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Wie wurde China mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie fertig? Ein Kommentar

Dieser Gastkommentar von Frau Liu Jian, Mitbegründerin der ICHI-Stiftung, Peking , erschien auf englisch am 21.3.2020 auf der Webseite der schwedischen BRIX .   

Wie und warum China mit dem Ausbruch der Corona Pandemie fertiggeworden ist

Was wir in den vergangenen zwei Monaten erlebt haben, ist wie ein Traum, der jetzt im Rückblick nicht mehr so real erscheint.

Am 23. Januar, dem Tag vor dem chinesischen Neujahrsfest, wurden die Menschen, die das neue Jahr zu feiern gedachten, von dem plötzlichen Ausbruch des Virus schockiert. Wuhan, eine Supergroßstadt mit 11 Millionen Einwohnern, wurde von der Regierung für geschlossen erklärt, Angst und Unruhe erfaßte schnell das ganze Land.

Nach den Vorgaben der Regierung sagten die Menschen ihre Reisen und Familienzusammenkünfte zu Neujahr ab, blieben nach den Vorschlägen der Experten in ihren eigenen Wohnungen und verfolgten die Nachrichten immer wieder mit Sorge. Normalerweise gibt es während des chinesischen Neujahrs 4 Milliarden Reisen, von denen 70% erst einmal abgesagt wurden.

Die Regierung organisierte schnell Kräfte, um in etwa 10 Tagen zwei Krankenhäuser für Infektionskrankheiten zu bauen, und bald wurden Dutzende von provisorischen Krankenhäusern fertiggestellt.

Flugzeug um Flugzeug brachte medizinisches Personal aus dem ganzen Land nach Wuhan und schließlich nahmen mehr als 40.000 medizinische Mitarbeiter aus anderen Provinzen am Krieg gegen die Epidemie teil.

Alle Arten von Unternehmen im ganzen Land gingen schnell dazu über, 24 Stunden am Tag zu arbeiten, um die Produktion von Materialien zur Epidemieprävention auszuweiten. Auch Logistikunternehmen zogen mit, um sicherzustellen, daß die notwendigen Güter schnell an die Front transportiert werden konnten. Auch die Armee entsandte Flugzeuge, Fahrzeuge und Personal, um sich an der materiellen Unterstützung zu beteiligen.

In Wuhan nahmen zahlreiche Regierungsangestellte, Polizisten und Freiwillige an der Arbeit zur Epidemieprävention teil. Als die Stadt den Pausenknopf drückte und sich komplett abschaltete, taten sie ihr Bestes, um sicherzustellen, daß Lebensmittel und andere Haushaltsgegenstände rechtzeitig an jeden Haushalt in Quarantäne geliefert werden konnten. Dies ist eine Stadt mit 11 Millionen Einwohnern. Stellen Sie sich vor, was für eine Szene das war.

Während in Wuhan eine große Zahl von medizinischen Mitarbeitern im Wettlauf gegen die Zeit Leben retten mußte, wurden unter Chinas einzigartigem politischen System auch Präventions- und Isolationsmaßnahmen für jede Kapillare des Landes und für jeden Einzelnen durchgeführt. Die Menschen haben in den sozialen Medien gescherzt, daß sie nicht erwartet hätten, allein durch Zuhausebleiben einen Beitrag für das Land leisten zu können.

Mit allen den großherzigen Anstrengungen der Menschen begannen sich die Ergebnisse zu zeigen: immer mehr Patienten erholten sich, wurden aus dem Krankenhaus entlassen und es wurden immer weniger neue Fälle gemeldet.

Schließlich gibt es nach mehr als 50 Tagen des Kampfes keine neuen Fälle mehr im Land.

Dies ist eine große Schlacht, an der alle 1,4 Milliarden Chinesen teilgenommen haben.

Allerdings zeichnen sich neue Herausforderungen ab. Da immer mehr Menschen aus anderen Ländern zurückkehren, nimmt die Zahl der Patienten erneut von Tag zu Tag zu und die leicht entspannten Nerven aller beginnen sich wieder anzuspannen.

Die zuständigen Abteilungen sind dabei, die Situation aktiv zu bewältigen. Ich glaube, daß wir in diesem Kampf gegen das Virus den endgültigen Sieg erringen können.

Die kulturellen Wurzeln

Hinter all dem stehen tiefe kulturelle Wurzeln. Es gibt hier mehrere Grundbegriffe, die im chinesischen Kontext eine völlig andere Bedeutung haben, (als im Westen).

Zunächst einmal setzt sich das Wort "Land (国家 ) " im Chinesischen aus zwei Wörtern zusammen: "Land(国) " und "Heim(家) ", was bedeutet, daß das "Land" die "Heimat" all seiner Menschen ist, jeder ist in der gleichen großen Familie. Nur wenn die Sicherheit der großen Familie gewährleistet ist, kann es Hoffnung auf die Sicherheit der kleinen Familien geben. Dies ist ein Konzept, das tief in den Genen eines jeden Chinesen verwurzelt ist. Nationale Interessen sind höher als individuelle Interessen. Es gibt in der chinesischen Kultur noch ein anderes Wort - "eine Familie in der Welt", was bedeutet, daß die ganze Welt eigentlich eine große Familie ist. Daher ist es aus chinesischer Sicht das natürlichste, was wir jetzt tun sollten, anderen Ländern wie dem Iran, Italien und Spanien die schwer unter dem Ausbruch der Epidemie leiden, zu helfen.

Zweitens ist die Kommunistische Partei Chinas keine Partei im westlichen Sinne. Sie ist keine Partei, die allein für die Interessen der Gruppe streitet, sondern ein Team von Experten, die streng ausgewählt wurden und im Wettbewerb um die Führung des Landes und den Dienst am Volke stehen. Vor hundert Jahren brach im alten China alles zusammen. Viele Menschen kamen in den Westen, um nach einem Rettungsplan zu suchen. Sie führten den Begriff der Partei ein und bildeten die so genannte Partei. Doch von der Antike bis 1921 war das Wort "Partei" im chinesischen Kontext immer ein negatives Wort gewesen. Es stand für das Eigeninteresse kleiner Gruppen und wurde vom Konfuzianismus verachtet. Gegenwärtig repräsentiert die "Partei" im Allgemeinen die Kommunistische Partei Chinas. Ich möchte jedoch sagen, daß der Begriff "Partei" nur ein Anzug ist, der nach westlichem Vorbild hergestellt wurde und von dem vom Konfuzianismus geleiteten Führungsgremium getragen wird. Deshalb handelt es sich um ein völliges Mißverständnis, wenn die Menschen in den westlichen Ländern das Ein-Parteien-System in China als Diktatur der Kommunistischen Partei verstehen.

Was schließlich das öffentliche Eigentum anbelangt, so führte China ein grundlegendes Wirtschaftssystem ein, in dem das öffentliche Eigentum die Hauptrolle spielt und zusammen mit der Privatwirtschaft das Land entwickelt. Staatliche Unternehmen sind nicht auf Gewinnmaximierung, sondern auf die Maximierung des sozialen Nutzens ausgerichtet, so daß im Falle einer Krise die Ressourcen schnell mobilisiert werden können. Tatsächlich existiert Chinas Wirtschaft in öffentlichem Besitz seit mehr als 2.000 Jahren. Im Jahr 120 v. Chr., in der Han-Dynastie, fand eine große Debatte zwischen hohen Regierungsbeamten und Experten und Gelehrten statt, die aus mehr als 60 Personen bestand. Die Debatte dauerte fünf Monate. Das Thema der Debatte war, ob Salz und Eisen als wichtige Materialien in öffentlichem oder privatem Besitz verwaltet werden sollten. Die Schlußfolgerung war, daß das öffentliche Eigentum beibehalten werden sollte, aber eine angemessene privatwirtschaftliche Beteiligung erlaubt werden sollte.

Das heutige China, das aus einer mehr als 5.000 Jahre langen Geschichte stammt, trägt seine tiefen kulturellen Gene in sich.

Um zu verstehen, was im Wuhan-Feldzug geschah, ist es daher sehr wichtig, die Bedeutung dieser drei Schlüsselwörter im chinesischen Kontext zu verstehen.

Die ICHI-Foundation ist eine gemeinnützige, in Norwegen registrierte Organisation. Ihr Ziel ist es, die Zusammenarbeit in Bildung und Kultur zwischen den Ländern, die sich an der Neuen Seidenstraße (Belt and Road) beteiligen, zu fördern. 

 

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