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Verfassungskampf in den USA: Daniel Ellsberg unterstützt Snowden

Der bekannte amerikanische Militäranalytiker Daniel Ellsberg, der 1971 die klassifizierten "Pentagon-Papiere" über den Vietnamkrieg verbreitete und in einem Gerichtsprozeß angeklagt worden war, hat am 8.7. in der Washington Post erneut Edward Snowden unterstützt. Sein Verfahren war 1973 eingestellt worden, nachdem u.a. illegale Abhörmethoden der Regierung nachgewiesen werden konnten.

Ellsberg sagte in dem Beitrag, diejenigen, die Snowden dafür angriffen, daß er sich nicht den US-Justizbehörden stelle, wie er das selbst damals nach der Veröffentlichung der "Pentagon-Papiere" getan hatte, hätten unrecht. "Das Land, in dem ich lebte, war ein anderes Amerika, das war vor langer Zeit." Er erinnert daran, daß er seinerzeit auf Kaution freigelassen wurde und während seiner zweijährigen Anklage mit Zeitungen sprechen und Reden bei Demonstrationen und öffentlichen Veranstaltungen halten konnte. "Ich gehörte schließlich zu einer Bewegung, die den Krieg beenden wollte. Diesen Krieg zu beenden, darum ging es mir vor allem. Das hätte ich nicht außerhalb des Landes tun können und deshalb dachte ich nie daran, die USA zu verlassen. Diese Erfahrung könnte man heute nicht wiederholen. Schon gar nicht würde ein Gerichtsverfahren [wie damals das seine, ed.] wegen Handlungen des Weissen Hauses gegen den Angeklagten beendet werden, die in der Ära von Präsident Nixon ganz klar kriminell waren. Das spielte auch eine Rolle bei Nixons Rücktritt angesichts eines drohenden Amtsenthebungsverfahrens. Heute werden solche Maßnahmen [wie damals] gegen einen Angeklagten (einschließlich eines Versuches, mich 'völlig kampfunfähig zu machen'), als legal betrachtet."

Ellsberg sagte, er hoffe, daß Snowden eine Bewegung zur Rettung der Demokratie in Amerika bewirken könne, aber das sei mit Sicherheit nicht möglich, "wenn er hiergeblieben wäre." "…Dann würde er mit größter Wahrscheinlichkeit in totaler Isolierung gehalten, und das noch länger als die acht Monate, die [Brian] Manning während seiner dreijährigen Inhaftierung durchmachen mußte, bevor jetzt kürzlich sein Gerichtsprozeß begann." Snowden habe Amerika "seine beste Chance gegeben – wenn wir auf seine Information und seine Herausforderung eingehen – nämlich uns selbst aus einer Überwachung zu retten, die außer Kontrolle geraten ist und die alle praktische Macht an die Exekutive und ihre Geheimdienste übergibt: eine Vereinigte Stasi der USA (a United Stasi of America)."
http://www.washingtonpost.com/opinions/daniel-ellsberg-nsa-leaker-snowde...

Ellsberg hatte schon am 5. Juni 2013 gesagt, er sei sich sicher, daß Präsident Obama in seinem Fall heute versuchen würde, ihn zu lebenslanger Haft zu verurteilen (Interview zu Brian Manning/Wikileaks, Washington Post). http://www.washingtonpost.com/blogs/wonkblog/wp/2013/06/05/daniel-ellsbe...

Es wäre sicher verfehlt, die Enthüllungen über die NSA-Überwachungsprogramme und den Widerstand dagegen als isolierte Ereignisse zu betrachten. Immer mehr prominente Stimmen – und zwar aus dem liberalen Lager wie auch aus führenden Militärkreisen in den USA - beziehen gegen die britisch-imperial dominierte Politik Präsident Obamas Stellung. Daß die kontrollierten Medien in Deutschland nicht darüber berichten, ändert nichts an dieser Tatsache. Snowdens Bekanntmachen der Ausspähaktivitäten der amerikanischen Geheimdienste innerhalb der Vereinigten Staaten sowie gegen die „Verbündeten“ der USA in Europa und Asien sind nur die jüngsten einer ganzen Serie von zeitlich aufeinanderfolgender Enthüllungen über illegale und verfassungswidrige Programme, die unmittelbar nach den Anschlägen des 11.9.2001 unter der Bush-Regierung in Gang gesetzt wurden und unter Präsident Obama sogar noch massiv ausgeweitet wurden.

Verantwortliche Regierungsbeamte sind offenbar zu dem Schluß gekommen, dem Machtmißbrauch der Exekutive in den letzten 12 Jahren jetzt ein Ende zu setzen - bevor die Republik in den Vereinigten Staaten ganz zu Grabe getragen wird. Die Enthüllungen begannen vor zwei Monaten mit Anhörungen über den Anschlag vom 11.9.2012 in Bengasi/Libyen, bei dem der US-Botschafter Christopher Stevens und drei weitere Botschaftsmitarbeiter getötet wurden. Mitarbeiter des US-Außenministeriums und der CIA enthüllten dabei Aspekte der Vertuschung der wahren Ereignisse in Bengasi, und ein libyscher Waffenhändler gab Interviews, in denen er bestätigte, daß Präsident Obama spätestens seit April 2012 verdeckt Waffen aus Libyen an die syrischen Rebellen liefern ließ. In beiden Punkten hatte der Präsident ganz offensichtlich die Öffentlichkeit belogen. Als nächstes kam heraus, daß die Steuerfahndung benutzt wurde, um gegen konservative und progressive Gruppen vorzugehen, die die Regierung Obama kritisierten, gefolgt von Enthüllungen, daß das FBI und die NSA Reporter von Associated Press und Fox News ausgespäht hatten. Dann machten Snowdens Berichte über das massive Inlands-Ausspähprogramm der NSA Schlagzeilen. Was immer der Ausgang der „Snowden-Affäre“ sein wird, die kumulierte Wirkung all dieser Enthüllungen ist gewaltig.

Die europäischen Regierungen sind zunehmend in der peinlichen Lage, über ihre eigene Kollaboration Rechenschaft abzulegen. Vor allem aber kommt der führenden Rolle Großbritanniens in der ganzen Affäre besondere Bedeutung zu - was sich jüngst zeigte, als London eine formelle Untersuchung der EU über die NSA-Ausspähprogramme blockierte. Diese wurden in enger geheimer Partnerschaft mit Großbritanniens eigenem riesigen Ausspähprogramm des Kommunikations-Hauptquartiers der Regierung (GCHQ) im englischen Cheltemham durchgeführt.

Es ist also in Europa höchste Zeit, die Macht eines "Empire" zu beenden, das offenbar mit allen Mitteln versucht, eine Glass-Steagall-Reorganisation seines bankrotten Finanzsystems und die Rückgewinnung der Souveränität der Nationen und die Verpflichtung auf das Gemeinwohl zu verhindern. Der Kampf in den USA für die nicht-imperiale Verfassung und für die Menschenrechte ist dabei ein wesentlicher Bezugspunkt freiheitsliebender Bürger in den europäischen Nationen.

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