hätte geleistet werden können, so würde eine so plötzliche Nachfrage auf den Märkten der Welt Störungen verursacht haben, deren Kosten in Dollars geschätzt auf Milliarden zu veranschlagen gewesen sein würden. In Wahrheit, es ist schwer, die Summe von Schaden in Ziffern auszudrücken, vor dem die gesammte Welt durch die einfache Thatsache bewahrt worden ist, daß der deutsche und französische Geldumlauf beinahe gänzlich unabhängig von demjenigen Britanniens war.

Frankreich hat seitdem seine industrielle und monetäre Unabhängigkeit bewahrt; und mit welchem Erfolg? Laßt uns sehen! Zwei Jahre darauf war sein Export auf 720 Mill. Doll. gestiegen, und nach neuerdings veröffentlichten Ausweisen scheinen sie in diesem Jahre leicht die enorme Summe von 800 Mill. Doll. erreichen zu können, oder beinahe 50% mehr als die Ausfuhren unserer 44 Millionen Menschen, die mit natürlichen Vortheilen ausgestattet, wie man sie anderwärts nicht kennt, sich jedes künstlichen Vortheils erfreuen, ausgenommen desjenigen, eine Regierung zu haben, die fähig ist einzusehen, daß die Kraft, Verkehr mit fremden Völkern zu unterhalten, mit dem Wachsthum des heimischen Verkehrs wächst, und daß dieser letztere wächst mit dem Wachsthum der industriellen und monetären Unabhängigkeit.

Im letzten Jahre und vermutlich noch in diesem Augenblicke [8] betrug (in Frankreich) der Papierumlauf mit Zwangscours nahezu 900 Mill. Doll., wovon 2/3 aus Noten von 20 Dollar und darunter bestanden, während der Vorrath an edlen Metallen 600 Mill. Doll. überschritt. (Fußnote im Merkur: Die Noten von 1, 4 und 5 Dollar betrugen 150 Mill. Doll.) Unter solchen Umständen, da Papier, Gold und Silber pari gegeneinander stehen, würde die Wiederaufnahme der Baarzahlungen, wie es bei uns genannt wird, eine leichte Sache zu sein scheinen, und es ist sicher, daß die Regierung zu diesem Ziele zu gelangen wünscht. Erläßt sie jedoch Edicte, in denen sie proclamirt, daß in Zukunft große Schwierigkeiten (hard pain) bevorstehen? Sucht sie in alle Wege Diejenigen, die ihren Credit gebrauchen wollen, mit Bestürzung zu erfüllen? Nichts der Art! Sie beräth sich mit der Bank und arrangirt sich mit ihr wegen der Bezahlung von etwa 100 Mill. Doll., die der Staat derselben schuldet, und die Bezahlung soll innerhalb dreier Jahre erfolgen, nach deren Schluß die Bank zustimmt, daß der Zwangscours aufhöre. Hier haben wir Staatsmannschaft, aber wo kann sie bei uns gefunden werden?

Die französischen Colonien sind gering an Zahl und unbedeutend im Vergleich mit denen Großbritanniens, deren Bevölkerung nach Hunderten von Millionen zählt. Zur Zeit der Thronbesteigung Louis Philipps, 1830, standen die Ausfuhren Frankreichs zu denen Britanniens im Verhältniß wie 1 : 2. Jetzt stehen sie wie 2 : 3, trotz der schweren Verminderung, die aus dem Wegfall des Elsaß und Lothringens, zweier der reichsten Industrieprovinzen der Republik, entspringen mußten. Dem politischen Unbestand wurde so durch industrielle und monetäre Stabilität entgegengewirkt, und dies bis zu einem Grade, daß nicht allein Frankreichs Exporte schneller wachsen als diejenigen Britanniens, sondern daß es commerciell unabhängiger ist als jedes andere Land der Welt. Woher kommt dies? Daher, daß es seine Arbeiter durch Schutz gegen die britische „Kriegführung“befähigt, über die Häupter der Nationen hinwegzuschreiten, daß es so überall die Saaten jener Liebe zum Schönen ausstreut, worin eine wirkliche Civilisation besteht, und daß es überall die Concurrenz herausfordert und anspornt, während Britannien überall die Concurrenz vermittelst billiger Arbeit und schlechter Waare (shoddy cloth and cinder iron) zu ersticken sucht.

Bevor ich zur Betrachtung unseres eigenen Münzsystems übergehe, möchte ich die Aufmerksamkeit auf einige elementare Begriffe, bezüglich der Münzfrage überhaupt, lenken.

Menschen und Waaren werden vermittelst Schiffen, Eisenbahnen und Wagen von Ort zu Ort geschafft, und die Kosten, die dadurch verursacht werden, gehen unter dem Namen von Frachten oder Wegegeldern. In dem natürlichen Verlauf der Dinge werden, je vollkommener das Werkzeug wird, die Kosten für dessen Gebrauch geringer, und daher kommt es, daß eine Tonne Waare, die vor einem halben Jahrhundert 200 Dollar für das Vorrecht zahlte, 20 oder 30 Tage auf dem Wege nach Pittsburg zu verlieren, jetzt in 24 Stunden für [9] weniger als 10 Dollar sicherer dorthin geschafft wird, zum unendlichen Vortheil sowohl der Producenten wie der Consumenten. So ist es genau mit dem Gelde. Der Zinsfuß neigt zur Ermäßigung, wie die Menschen mit dem Fortschritt der Gesellschaft dazu übergehen, statt Viehes, Tabaks (Fußnote im Merkur: Bekanntlich bedienten sich die Alten des Viehes und gewisse Indianerstämme des Tabaks als Geld) und anderer schwerfälliger und in Anssehung des geleisteten Dienstes kostspieliger Tauschwerkzeuge, die edlen Metalle als Geld zu verwenden, bis sie endlich zu dem billigen Mechanismus der Wechselbriefe, Cheks, Anweisungen und circulirenden Noten gelangen.

Mit jedem Schritte in dieser Richtung sinkt der Zinsfuß, und daher kommt es, daß, während vor 3 Jahrhunderten der gesetzliche Zinsfuß in England 10% betrug, er jetzt so tief gefallen ist, daß 4% als der Durchschnitt angenommen werden kann. Der gesetzliche Zinsfuß von 5% war schon ohne thatsächlichen Bestand, ehe die Wuchergesetze abgeschafft waren. Ich werde jetzt zeigen, wie der Gang der Dinge bei uns war.

Hundertundfünfzig Jahre zurück, als Pennsylvanien erst etwa seit 40 Jahren existierte, wurde der gesetzliche Zinsfuß auf 6% festgesetzt. In dieser langen Periode sollte er bedeutend gefallen sein, und doch erforderte es erst noch vor zwei Jahren ernste Anstrengungen, um durch eine constitutionelle Maßregel alle Zahlungsverbindlichkeiten auf höchstens 10% zu fixiren. Als Grund für diese Forderung ward der Convention versichert, daß im ganzen Staate die Banken und Bankiers 4—6% für jederzeit zurückzuforderndes Geld zahlten und es dann zu 1% per Monat ausliehen, wodurch es für den Landwirth beinahe unmöglich wurde, Geld auf Hypotheken zu erlangen, außer durch Zahlung von Commissionsgebühren, durch welche der Zinsfuß auf 8—10% gebracht wurde. In Ohio beträgt der gesetzliche Zinsfuß 8%, 1/3 mehr, als er in diesem Staat zu einer Zeit gang und gäbe war, wo die eingeborenen Stämme noch nicht von den Ufern des Delaware verschwunden waren.

Die mehr westlichen Staaten sind mit Hypotheken belastet, die nominell 10%, aber in Wirklichkeit 1% oder mehr per Monat zahlen. Wer sind nun die Empfänger dieser großen Zahlungen für den Gebrauch des aus bloßem Credit bestehenden Tauschwerkzeuges, das die Einwohner des Westens unter einem anderen System sich mit gleicher Sicherheit selber schaffen könnten? Es sind Männer des Ostens, Bankiers, reiche Leute, die ängstlich nach der Wiederkehr jener guten alten Zeiten der Münzunabhängigkeit von Britannien ausschauen, wo alle Halbdutzend Jahre eine englische Krisis entstand, welche Fabrikanten und Kaufleute ruinirte und, wie es jetzt der Fall ist, Fabriken, Eisenbahnen, Häuser und Landgüter in die Hände des Sheriffs brachte und die Hypothekengläubiger in den Besitz ihrer Pfandobjecte für die Hälfte des Kostenpreises setzten.

Vor hundert Jahren war der gesetzliche Zinsfuß von Massachusetts nur 6%. Mit dem Wachsthum des Bankmonopols und [10] der beinahe vollständigen Einschränkung der Creditinstitute auf den Norden und Osten, erhob sich daselbst der Ruf nach Abschaffung der Wuchergesetze, damit die reichen Leute in den Stand gesetzt würden, vollständige Sicherhheit mit einem höheren Zinsfuß zu vereinigen. Bewilligt uns was, was wir verlangen, sagten sie, und ihr sollt niedrigere Zinsen haben, als ihr sie jetzt zahlt. Es ward bewilligt und städtische Hypotheken schnellten auf einmal um 1 oder 2% in die Höhe. Ländliche Hypotheken stiegen um 2, 3%, und wie ich gehört habe, sogar noch höher. Genau ebenso geschah es vor drei Jahren in Connecticut. Die Steigerung der Forderungen der Geldleiher, die auf die Abschaffung der Wuchergesetze folgte, war so groß und schnell, daß die erste nachfolgende Legislatur sich zu ihrer Wiederherstellung genöthigt sah.

Von allen Hindernissen des Wachsthums der Manufacturen, der Schifffahrt und des auswärtigen Handels kommt keines demjenigen gleich, welches aus den enormen Forderungen der hiesigen Banken, Bankiers und Geldverleiher überhaupt für den Gebrauch des Credits entspringt. Reichlich würdig einer halb barbarischen Nation, sind sie völlig unwerth, einem civilisirten Volke anzugehören. Eine Schätzung des Schadens, der hieraus auf tausend Wegen entspringt, würde Ziffern liefern, um ein Vielfaches größer als diejenigen, welche die jetzt in Circulation befindlichen Legal Tenders repräsentieren. Unendlich geringfügig, wie diese letzteren im Vergleich zu dem Werthe ihrer Verrichtungen immer gewesen sind, wirkten sie doch gewaltig in der richtigen Direction, und würden es ferner gethan haben, wäre nicht im Sommer 1865 die merkwürdige Bekehrung des Schatzsecretärs Mac Culloch zu den Baargeld-Doctrinen erfolgt. Die Schüler dieser Lehre erwarten Gutes von jenen hohen Zinsfüßen, die zuerst den unseligen Schuldner lähmen und ihn dann in die Hände des Sheriffs bringen, wie es jetzt in einem so schrecklichen Umfange hier und anderwärts geschieht. Daher kommt es, daß jene so beflissen sind, zu versichern, daß der Geldvorrath auf die Taxe, die für seine Benutzung aufgelegt wird, keinen Einfluß habe. Ebenso gut könnten sie versichern, daß der Ueberfluß oder die Seltenheit von Schiffen oder Häusern keinen Einfluß auf die Frachten oder Miethpreise hätte.

Von allen Zeichen wachsender Civilisation ist keines beweiskräftiger als dasjenige, welches sich in dem Sinken des Zinsfußes kundgibt. Dies Sinken des Zinsfußes ist eine Folge des wachsenden Vertrauens unter den Menschen selber und in die Zukunft der Nation; und wenn wir darin zurückgegangen sind, wie es zweifellos geschehen ist, so ist dies eine Folge von Bestrebungen, vor denen Mr. Raguet uns bewahrt wissen wollte, nämlich: für unseren heimischen Verkehr eine Tauschmachinerie von einem ähnlichen Charakter, wie die bei Nachbarvölkern gebräuchliche, aufrecht zu erhalten, die geeignet ist, uns in jedem Momente entzogen zu werden, mit Verderben für Alle, mit Ausnahme der sehr reichen Leute, die stets auf der Lauer liegen, um von einem Wechsel der Dinge Vortheil zu ziehen. Vor 37 Jahren sagte Mr. Albert Gallatin, damals Präsident der Nordamerikabank von Newyork vor einer Versammlung von Bankpräsidenten in scherzhaftem [11] Ton, aber mit vollem Recht: „Wir alle wissen, daß wenn eine Banknote auf ihrer Vorderseite ein Versprechen trägt, die darauf bezeichnete Summe in Münze zu bezahlen, die Voraussetzung beseteht, daß die Zahlung nicht gefordert werden wird.“ Mit anderen Worten hätte er sagen können: ‚Sobald britische Banken und Bankiers den Geldumlauf aufblähen, überschwemmen britische Fabrikanten unsere Märkte mit Waaren auf langfristige Credite. Geld und Credit ist dann im Ueberfluß bei uns vorhanden. Da baar Geld nicht nöthig ist, so dehnen unsere Banken, eine nach der anderen, ihre Darlehen aus und verleiten dadurch ihre Kunden, ihr Geschäft zu vergrößern, Schiffe und Häuser zu bauen und neue Eisenbahnen herzustellen. Ein Jahr oder zwei gehen vorüber und wir erfreuen uns einer sogenannten ‚Prosperität’. Dann jedoch kommt von jenseits des Oceans ‚ein mörderischer Frost’ in Gestalt von verweigerten neuen und entzogenen alten Crediten, mit allen anderen eine Krisis begleitenden Erscheinungen. Das wenige Baargeld, das wir zur Hand haben, wird uns entzogen: das Gold nach England und das Silber nach Frankreich oder Deutschland, und so müssen wir nothgedrungen auf Zahlung durch unsere Kunden bestehen, die meistens, unfähig zu zahlen, bankrott werden; wir unsererseits schreiten dann nach fruchtlosen Anstrengungen zur Suspension in der Hoffnung und dem Vertrauen, daß die Gesetzgeber ihr Mitleiden mit uns dadurch kundgeben werden, daß sie für ein Jahr oder zwei die Verletzung des Gesetzes, unter dessen Joch wir getrieben wurden, legalisiren.’

So ist die wahre Finanzgeschichte des Landes während der 70 Jahre, daß wir ein Tauschwerkzeug gleich dem in Frankreich, England und andern Industrieländern Europas üblichen zu brauchen uns glauben machten. In Zwischenräumen von einem halbdutzend Jahren wurde unser Geldbeutel von außen aufgebläht und der Ballon stieg dann, bis er plötzlich nach dem Willen fremder Bankiers niedergeschlagen wurde, mit Verderben für alle, die verleitet worden waren, Schulden aufzunehmen und die nun für sich und ihre Familien mit dem ihnen in alle Zukunft anklebenden Schandfleck des Bankrottes in die Welt gestoßen wurden. Eine Folge davon ist, daß von allen Leuten, die in unseren großen Städen Geschäfte treiben, 90% schon einmal Bankrott gemacht haben. Unter solchen Umständen wurde die Gründung von Creditinstituten von solcher Art und an solchen Orten, wie es in unserem weit ausgedehnten Lande nöthig wäre, gänzlich unmöglich, und in Folge davon betrug der gesammte Umlauf an Baargeld und Noten im Jahre 1860 bei einer ungefähr gleich zahlreichen Bevölkerung wie diejenige Frankreichs, einer Bevölkerung, die obendrein über einen halben Continent zerstreut ist und darum desto mehr brauchte, nur 270 Millionen Dollars, oder weniger als die Hälfte des Papiergeldes , das jetzt vom französischen Volke gebraucht wird, und nicht viel mehr als 2/3 der französischen Noten von 20 Dollars und darunter: des wahren Umlaufsmittels, das unsere Bouillonisten so eifrig aus der Circulation zu vertreiben gestrebt haben. Eine weitere Folge davon war, daß fast alle Geschäfte des Landes, [12] von dem Geschäfte des Hökers und Austernhändlers an bis zu dem des großen Pflanzers, auf Credit beruhen, wobei die contrahirenden Theile für die Zahlungsfristen verschiedene Zinsraten zahlen müssen, von 6% auf erste Hypotheken in Philadelphia und Boston, bis zu 20, 30 oder 50%, die von dem Landwirth an den Ladenhalter gezahlt werden, ja bis zu 100%, die von dem Arbeiter gezahlt werden, der seinen Lohn erst zu Ende der Woche erhält und Montags einwilligt, zu Ende der Woche 6 Cents für ein Laib Brod zu zahlen, das er gegen Kasse für einen halben Dime (5 Cents) oder selbst noch weniger gekauft haben würde. Niemals hat in wirklich civilisirten Ländern eine solche Allgemeinheit des Schuldenmachens bestanden, niemals sind in einem solchen Lande die wirklich arbeitenden Leute, die Landwirthe, Handwerker und Arbeiter, in solchem Umfange genöthigt gewesen, zu den Reichthümern der Wucherer beizusteuern, als dies bei uns der Fall ist, so erleuchtet wir zu sein behaupten.

Als die Rebellion kam, stellte sich bald, wie es nachher in Frankreich der Fall war, für die Regierung die Nothwendigkeit ein, dem Volke einen größeren Vorrath des Tauschwerkzeuges in Gestalt einer Greenbacknote darzubieten, die von den öffentlichen Kassen bei Bezahlung aller Steuern und Abgaben angenommen werden mußte und mit dem Zwangscourse ausgestattet wurde. Von diesen Greenbacks wurden im Ganzen nur 431 Millionen Dollars, oder wenig mehr, als was das bloße Plus zu dem Papierumlauf Frankreichs betrug, emittirt, und doch war der hervorgebrachte Effect ein beinahe magischer. Sogleich wurden alle Geschäfte mit Kasse abgemacht. Die Landwirthe und Gewerbtreibenden erhielten für ihre Waaren Geld in die Hand und zahlten Geld an die Handwerker und Arbeiter. Durch das ganze Land konnte man Darlehen zu einem zwischen 5 und 8% variirenden Zinsfuß erhalten. Der Landwirth konnte, befreit von der Zahlung wucherischer Zinsen, sein Land von den Hypotheken frei machen. Arbeit und Geschicklichkeit konnten jetzt über die Dienste des Tauschwerkzeuges zu bis dahin unerhörtem, billigem Preis verfügen; alle diese wunderbaren Wirkungen waren hervorgebracht durch eine in ihrem Charakter so gemäßigte Operation, daß für den Gebrauch unserer großen, vom Maine bis zum Rio-Grande und von Ocean zu Ocean zerstreuten Bevölkerung ein Vorrath des Tauschwerkzeugs geliefert wurde, der mit Hinzurechnung der bereits existirenden Tauschmittel geringer war, als derjenige, der jetzt unter den 37 Millionen Franzosen im täglichen Gebrauch ist, concentrirt wie dieselben sind auf einem viel weniger ausgedehnten Gebiete als das des einzigen Staates Texas.

Die erste Emission dieses Papiers war in Sicherheiten einlösbar gemacht, die auf Gold lauteten; doch nicht so die späteren. Der allgemeine Gedanke war richtig, aber es war ein Fehler, die Greenbacks in irgend einer Art mit dem Begriffe des Goldes in Verbindung zu bringen. Hätte Mr. Chase einen 6procentigen Currency-Bond, geschaffen, worin alle Greenbacks zu fundiren waren, so hätte er diese letzteren ad libitum emittiren und sicher sein können, daß nicht ein einziger über die wirklichen Bedürfnisse des Volkes hinaus, draußen [13] geblieben wäre, und seinem Nachfolger würde die peinliche Nothwendigkeit erspart gewesen sein, den Schatzamtssessel von ungestümen Drängern, Soldaten und Seeleuten, Gemeinen und Officieren, Contrahenten für Waffen und Schiffe, Kleider und Proviant, umgeben zu finden, deren Forderungen 800 Millionen Dollars repräsentirten und die so darauf brannten, Zahlung zu empfangen, daß sie sich, soweit ihre Forderungen groß genug waren, bereit erklärten, Schatzcertificate von zehntausend Dollar mit einem Verluste von 8 oder 10% gegen Greenbacks, anzunehmen. Nichts konnte alberner sein als dieses Ungestüm; für die Geldhändler jedoch war es sehr gewinnbringend. Aber bei solchen Bewandtnissen würde das Geld (sc. wenn man Greenbacks gemacht hätte) niemals zwischen 200 und 280 gestanden haben, wie es während der Verwaltung dieses Herrn der Fall war, noch würden wir seitdem die Vollendung jenes wiederholten Schuldenmachens erlebt haben, durch welches der öffentliche Schatz zu Gunsten von Banken, Bankiers, öffentlichen und Privat-Beamten hier und anderwärts so schwer besteuert worden ist.

Gegen den Schluß des Krieges wurde Mr. Mc Culloch in den Sessel des Schatzamtes gesetzt und von Lincoln in dem vollen Vertrauen angestellt, daß er ein entschiedener Protectionist und ein ebenso entschiedener Gegner der Einschränkung des Geldumlaufs sei. Daß er es noch im Mai, einige Wochen später war, weiß ich aus persönlichem Verkehr mit ihm. Nichtsdestoweniger entpuppte er sich schon drei Monate darauf und ohne daß irgend etwas die Ursache seiner Bekehrung erklären konnte, in Uebereinstimmung mit seinem damaligen Agenten in England als von einem ganz anderen Charakter, und dieser Bekehrung folgte im October sein Fort-Wayne-Decret, ein so schimpfliches Schriftstück nach meinem Dafürhalten, wie es kaum jemals aus dem Schatzamte eines civilisirten Landes hervorgegangen sein dürfte. Durch dasselbe wurden alle, die so unglücklich waren, Schulden zu haben, gemahnt, ihre Habe zu verkaufen und ihre Schulden zu zahlen; aber alle, die über Geld zu verfügen hatten, wurden gleichzeitig gemahnt, nicht zu kaufen; die Preise der Arbeit, der Materialien, der Häuser und Grundstücke seien alle zu hoch, und es sei der Entschluß des Schatzamtes, Alles auf einen niedrigeren Stand zu bringen. So wurde jenes bewundernswerthe System wiederhergestellt, welches, vor dem Kriege bestanden hatte, als jede britische Krisis über die Hälfte der Haushaltungen des Landes Verderben brachte, und die Zunahme des öffentlichen Vertrauens wurde so wirksam verhütet, daß Zinsen gezahlt wurden zwischen 6 und 200 %, wenn nicht gar bis zu 500 %. Kurz danach erstatte der Controleur des Papierumlaufs einen Bericht, aus welchem klar hervorging, daß der Gesammtbetrag von Banknoten, Greenbacks und zinstragenden Legal Tenders, die unter unserer Bevölkerung wirklich als Geld im Gebrauch waren, sich nur auf 460 Millionen Dollar belief, nur 80 Millionen Dollar mehr, als die Noten von 20 Dollar und darunter, die jetzt unter dem französischen Volke in Gebrauch sind, und um etwa 100 Millionen Dollar weniger als die geammten Noten, die unter einem Volke in [14] Gebrauch sind, das mehr als fast irgend ein anderes gewöht war, die edlen Metalle als die einzige Art von Geld zu betrachten, zu dem man Vertrauen haben könne. Fügt man zu den Noten die metallischen Münzen, die in diesem Lande (Frankreich) im wirklichen Gebrauch sind, so findet man, daß der wirkliche Geldumlauf um volle 50 % den damaligen Geldumlauf der Vereinigten Staaten überschreitet, dessen außerordentlicher Überfluß von einem Manne angeklagt wurde, der wenige Monate zuvor sein Amt als ein Gegner der Einschränkung erhalten hatte.

(Fußnote im Merkur: Die hier gegebenen Ziffern differiren bedeutend von denjenigen, die gewöhnlich als richtig angenommen werden. Die Differenz entspringt aber nur aus einer strengen Ausschließung aller Noten, die nicht im wirklichen Gebrauch außerhalb der Banken und im Publikum waren.)

Von dieser Zeit ist der Krieg gegen den Papierumlauf ununterbrochen bis zur Gegenwart fortgesetzt worden, und seine Heftigkeit stand in geradem Verhältniß zu den Wohlthaten, welche die wirklich arbeitenden Menschen des Landes aus dem Papierumlauf gezogen haben. Der Greenback, für dessen Benutzung die Nation nichts zahlt, wurde aus seiner Verwendung getrieben, um durch den 6procentigen Goldbond ersetzt zu werden. Dann kamen in regelmäßiger Aufeinanderfolge die 3procentigen Bonds mit Zinszahlung in Greenbacks; die zusammengesetzten verzinslichen Noten und die 7/30er, die alle schon lange wieder verschwunden sind. Um diese großen „Reformen“ zu Stande zu bringen, wurde das Schatzamt in eine große Fabrik von Bonds zum Export verwandelt und um einen auswärtigen Markt dafür zu schaffen, drang man wiederholt in den Congreß, das Land auf eine Stufe mit Spanien, der Türkei, Egypten und anderen halb civilisirten Ländern zu stellen und Sorge zu tragen, daß die Zinsen an der Londoner Börse zahlbar gemacht werden könnten; diese außerordentlichen und kostspieligen Operationen hatten, wie man uns versichert, den Zweck, jene zeitige Wiederaufnahme der Baarzahlungen mit den sie begleitenden Vortheilen für die bereits reichen Leute zu erreichen, gegen die sich der Herr Secretär Mc Culloch während der ersten Wochen seiner Verwaltung so entschieden auflehnte. Wiefern diese Maßregeln den angedeuteten Zweck erreicht haben, soll jetzt gezeigt werden.

Die Summe von Legal Tenders, die sich zur Zeit der vom Fort Wayne datirten Kriegserklärung gegen Alle, welche sich des Geldes und des Credites Anderer bedienten, wirklich im Umlauf befanden, wurde kurz danach, wie schon erwähnt, officiell auf einen viel geringeren Betrag angegeben, als der gegenwärtige Geldumlauf des kleinen Frankreichs, nämlich auf Doll. 460,000,000. Die auswärtige Schuld kann kaum größer gewesen sein als Doll. 250,000,000. Die Darlehen der Banken, die auf ihren eigenen Verbindlichkeiten gegen ihre Kunden (Depositen) basirt waren, können nicht genau angegeben werden , aber vermuthlich haben sie nicht mehr betragen als Doll. 300,000,000.

[15] Der Bevölkerung der loyalen Staaten, welche diese Umlaufsmittel im Gebrauch hatten, ohne sie für zu reichlich zu halten, hätten wir sodann die Bevölkerung des ganzen Südens hinzuzuzählen, der gänzlich von Creditinstituten entblößt war und kein monetäres Tauschwerkzeug irgend welcher Art besaß. Wir hatten Millionen von Sclaven in Lohnarbeiter verwandelt und füllten schnell das ganze Land westlich des Mississippi. Unter diesen Umständen schien es einleuchtend, daß es die Pflicht der Regierung sei, die Circulation, die von Mr. Chase für die loyalen Staaten geschaffen war, zu vermehren und zwar so weit, daß die südlichen und westlichen Staaten einigermaßen auf gleichen Fuß mit den nördlichen und östlichen gestellt würden. Eine Vermehrung von 300 Millionen Dollars Legal Tenders, die zur Ausgleichung der damals schwebenden Schuld ausgezahlt und in zinstragenden Bonds sicher gestellt worden wären, wie es zuerst geschah, würde Alle in den Stand gesetzt haben, an den Segnungen des Friedens Theil zu nehmen und würde die Production des Landes dermaßen angespornt haben, daß der Secretär der erniedrigenden Nothwendigkeit überhoben gewesen wäre, im Auslande nach Darlehen zu suchen, unter Verwendung von Menschen, die an der Verlängerung der Rebellion mitgearbeitet und daraus eine entgültige Revolution zu machen gestrebt hatten. Eine Maßregel dieser Art war, wie ich weiß, Herrn Fessenden einige Monate früher von einem der achtbarsten und geachtetsten Mitglieder der Neuengland-Delegation aufs Dringendste empfohlen worden. Die Einzelheiten kann ich nicht angeben, aber ich bin überzeugt, daß wenn damals dieser Rath angenommen worden wäre, wir alle diese finanziellen Unbilden der Vergangenheit und alle die Gefahren der Gegenwart vermieden hätten. Denjenigen, welche ruhig über die damalige Lage der Dinge und über die Bedürfnisse einer großen, fast über einen Welttheil zerstreuten Bevölkerung nachdenken, deren größerer Theil alle die Vortheile entbehrt, die aus dem Gebrauche von Checks und Anweisungen entspringen, kann es nur höchst auffallend erscheinen, daß es irgend eine Schwierigkeit gehabt haben sollte, dem Lande einen kaum größeren Geldumlauf zu geben, als derjenige, der gegenwärtig die Bedürfnisse des französischen Volks – concentrirt, wie es ist, auf ein Gebiet von geringerer Größe als einer unserer Staaten – nicht für überschreitend angesehen wird. Hätte man dies gethan, so würden heute der Greenback und der Gold-Dollar nahezu, wenn nicht völlig pari gegen einander stehen, und für die Landwirthe im Westen und die Pflanzer im Süden würde Credit um die Hälfte billiger erhältlich sein als nun.

Daraus würde freilich der Secretär keine Befriedigung schöpfen. Er mußte Gold haben, und zu diesem Ende wurden Bonds scheffelweise nach dem Auslande gesandt und der Erlös dafür in Waaren retournirt, die dem Staatsschatz reiche Zolleinnahmen verschafften, durch welche er in den Stand gesetzt wurde, schneller in dem Beginnen vorzuschreiten: die Regierungssicherheiten aus den widerstrebenden Händen unserer eigenen Bürger zu ziehen und sie in diejenigen der Fremden zu legen. Je schneller dies erreicht werden konnte, desto [16] größer wurde nothwendig der Betrag der Geldsummen, die auf Anlage warteten, desto umfangreicher wurden die Depositen und desto größer wurde die Macht der Banken und der Bankiers: jedes Project, das dem Publikum vorgelegt wurde, ob ehrenhaft oder nicht, zu unterstützen. Von Woche zu Woche wanderten mehr Bonds nach dem Auslande; ein Schatzagent nach dem andern ging übers Meer, und mit jedem Schritte wuchsen die Depositen einerseits und die Darlehen andererseits, bis endlich die Explosion von 1873 kam, die wir nun der im Sommer 1865 erfolgten, sonderbaren und noch unaufgeklärten Bekehrung jenes Ex-Finanzministers verdanken, der jetzt unserem Volke durch die Spalten der Newyork-Tribüne Lehren ertheilt. Vergleichen wir unsere gegenwärtige Lage mit derjenigen von 1865, so werden wir ein annähernd richtiges Bild in den folgenden Ziffern erhalten:


  1865 1875
 Gegenwärtiger Geldumlauf $ 500.000.000 $ 550.000.000
 Auswärtige Schuld $ 250.000.000 $ 1.600.000.000
 Darlehen aus Depositen $ 300.000.000 $ 650.000.000
  $ 1.050.000.000 $ 2.800.000.000

In dem einen Falle gab es Bank- und auswärtige Schulden von wahrscheinlich 700 Millionen Dollar, die auf einer sicheren Grundlage von mehr als der Hälfte dieser Summe ruhten. In dem andern können diese Schulden kaum auf weniger als auf 2,600,000,000 Doll. geschätzt werden, die auf einer stets kleiner werdenden und jetzt viel weniger als 400,000,000 Doll. betragenden Basis wackeln. Dies sind, wie ich ungefähr schätze, die Ergebnisse, bei welchen wir am Schlusse jener zehnjährigen Jagd nach Gold angelangt sind, die vom Herrn Secretär Mc Culloch unter vielen Schwierigkeiten angestellt wurde.

Was aber thun wir jetzt? Erweitern wir die Basis, oder tragen wir die Höhe des Oberbaus ab? Genau das Gegentheil; seit der Vertagung des Congesses hat der Secretär jenem Oberbau 20 Millionen Dollar hinzugefügt und die Eingänge dafür sind dazu bestimmt, unsere Bevölkerung zum Gebrauch von Silberzeichen zu zwingen, die man verfälscht, um ihre Ausfuhr zu verhüten und welche die billigen und kostenlosen Papierzeichen, die jetzt im Gebrauch sind, ersetzen sollen. Zwanzig Millionen Silber sind jetzt in den Schatz gelockt, um dort die Zeit zu erwarten, wo die Wiederaufnahme der Baarzahlungen in irgend einer Art sicher in Angriff genommen werden kann. Sie können unter der gegenwärtigen Geschäftsführung leicht bis zum Tage des jüngsten Gerichts dort bleiben und Zinsen zu 5% für alle Zeiten tragen.

Tagtäglich schwatzt man uns von der absoluten Nothwendigkeit, die Baarzahlungen wieder aufzunehmen als von dem Mittel, den Credit des Landes aufrecht zu erhalten. Was ist jedoch von Credit übrig geblieben? Unsere Agenten sind Monate lang im Auslande beschäftigt, mit schweren Kosten einen Umtausch von Darlehen zu negociiren, nicht größer im Betrag, als die auswärtige Anleihe, die von dem anscheinend fast ruinirten Frankreich ruhig in einem einzigen [17] Monat negociirt wurde. Deutschland besitzt 250 Millionen Dollar Bonds, auf die kein Zins mehr bezahlt wird, Eisenbahnpapiere haben aufgehört, auswärts einen Markt zu finden, unsere Makler und Bankiers sind durch schimpfliche Bankrotte jetzt derart discreditirt, daß die öffentliche Presse Europas den Entschluß ankündigt, ferner nichts mehr mit ihnen zu thun haben zu wollen. Niemals in der Welt ist ein solcher Zusammenbruch des Credits dagewesen, als der, welcher unter dem im Sommer 1865 so plötzlich adoptirten Contractionssystem Platz gegriffen hat. Niemals gab es einen größeren Contrast als denjenigen zwischen der Politik, die von dem einsichtigen und ehrenwerthen Finanzminister Frankreichs inmitten aller Beunruhigungen des Landes eingehalten wurde, und dem von unserem Secretär zu einer Zeit verfolgten Wege, da das Land aus einem großen Kriege mit einem Credit hervorgegangen war, wie es sich eines solchen niemals erfreut hatte, einem Credit so groß, als je ein anderes Land der Welt ihn hatte.

Die Verwirrung, unter welcher das Land leidet, besteht in Folgendem:

Erstens. Daß wir auswärtige Schulden und Bankschulden im Betrage von beinahe 3 Milliarden Dollars haben, die auf einer Greenbackbasis von weniger als 400 Millionen Dollars ruhen, so daß das Ganze eine große umgekehrte Pyramide bildet.

Zweitens. Daß unsere auswärtige Schuld jährlich um annähernd 200 Millionen Dollars anwächst und daß jeder Dollar davon nach Willkür der Besitzer hierher zum Verkauf zurückgebracht werden kann, so daß die Schuld eine auf Verlangen zahlbare ist.

Drittens. Daß das Schatzamt täglich das Fundament einschränkt, während es den Aufbau erhöht, wobei täglich die Gefahr wächst, daß das ganze schnell übereinander stürzt, ein Verderben verbreitend, das an Umfang alles, was wir bisher gekannt haben, überschreiten würde.

Viertens. Daß der Glaube an die Zukunft – jenes Vertrauen, das nach Richelieu, dem scharfsinnigsten der Staatsmänner, ein Kapital bildet, auf das wir zu jeder Zeit ziehen können – fast aufgehört hat und daß als eine Folge davon Fabriken, Manufacturen, Hochöfen und Bergwerke den Hunderttausenden nicht länger Beschäftigung geben, die gern arbeiten würden, um sich und ihre Familien ernähren zu können.

Fünftens. Daß durch die Vernichtung des Vertrauens, die das Schatzamt zu Wege gebracht hat, ein Kapital vernichtet worden ist, viel größer als der ganze Betrag unserer öffentlichen und auswärtigen Schulden zusammengenommen.

Die Maschine ist kopfschwer, es ist eine umgedrehte Pyramide, und jeder gesunde Mann im Lande, der da weiß, daß es so ist, sieht, daß eine Revulsion droht, größer als jene von 1873. Damit das Vertrauen wieder erwachen könne, müssen wir die Maschine wieder mehr in die Form einer wahren Pyramide bringen, müssen den Gipfel des Gebäudes abtragen und die Spitze erniedrigen, hingegen die Grundlage erweitern, statt sie einzuschränken. Zu diesem Ende wird [18] vorgeschlagen, einen niedrig verzinslichen Bond zu emittiren, der nach Belieben des Besitzers in Greenbacks convertibel sein muß, die ihrerseits jeder Zeit in Bonds reconvertibel sein müssen.

Dagegen wird eingewendet:

Erstens. Daß niemand solche Bonds annehmen würde. Die Antwort ist, daß, wenn die Leute es nicht thäten, man ihnen ohne Schaden die Wahl lassen kann. Ich für meine Person glaube jedoch, daß innerhalb fünf Jahren tausend Millionen Dollars unserer Schuld diese Form angenommen haben würden, mit unendlichem Vortheil für den Steuerzahler und mit solcher Zunahme des Vertrauens und der productiven Kraft des Landes, daß der Greenback-Dollar sich bald dem goldenen nähern würde.

Zweitens. Daß die Verminderung von Bankdarlehen, welche statthaben könnte, von einer solchen Verminderung des Vertrauens begleitet sein würde, daß der Ruin die Folge sein müßte. Darauf lautet die Antwort, daß der Glaube an die Zukunft – das Vertrauen – mit dem Anwachsen einer enormen Masse von Darlehen, die von Banken und Bankiers auf Grund eigener Schulden (Depositen) gemacht wurden, gesunken ist, und daß der Weg, das Vertrauen wieder herzustellen, darin besteht, die enorme Masse unächten Credits, woran das Land Ueberfluß hat, zu vermindern.

Drittens. Daß die so vorgeschlagenen Bonds von ähnlichem Charakter wie die französischen Assignaten, das continentale Papiergeld und die Bonds der Conföderirten seien. Die Antwort ist, daß sie nicht allein dem Besitzer eine gleiche Sicherheit wie die gegenwärtigen Bonds bieten, sondern eine bessere, weil das Volk weniger dadurch belastet wird.

Viertens. Daß Legal Tender-Noten durch die Verfassung nicht sanctionirt sind. Die Antwort ist, daß das Volk durch dieses Instrument (die Verfassung) dem Congresse die Vollmacht verlieh, für „die allgemeine Wohlfahrt“ zu sorgen, und dieser Körperschaft die erforderlichen Maßregeln, die diesen Zweck erfüllen können, vollkommen anheimstellte. Unter den Leuten, die am meisten diesen Einwand hervorheben, können viele von denen gefunden werden, die erst vor wenigen Jahren in jener Vollmacht alles fanden, was nöthig war, um die Emancipation von Millionen Sclaven zu rechtfertigen, deren Geldwerth nur vier Jahre zuvor nach Milliarden berechnet wurde.

Was wir heute zur Beförderung jener „Wohlfahrt“ vor allem bedürfen, ist die Aufrichtung jener Münz-Unabhängigkeit, welche aus einer vollkommenen Aufrechterhaltung der Herrschaft über die innerhalb unserer Grenzen gebrauchte Tauschmaschinerie entspringt, und die dem Golddollar die Erfüllung seiner Aufgabe: Ausgleichung der Rechnungen in der ganzen Welt, ermöglicht. Dieser wichtige Gedanke wurde zuerst von Mr. Raguet vor jetzt 36 Jahren verkündigt, und seine Gesundheit ist vollständig bewiesen:

Erstens. Durch die Erscheinung, daß Deutschland vor dem Jahre 1872, in Folge seiner Verwendung des Silbers als internen [19] Tauschinstruments, von allen aus auswärtigen Actionen entspringenden Münzstörungen befreit blieb.

Zweitens. Durch die Störungen, welche jetzt, unmittelbar auf seine Münzallianz mit Großbritannien gefolgt sind.

Drittens. Durch die Thatsache, daß in einer langen Reihe von Jahren Frankreich, das sich des fast nicht exportablen Silbers bediente, nicht allein unverletzt den britischen Krisen entwischt ist, sondern sogar bei zwei Gelegenheiten der Bank von England half, den von ihr selbst verursachten Sturm zu überwinden.

Viertens. Durch die bereits hervorgehobenen Thatsachen bei uns selber, in Bezug auf die große Krise von 1866, wo die Bank von England vor dem Bankerott dadurch bewahrt wurde, daß unser Umlaufsmittel ein nichtexportables war und verschiedene Jahre lang gewesen ist.

Der so gelieferte Beweis bezüglich der Vortheile, die aus dem zu allen inneren Zwecken hinreichenden Gebrauch eines nichtexportablen Tauschmittels entspringen, scheint mir so zwingend zu sein, daß ich mich der Hoffnung hingebe, es werden Viele, die bis dahin zweifelten, jetzt mit mir in der Billigung des Gedankens übereinstimmen, der zuerst von meinem hingegangenen Freunde Raguet ausgesprochen wurde, daß die Wiederannahme einer Goldwährung „unsere Geschicke so eng mit denjenigen Großbritanniens verflechten müsse, daß keine Erschütterung in dem Geldumlauf dieses Landes Platz greifen kann, die nicht unmittelbar und mächtig auf den unsrigen wirken würde, während andererseits keine Erschütterung unseres Geldmarktes statthaben kann, die nicht unmittelbar auf den britischen wirken würde, und dadurch die Preise der Baumwolle und des Tabaks, sowie anderer amerikanischer Producte auf den Märkten Europas zum Fallen bringt, zum großen Schaden unserer landwirthschaftlichen Interessen.“

Achtungsvoll, der Ihrige,

Philadelphia, 18. August, 1875.
Henry C. Carey.