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Thermonukleare Konfrontation oder „Win-Win“-Kooperation bei der Neuen Seidenstraße?

[i]Von Helga Zepp-LaRouche[/i]

Getarnt durch Reden mit gespaltener Zunge – Schönfärberei auf der einen, unverblümte Drohungen auf der anderen Seite – betreibt die Obama-Administration, angestoßen von Cameron, gegenwärtig eine ganze Reihe von strategischen Konfrontationen gegen Rußland und China, die den Anspruch der USA auf eine unipolare Welt zementieren sollen. Die Entscheidung des Pentagon, ab Anfang 2017 eine komplette US-Panzerbrigade an die russische Grenze entlang der baltischen Staaten zu verlegen, gehört dazu ebenso wie die Ansicht, das mobile Thaad-Raketen-Abwehrsystem nach Südkorea zu verlegen, das China entschieden ablehnt, weil dessen Reichweite auch die chinesischen Sicherheitsinteressen massiv betrifft, oder die andauernden Provokationen im Südchinesischen Meer, sei es durch die Verweigerung der Anerkennung des Rechts Chinas, sogenannte ADIZ-Zonen (Air Defense Identification Zone = Luftraumüberwachungszone) einzurichten, sei es durch Marine- und Aufklärungspatrouillen unter dem Vorwand, die „Freiheit der Meere“ verteidigen zu müssen, die China jedoch gar nicht in Frage stellt.

Rechtzeitig zum 4. Nuclear Security Summit in Washington schrieb Präsident Obama in einem Gastkommentar in der [i]Washington Post[/i], er schließe die Entwicklung neuer Atomsprengköpfe aus und habe auch die Eventualfälle für den Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Nuklearwaffen reduziert. Das Problem bei dieser Aussage besteht darin, daß sie, um es diplomatisch auszudrücken, falsch ist: Die Obama-Administration hat nicht nur rund 350 Milliarden Dollar für die Modernisierung von Atomwaffen zugewiesen, diese Programme sollen diese Waffen auch einsatzfähiger machen, wie u.a. Hans Kristensen von der Federation of American Scientists wiederholt ausgeführt hat. In seinem Blog berichtete Kristensen am 25. März von einer Anhörung im Senats-Haushaltsausschuß, bei der die Senatorin Dianne Feinstein Vertretern der Obama-Administration, die diese Modernisierung verteidigten, entschieden widersprach. „Diese sogenannten Verbesserungen dieser Waffen (gemeint sind die in Deutschland stationierten B61-12-Bomben und die Long Range Standoff LRSO Cruise Missiles) scheinen, um ehrlich zu sein, dafür konzipiert zu sein, sie einsatzfähiger zu machen, einen begrenzten Nuklearkrieg zu kämpfen und zu gewinnen… Das ist unvorstellbar, vor allem wenn wir über eine konventionelle Überlegenheit verfügen, die ausreichend ist, falls ein Gegner eskaliert… weil dies nur die Kriegsführung anheizt, ebenso wie die Zahl der Todesopfer“, betonte Feinstein.

Das genau dies die Absicht ist, bestätigte dann sehr eindeutig NATO-Kommandant General Breedlove, auch unter dem Spitznamen „Dr. Strangelove“ bekannt, in Riga bei der Bekanntgabe der permanenten Rotation von 4200 Mann der US-Panzerbrigade ab 2017: „Wir sind darauf vorbereitet zu kämpfen und zu gewinnen, wenn wir das müssen… Unser Fokus wird ausgeweitet von der Verteidigung der Sicherheit zur Abschreckung, einschließlich von Maßnahmen, die unsere Einsatzbereitschaft massiv verbessern werden“, so Breedlove. Dies sei nötig „als Antwort auf ein wiedererwachendes und aggressives Rußland.“ Die Unterstellung, Rußland plane einen Einmarsch in die baltischen Staaten, ist nichts als schwarze Propaganda.

In die gleiche Kategorie gehören die immer wieder neu aufgelegten Kampagnen zur Dämonisierung Wladimir Putins, die ebenfalls international koordinierte Kampagne gegen Präsident Xi Jinping, ebenso wie die schamlos offen betriebenen Kampagnen für Regimewechsel gegen Dilma Rousseff in Brasilien oder Präsident Zuma in Südafrika als führende Vertreter der BRICS-Staaten.

In wohltuendem Gegensatz zu dieser Kriegstreiberei unterstrichen sowohl Außenminister Kerry in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem russischen Außenminister Lawrow, als auch der deutsche Außenminister Steinmeier, die positive Rolle Rußlands beim Zustandekommen der Möglichkeit einer politischen Lösung in Syrien. Lawrow fügte hinzu, daß ohne Rußland weder das Abkommen mit dem Iran, noch die Vereinbarung zur Vernichtung der Chemiewaffen-Bestände der Regierung Assad oder die Waffenruhe in Syrien möglich gewesen wären.

Worum geht es wirklich? In Abwandlung der Zeilen in Schillers Gedicht [i]Der Antritt des neuen Jahrhunderts[/i] könnte man sagen:

[i]„Wo Amerika vergeblich ringet
um der Welt alleinigen Besitz“,[/i]

geht es um den eigentlich desperaten Versuch, die von Wolfowitz, Perle, Kagan & Co. entwickelte neokonservative Doktrin des „Project for the New American Century“ (PNAC) aufrechtzuerhalten – zu einem Zeitpunkt, an dem dies unmöglich geworden ist. Diese Doktrin besagt schlicht und einfach, daß die USA es nicht gestatten werden, daß eine Nation oder eine Gruppe von Nationen den unipolaren Führungsanspruch Amerikas in politischer, wirtschaftlicher oder militärischer Hinsicht in Frage stellt.

Aber eben dieser Anspruch ist nichts als das Wasser, das längst unter der Brücke hindurch geflossen ist. China, das auf wissenschaftliche Exzellenz und Spitzentechnologie setzt, ist längst dabei, den an der Kasinoökonomie festhaltenden transatlantischen Sektor zu überflügeln. Während EZB-Chef Draghi Helikopter-Geld druckt – als letzte Maßnahme eines bankrotten Finanzsystems –, baut China Schnellbahnen, Kernfusionsreaktoren und lanciert bahnbrechende Raumfahrtmissionen. Was ist wohl „nachhaltiger“? Das chinesische Modell der „Win-Win“-Kooperation beim Ausbau der Neuen Seidenstraße, des Infrastrukturprojekts „Ein Gürtel, eine Straße“, hat sich deutlich als das anziehungskräftigere Modell erwiesen.

Das jüngste Beispiel für die größere Attraktivität der Neuen Seidenstraße gegenüber der geopolitischen Konfrontation gegen Rußland und China zeigte sich soeben beim Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in der Tschechischen Republik. Die Präsidenten Xi und Zeman unterzeichneten eine umfangreiche Liste von Abkommen im Hochtechnologie-, Infrastruktur- und Realwirtschaftsbereich, und feierten die Rolle der „Goldenen Stadt“ Prag als das „Tor“ für die Zusammenarbeit zwischen China und Europa.

Eben diese Zusammenarbeit ist auch der Schlüssel zur Lösung der Flüchtlingskrise, die nur zutage gebracht hat, auf welch brüchigem Fundament die EU gebaut ist. China hat soeben die Ernennung des ersten chinesischen Sonderbeauftragten für Syrien bekannt gegeben, Xie Xiaoyan, ein ehemaliger Botschafter im Iran und in Äthiopien und Gesandter bei der Afrikanischen Union. Damit besteht die begründete Hoffnung, daß das Angebot von Präsident Xi Jinping, die Neue Seidenstraße in die gesamte Region Südwestasien auszubauen, das er bei seiner jüngsten Reise nach Saudi Arabien, Ägypten und dem Iran auf die Tagesordnung gesetzt hatte, jetzt auch konkret für den Wiederaufbau Syriens verwirklicht werden kann.

Es ist allerhöchste Zeit für Bundeskanzlerin Merkel und überhaupt alle führenden Institutionen in Europa, aufzuwachen. Das jüngste politische Fiasko, in der Flüchtlingskrise auf den Präsidenten Erdowie-Erdowo-Erdogan zu setzen, ist ebenso abscheulich, wie inkompetent. Alle Hilfsorganisationen, wie die Ärzte ohne Grenzen oder die Menschenrechtskommission der UN, prangern das unmenschliche, von der EU verordnete Vorgehen gegen die Flüchtlinge in Griechenland an. Amnesty International macht nur publik, was ohnehin klar war: daß Erdogan die EU über den Tisch gezogen hat; indem er einerseits die Milliarden kassiert, aber andererseits die Flüchtlinge zurück in die Kriegs- und Krisengebiete Syriens, Iraks und Afghanistans schickt, bei gleichzeitigem Bruch aller Bestimmungen des Völkerrechts und der Flüchtlingskonventionen.

Während Erdogan die EU und Bundeskanzlerin Merkel vorführt und gleichzeitig den von Griechenland deportierten Flüchtlinge den ihnen zustehenden Schutz verweigert und ihr Leben in Gefahr bringt, legte der russische Botschafter bei der UN dem UN-Sicherheitsrat Beweise dafür vor, daß die Türkei bis zum heutigen Tag illegal Waffen und militärisches Gerät an ISIS in Syrien liefert.

Welch unglaubliche Farce ist das Geschwätz europäischer Politiker über die angeblichen europäischen Werte, Menschenrechte, Demokratie, Pressefreiheit! Und wo ist der Aufschrei in diesem selbstgerechten Europa über die über 2000 Kinder, die soeben im Jemen saudiarabischen Bomben zum Opfer fielen? Und über die mehr als 300.000 Kinder, die dort infolge der saudischen Bomben aufgrund der Zerstörung des Gesundheitssystems und an Unterernährung zu sterben drohen?

Eine kleine, aber wichtige Ausnahme stellt Entwicklungsminister Müller dar, der soeben auf seiner Reise durch einige afrikanische Staaten noch einmal unterstrichen hat, daß Europa die Flüchtlingskrise nur lösen kann, wenn wir die afrikanischen Staaten bei ihrer wirtschaftlichen Entwicklung unterstützen, weil nur so verhindert werden kann, daß immer mehr Millionen von Menschen nach Europa fliehen werden, um ihr Leben zu retten. Ein Babyschritt in die richtige Richtung.

Es ist dringend notwendig, daß wir uns in Europa den Spiegel vorhalten und uns kompromißlos vergegenwärtigen, wo wir stehen. Wir haben wahrlich keinen Grund mehr, uns mit unseren angeblichen „europäischen Werten“ für so wahnsinnig überlegen zu halten. Auch wenn wir es nicht wahr haben wollen: wir sind dabei, die Lachnummer der ganzen Welt zu werden. Vorgeführt von Erdogan, unmenschlich gegenüber den Flüchtlingen und der Pudel für London und Washington, die gerade dabei sind, die Welt auf dem Altar ihrer Geopolitik in einem thermonuklearen Krieg zu pulverisieren.

Zum Glück gibt es einen Ausweg. Wir können unsere eigenen Interessen erkennen und vertreten und gemeinsam mit China und Rußland Südwestasien und Afrika durch den Ausbau der Seidenstraße zur [url:"wlb"]Weltlandbrücke[/url] stabilisieren. Nur so können wir Amerika darin bestärken, zu seiner wahren Identität als Republik zurückzukehren.