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Kreativität im Zeitalter der künstlichen Intelligenz

von Chérine Sultan

Was ist die Sucht der nächsten Generation?

Experten der Neurowissenschaften ist es gelungen, unseren inneren Abschaltknopf zu entfernen: unsere Fähigkeit, aufzuhören, etwas anderes zu tun und unseren Willen und unser Handeln miteinander zu verbinden.

Junge Menschen verbringen auf TikTok Stunden damit, sich Videos anzusehen, die weniger als eine Minute lang sind! Hier gibt es ein Paradoxon! Man mußte sogar eigens eine Option hinzufügen, um die Anwendung nach 45 Minuten zu blockieren. Die Leute können ganze Tage (und Nächte) vor Fernsehserien verbringen, die nichts bringen. „Es kotzt mich an, aber ich schaue mir trotzdem die nächste Folge an“ - wie oft habt Ihr das schon gehört? Wir tappen in die Falle, weil das Drehbuch und der Schnitt alles tun, um unseren Appetit zu kitzeln und das Bedürfnis zu wecken, das Nächste zu sehen.

Die Definition einer Sucht besteht darin, eine Tätigkeit weiter auszuüben oder ein Produkt weiter zu konsumieren bis zu dem Punkt, an dem wir nicht mehr Freude empfinden, wenn wir es konsumieren, sondern Leid, wenn wir damit aufhören. Das Gefühl des kulturellen Leidens entsteht durch unsere Unfähigkeit, die Kontrolle über uns selbst zurückzuerlangen. Das bringen die Opfer der digitalen Technologie selbst zum Ausdruck, die sehr wohl erkennen, daß sie sich nicht mehr zurückhalten können, wenn sie der Versuchung nachgeben, am Bildschirm zu kleben: „Wir wissen, daß es nicht gut für uns ist, ja, wir wissen das, aber wir tun es trotzdem.“ Jawohl, wir sehen, daß wir weniger kreativ sind, wenn wir in diese Sucht verfallen - und genau das will die Oligarchie erreichen. Wir werden sehen, wie konsequent die digitalen Giganten dabei sind, ein antikreatives Mittel für einen antikreativen Zweck einzusetzen.

Brot und Spiele

Allerdings wurde das nicht erst im Zeitalter der digitalen Bildschirme erfunden: Schon der antike Zirkus nutzte diese Schwäche, um die Römer zu unterhalten. Das ist die Bedeutung des Ausdrucks „Brot und Spiele“.

Es scheint, daß bloßes Moralisieren nutzlos ist, weil der Abschaltknopf nicht mehr vom Willen gesteuert wird - nämlich jenem inneren moralischen Gefühl, das sich in dem „wir wissen, daß es nicht gut für uns ist“ ausdrückt. Daher wird auch der äußere moralische Druck eines Freundes, der uns mitfühlend rät, den Bildschirm abzuschalten, nicht wirksam sein.

Manchmal jedoch bedeutet Nächstenliebe, dem Nächsten einen freundlichen Tritt in den Hintern zu geben. Kennen Sie die Geschichte von Alypius, dem Freund des heiligen Augustinus? Der hatte sich immer geweigert, Gladiatorenkämpfe anzusehen - bis zu dem Tag, an dem ihn eine Gruppe von Freunden fast gewaltsam in den Zirkus schleppte. Seine Hände, die seine Augen bedeckten, in der Hoffnung, sich dieses Grauen zu ersparen, konnten seine Seele nicht schützen. Als er das schreckliche Schauspiel sah, wurde er Teil der blutrünstigen Menge. Sein Geist wurde unablässig an diesen Zirkus erinnert, was es ihm schwer machte, sich bei Augustinus auf seine Studien zu konzentrieren. Erst an dem Tag, an dem Augustinus die Zuschauer verspottete, indem er sie mit Sklaven verglich, nachdem er schon alle Hoffnung aufgegeben hatte, Alypius zu verändern, begann bei dem jungen Mann der Abschaltknopf wieder zu funktionieren.

In Alypius gewann die Vernunft schließlich wieder die Oberhand, weil er schon vorher Zugang zu etwas anderem gehabt hatte. Bei Kindern erfordert ihr kindlicher Grad an Autonomie und intellektueller Erfahrung, daß die Eltern ihnen bereichernde Aktivitäten und Freizeitmöglichkeiten bieten und eine legitime Zeit der Unterhaltung regeln, weil ihre Emotionen Achterbahn fahren und sie ein Ventil zur Entspannung benötigen.

Doch ab einem gewissen Alter ist die Lösung anders, anspruchsvoller - und schwieriger umzusetzen. Die Emotionen junger Erwachsener mögen immer noch Achterbahn fahren, aber ihr Intellekt beginnt, die Grenzen zu überschreiten, die er in der Kindheit hatte, und er verlangt nicht mehr, sich zu entspannen, er will sich immer mehr entwickeln und herausgefordert werden. Deshalb stellen Zeit und Art der Unterhaltung, die ein Kind befriedigt, einen Erwachsenen nicht mehr zufrieden: Wir wollen, daß unsere Unterhaltung uns auch intellektuell nährt. Viele Menschen lieben Netflix, weil es bereichernde Geschichten bietet.

Das Problem der Kultur bei jungen Erwachsenen und bei Erwachsenen überhaupt steht im Einklang mit dem, was viele als schädliche Auswirkungen der Konsumgesellschaft erkennen: der Wunsch, sich persönlich zu bereichern, während man nichts für andere tut. Wenn es jedoch um Kultur geht, ist es viel klarer, daß wir andere nicht bereichern werden, indem wir den Konsum reduzieren. Über das Teilen des Reichtums hinaus besteht daher die Notwendigkeit, die kulturelle Produktion neu zu beleben und zu überdenken.

Tatsächlich sind auch die scheinbar intellektuellen Teile unserer Kultur Fallen, die viele von denen einfangen, die behaupten, über den Tellerrand hinauszuschauen, indem sie „alternative“ Autoren lesen und „dissidente“ Kanäle schauen. Sie stellen eine Denkweise nicht in Frage, die durch diese beiden Kulturen - Massenkultur und Dissidentenkultur - induziert wird: Ich spreche vom Pessimismus. Wir werden darauf zurückkommen, aber wir können schon jetzt sagen, daß die Alternative zur Sucht 2.0, um diesen „Abschaltknopf“ wiederherzustellen, das Engagement ist.

Der „Fußabdruck“ der digitalen Welt

Wie viel vom weltweiten Stromverbrauch wird Ihrer Meinung nach vom digitalen Sektor verbraucht? Zehn Prozent! In Bezug auf die Treibhausgase entspricht das dem Luftverkehrssektor. Wenn ich also höre, der Lockdown sei ein Geschenk des Himmels für den Planeten, muß ich lachen, denn sämtliche Aktivitäten werden auf die Bildschirme verlagert, sowohl fürs Home Office als auch für die Freizeit. So viele junge Leute haben mir gesagt: „Weißt du, Netflix war während des Lockdown sehr nützlich für uns.“ Alle diese Energie dient kurz gesagt dem Datentransfer und der Speicherung auf den Servern.

Einige Zahlen zur Veranschaulichung meines Standpunktes:

- Online-Videos machen über alle Plattformen hinweg 75% des Internetverkehrs aus - in zwei Jahren werden es schätzungsweise 82% sein.

- Netflix liegt bei 13%, YouTube bei 9% und Facebook bei 3%.

- Ein zehnstündiges HD-Video (eine ein- bis zweitägige Konferenz) erfordert so viele Daten wie die gesamte englischsprachige Wikipedia.

- In Frankreich entfällt die Hälfte des Datenflusses auf vier Betreiber, darunter Netflix, auf das ebenso viele Daten entfallen wie auf die drei anderen, Google, Facebook und Akamai Technologies, wo zahlreiche Webseiten angesiedelt sind.

Welchen Nutzen haben all die von diesen Plattformen gesendeten Daten? Ihre Gewinne stammen aus der Werbung. Die Werbung richtet sich an den einzelnen Benutzer, und das bedeutet, daß man den Geschmack des Benutzers kennen muß. Je mehr Videos angeschaut werden, desto mehr Daten über die digitalen Vorlieben der Benutzer werden analysiert, und desto mehr Möglichkeiten gibt es, gezielt Werbung zu senden, und desto mehr Aufrufe! Also... je mehr Werbung finanziert werden muß, desto mehr wird es geben. Das ist ein Hund, der seinen eigenen Schwanz jagt!

Der freie Wille in den digitalen Plattformen

Reed Hastings, der Gründer von Netflix, gibt dies zu: „Wir konkurrieren mit dem Schlaf.“ Die Plakatkampagne „U-Bahn - Arbeit - Netflix“ war wohldurchdacht. Dieser Ausdruck ersetzt den Refrain „U-Bahn - Arbeit - Schlaf“ über das Leben abgestumpfter Arbeiter. Und das wird nicht aufhören, denn der Datenverkehr nimmt jedes Jahr um 25% zu, d.h. er verdoppelt sich in drei Jahren und verdreifacht sich in fünf Jahren. Wir sind in die Ära des „Dataismus“ eingetreten.

Konkret ist die Werbung nicht genug. Wie funktionieren digitale Plattformen, um Sie süchtig zu machen? Kennen Sie die Namen der Waffen, die den Abschaltknopf zerstört haben?

Es gibt zwei Techniken, die in Kombination funktionieren:

1. Unendlichkeit: der unendliche Faden, der auf Facebook auf Ihrer Seite läuft, sowie die Autoplay-Funktion für YouTube oder Google, die direkt das folgende Video startet. (Ich habe von einem System namens Minimal gehört, das dazu dient, Autoplay zu blockieren: Es lohnt sich, sich damit auseinanderzusetzen.)

2. Ähnlichkeit: Benachrichtigungen und Empfehlungen ähnlicher Inhalte, die Sie auf das beschränken, was Sie bereits wissen und mögen. Weil sie es „Vorschläge“ nennen, lassen sie Sie glauben, daß Sie etwas Neues entdecken werden.

Ähnlichkeit - auch dieses Wort ist wichtig. Es wurde den antikreativen Prinzipien von John Lockes Ideen über „Kontakt, Ähnlichkeit und Ursache und Wirkung“ entnommen. Ähnlichkeit kombiniert mit Unendlichkeit ist der Schlüssel zum Erfolg der Kybernetik.

Haben Sie den Begriff Kybernetik schon einmal gehört? Er stammt aus dem Team von Norbert Wiener - dem Mann, den LaRouche als ersten grundlegend widerlegt hat. Ich ermutige Sie, diese Geschichte zu studieren, die die Frage der menschlichen Kreativität mit großer wissenschaftlicher Strenge aufwirft.

Einfach ausgedrückt, versuchte Wiener, ein Programm zu schaffen, das menschliches Verhalten in Situationen vorhersagen kann, die er als nichtlinear bezeichnet. Mit „nichtlinear“ meint er, daß Menschen im Gegensatz zu repetitiven mechanischen Systemen Entscheidungen nach ihrem freien Willen treffen. So weit, so gut.

Deshalb müsse im Falle des freien Willens per Definition eine Wahl getroffen werden. Im Hinblick auf die Kommunikation entspreche diese Wahl einem Mangel an Information. Um eine Vorhersage treffen zu können, müsse man sie in Information umsetzen und durch Rückkopplung verifizieren.

Wiener verwendet das Argument der statistischen Gastheorie, die zur Entropie führt. Entropie wird gleichgesetzt mit Unordnung, wie z.B. einem Mangel an Information.

Ich bin sicher, daß Sie hier nicht ganz folgen konnten, denn diese Begriffe sind etwas abstrakt und kompliziert. Daher begnügen Sie sich mit dem, was Sie verstehen, nämlich mit dem „freien Willen“, einem Konzept, das in der Mitte des 20. Jahrhunderts, in dem dieser Wiener aufgewachsen ist, in Frage gestellt wurde. Sie können also glücklich sein, weil wir ein System haben, das den freien Willen anerkennt und in seinen Vorhersagen berücksichtigt, und das von sehr hochrangigen Forschern. Das ist der Gipfel der Demokratie und des Fortschritts?!

Doch Vorsicht. Ich möchte eine Bemerkung zum freien Willen machen. In der Kybernetik wird der freie Wille tatsächlich durch den Programmierer begrenzt, der begrenzte und bereits existierende Arten von Entscheidungen in seine Analyse integriert. Wie könnte es anders sein? Letztendlich muß man ja ein Programm erstellen!

Die Ausgabe des Programms erfolgt dann mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitstheorie und der Statistik. Welche Entscheidung wird mit größerer Wahrscheinlichkeit getroffen als eine andere? Um immer genauere Ergebnisse zu erhalten, muß die Maschine eine immer größere Datenmenge einbeziehen. Und wenn ein Fehler auftritt, wird der Programmierer zu dem Urteil kommen, daß die Daten unzureichend sind. Wieder einmal jagt der Hund seinen eigenen Schwanz.

Hierfür wurde eine Art Subunternehmer geschaffen: der Konsument mit seinen „Klicks“, die die Maschine korrigieren müssen, damit sie besser lernt (im sogenannten „Tiefen Lernen“). Es gibt viele andere digital verwandte Subunternehmer, wie Verkäufer auf Kommissionsbasis oder Paketzusteller, die in Filmen wie Sorry We Missed You von Ken Loach dargestellt werden - und die Ironie dabei ist, daß man solche Filme im Streaming ansehen oder bei Amazon bestellen kann.

Um auf das Problem von Daten und Menge zurückzukommen, kann man sich einen Grund vorstellen, warum die Trump-Administration TikTok und WeChat verbieten will: Neben der Angst vor Spionage und Einmischung ist das vor allem die Angst, China Zugang zu einem Ozean von Daten zu verschaffen, der ihm Durchbrüche in der künstlichen Intelligenz ermöglichen würde.

Was sind also Ihrer Meinung nach die Ziele der Kybernetik? Kybernetik kommt von dem griechischen Wort κυβερνήτης (kybernetes), was „regieren“ bedeutet.

Man hat schon oft über die kommerziellen Anwendungen gesprochen: Produkte zu verkaufen ist nichts Neues. Ein weiterer zugegebener Aspekt von Netflix, der leicht zu verstehen ist, ist politischer Natur: Menschen in Schlaf versetzen, ihre Aufmerksamkeit ablenken.

Ein weiterer Aspekt ist die soziale Kontrolle. Dazu gehört die Überwachung, die ja nicht alle beunruhigt, wie diejenigen, die denken: „Ich habe nichts zu verbergen. Beobachtet mich ruhig, beobachtet, was ich tue, ich lasse mich nicht manipulieren, da können Sie sicher sein.“

Ich stimme dieser Geisteshaltung zu und unterstütze sie. Aber Vorsicht! Denn soziale Kontrolle bedeutet mehr als nur Überwachung: Sie ist auch Orientierung, der Akt, der die Menschen dazu bringt, in einer bestimmten Weise zu denken. Genau wie in der Werbung wollen sie nicht nur wissen, was Sie mögen, und Ihren Geschmack überwachen, um Ihnen zu verkaufen, was Sie mögen, sie werden sogar voraussagen, was Ihnen gefallen wird, noch bevor Sie selbst es wissen. Genau wie in der Massenkultur wollen sie nicht nur wissen, welche Fernsehserie Sie an den Bildschirm fesselt und von Widerstand und politischem Handeln ablenken wird, sie werden Sie auch von bestimmten Meinungen überzeugen, noch bevor Sie selbst sie formulieren können, und ohne daß Sie überhaupt verstehen können, wie Sie zu einer solchen Schlußfolgerung kommen.

Der Optimismus wird zerstört

Was ist das vorrangige Ziel der Oligarchie, um uns zu einer bestimmten Denkweise zu bewegen? Den Optimismus zu zerstören! Denn es ist Ihre Sicht der Welt, die bestimmt, ob Sie zum Handeln getrieben werden.

Und vor allem: Auf welcher Ebene können wir eingreifen - bei den Ursachen oder bei den Wirkungen? Ja, die Folgen der Pandemie sind katastrophal. Ja, der Mensch zerstört und richtet Schaden an. Ja, die Auswirkungen sind schlimm. Ja, wir müssen die Folgen bekämpfen, um die negativen Auswirkungen zu verringern. Aber ist das die Ebene, auf der wir wirksam handeln können?

Engagieren Sie sich im humanitären und sozialen Bereich, wenn Sie die physische und moralische Energie dazu haben - ja und dreimal ja! Aber stellen Sie sich vor, daß Sie eines Tages frustriert sein werden, weil Ihre Handlungen, selbst wenn sie durch das Engagement weiterer Personen verzehnfacht werden, niemals ausreichen werden, um die Maschinerie der Zerstörung aufzuhalten, Ihre Energie wird dazu nicht ausreichen.

Konzentrieren Sie sich statt dessen auf die Ursachen und geben Sie nicht auf. Das ist der Auftrag, den uns Lyndon LaRouche gegeben hat. Handeln Sie auf dieser Ebene - dreitausend Mal ja!

So denken wie Kepler

Wie meine keplerianischen Freunde vorhin gezeigt haben, besteht die wahre Rolle der Wissenschaft darin, die Ursachen der Phänomene unseres Universums zu verstehen. Und von diesem Standpunkt aus sind die Neurowissenschaften - „dank“ Norbert Wiener - wissenschaftsfeindlich, weil sie versuchen, menschliche Phänomene zu interpretieren, indem sie sie elektrisch beobachten und in digitale Sprache übersetzen. Ist das die Art und Weise, wie Kreativität funktioniert?

Kepler tat etwas zu seiner Zeit Unvorstellbares: Er bewies, daß die Planetenbewegung keine Kreisbahn ist, obwohl der Kreis die perfekte Form hat und die Himmel perfekt sein müssen, weil sie von Gott geschaffen wurden. Er revolutionierte die Wissenschaft, und das anhand einer kleinen Anzahl von Messungen. Drei Maße ergeben einen Kreis, jeder Satz von drei Maßen ergibt einen anderen Kreis. Es bedurfte nur einer vierten Messung aus einem anderen Kreis, um zu beweisen, daß die vom Planeten erzeugte Bewegung absolut kein Kreis sein kann, sonst wären es ständig wechselnde Kreise! Brahe konnte sehen, daß seine Daten in dem einen oder anderen System unter den bestehenden Hypothesen nicht auf einen einfachen Nenner zu bringen waren. Er war gezwungen, zu tüfteln, um die offensichtlichen Anomalien zu verbergen. Aber in Wirklichkeit waren die Anomalien keine Anomalien: die Denkweise selbst war eine Anomalie. Sobald man den wahren Weg des Planeten verstanden hatte, wurden die „Anomalien“ auf einmal sehr kohärent.

Es ist der Geist der Hypothese, der es dem Menschen erlaubt, eine gezielte Herangehensweise, eine Absicht bei der Datenaufnahme zu verfolgen und vorhandene Messungen zu sortieren. Das erlaubt ihm, Rechenzeit zu sparen und eine entscheidende Demonstration zu erreichen.

Computer können nichts beweisen

Ein Computer verfügt nicht über diese Fähigkeit. Er mag im Vergleich zum Menschen eine unermeßliche Rechenkapazität haben, aber seine Berechnungsmethode wird niemals ein Schlüssel zur Demonstration sein.

Tatsächlich ist es vergebliche Mühe, zu versuchen, mit einem Computer etwas zu beweisen, weil das eigentliche Prinzip der Demonstration die Suche nach der Wahrheit ist. Glauben Sie, ein Computer hat die geringste Vorstellung davon, was eine Wahrheit ist? Hat er die Idee einer Idee? Was ist ein Kreis? Ist ein Kreis eine Menge von Punkten? Nein, denn zwischen zwei Punkten wird es immer einen Raum geben, während ein Kreis zunächst einmal eine ununterbrochene Linie ist. Es ist eine Bewegung, etwas, das in der Welt des Computers keine Bedeutung hat. Für ein solches Berechnungssystem bedeutet auch ein Kreis nichts, sinnvoll sind dort nur durch Koordinaten definierte Punkte.

Im weiteren Sinne wird niemals eine Maschine den menschlichen Geist verstehen können. Deshalb wird die Strategie benutzt, uns mit den digitalen Riesen - Apple, Amazon, Google, Microsoft, Facebook - von allen Seiten einzuhegen, um uns von der Kreativität abzulenken.

Kreativität ist unvereinbar mit statistischen und Wahrscheinlichkeitssystemen. So hat LaRouche Wiener widerlegt. Während seines Studiums der mathematischen Biophysik stellte LaRouche in der Zeit von 1948-52 Paradoxien in Modellen lebender Prozesse fest. Ich zitiere aus seiner Autobiographie:

„Lebensprozesse funktionieren weiter, auch wenn die herkömmliche mathematische Analyse der Entwicklung nicht mehr folgen kann. Ich folgerte daraus, daß es eine Funktionenklasse höherer Ordnung geben müsse, die alle gewöhnlichen mathematischen Funktionen als Sonderfall enthält.“

Aus seinen Werken schließt LaRouche folgendes: „Daß ich diesen Denkfehler Wieners begriff, ermöglichte meine Entdeckungen auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaft und ist mithin der Schlüssel zu meinem heutigen internationalen Einfluß.“

Besonders witzig ist es, wenn ein Prinzip entdeckt wird, noch bevor man die entsprechenden Daten beobachtet hat. Und genau das hat Einstein mit der Allgemeinen Relativitätstheorie getan, er stellte die Hypothese auf, daß ein Phänomen mit Gravitationswellen auftritt, das erst ein Jahrhundert später beobachtet werden konnte. Eine Maschine hätte das nie erreichen können. Der andere Witz: Wissen Sie, wer die erste Rechenmaschine konzipiert hat? Kepler und seine Freunde.

Chérine Sultan/Frankreich, hielt diese Rede bei der internationalen Jugendkonferenz des Schiller-Instituts am 26.9.2020