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Vorbereitungen für Irankrieg abgeschlossen?

[i]Trotz eines Berichts der IAEA, der Iran werde bei allen strittigen Fragen
kooperieren, betreiben London und Washington weiter eine aggressive
Kriegspolitik gegen Teheran. Die neue Propagandalinie hat aber genauso viel
Wahrheitsgehalt wie die Lügen, die zum Irakkrieg führten.[/i]

Der Krieg gegen den Iran, den insbesondere US-Vizepräsident
Dick Cheney betreibt, ist jetzt weit mehr als ein Plan: Er ist eine ganz akute
Gefahr geworden, die unbedingt gestoppt werden muß. Nur wer blind ist oder um
jeden Preis einen solchen Krieg will, kann das noch leugnen. Daß die
militärischen Vorbereitungen auf US-Seite abgeschlossen sind, hat Michel
Khossudowskij in [i]Global Research[/i] am 16. September in erschreckender
Präzision dargestellt. Gleichzeitig liefern britische und amerikanische
Massenmedien Präsident Bush und Vizepräsident Cheney die entsprechende
Propaganda für einen Krieg.

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Dr.
Mohammed ElBaradei, verließ demonstrativ ein Treffen der IAEA-Gouverneure aus
Protest gegen die offensichtliche Absicht der amerikanischen und britischen
Delegationen, aber auch der EU, die militärische Aggression weiter
voranzutreiben. ElBaradei war so außer sich, daß er es zunächst sogar ablehnte,
mit der Presse zu sprechen. In seinem Bericht vom 10. September an das Gremium
hatte er deutlich festgestellt, daß der von der IAEA eingeschlagene Weg von
Diplomatie und Inspektionen erfolgreich war und man auf bestem Wege ist, die
notwendigen Klarstellungen noch offener Fragen zum Atomenergieprogramm des Iran
zu erhalten. Sein Bericht spiegelte die vor kurzem zwischen der IAEA und dem
Iran geschlossene Vereinbarung wider, die einen Rahmen für die Lösung aller
verbleibenden Fragen und somit eine schrittweise Beendigung der
Auseinandersetzungen schafft. „Zum ersten Mal hat der Iran einem Plan
zugestimmt, alle noch offenen Punkte in einem klar definierten zeitlichen
Rahmen anzugehen“, sagte er.

ElBaradei sprach ganz direkt die hysterische Stimmung an,
die durch kriegstreiberische Stellungnahmen und deren Wiedergabe besonders in
anglo-amerikanischen Presseorganen künstlich geschaffen wurde. Auf der Basis
der Arbeit der IAEA-Inspektoren vor Ort im Iran könne er sehr deutlich sagen,
daß er „in bezug auf das iranische Nuklearprogramm keine klare und gegenwärtige
Gefahr sehe“. Das Gerede von Krieg sei „viel Medienrummel“ und erinnere ihn an
eine Aussage George Orwells: „Zu Zeiten aufgeblasener Propaganda wird die
Bekanntmachung der Wahrheit zu einem revolutionären Akt.“ ElBaradei
kommentierte: „Wenn das so ist, dann verspreche ich Ihnen, weiter Revolutionär
zu sein, der objektiv und unparteilich die Wahrheit verbreitet.“

Kriegstreiber der Welt, vereinigt euch

Nachdem es der Kriegspartei in Wien nicht gelungen war, die
IAEA zur Unterstützung von Strafmaßnahmen gegen den Iran zu drängen, kündigte
die Regierung Bush-Cheney ein Treffen der fünf Ständigen Mitglieder des
UN-Sicherheitsrates sowie Deutschlands (sog. 5+1) für den 21. September an.
Dort werde es darum gehen, „die UN-Sanktionen gegen den Iran, wegen der
Weigerung des Landes, sein Nuklearprogramm aufzugeben, zu erweitern“, wie es
der Sprecher des US-Außenministeriums McCormack formulierte.

Zur gleichen Zeit werden die Kriegstrommeln lauter gerührt.
Am Wochenende des 15.-16. September propagierte insbesondere die britische
Presse, vom [i]Sunday Observer [/i]zum [i]Telegraph [/i]und bis zur [i]Sunday
Times, [/i]detaillierte Kriegsszenarien für Südwestasien. Der [i]Sunday
Telegraph [/i]schrieb, das Pentagon habe eine genaue Liste von 2000 Angriffszielen
im Iran und fügte hinzu, Cheney sei entschlossen, nukleare Bunkerbrecherbomben
gegen angebliche Nuklearanlagen des Iran einzusetzen. Die Presse brachte auch
Israels jüngste provokative Verletzung des Luftraums über Syrien mit der
regionalen Kriegsentwicklung in Verbindung.

Am Sonntagabend kam aus Paris eine Nachricht, die wie eine
Bombe einschlug. Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner (berüchtigt für
seine Unterstützung von Militärinterventionen aus „humanitären“ Gründen) ließ
unumwunden verlauten, Frankreich müsse auf einen Krieg mit dem Iran vorbereitet
sein. Auch wenn Ministerpräsident Fillon die Aussage später wieder zu
entkräften suchte, war die Botschaft dennoch klar. Und niemand hatte vergessen,
daß Staatspräsident Nicolas Sarkozy vor kurzem seinen Urlaub in den USA
verbracht und dabei die Familie Bush in Kennebunkport besucht hatte.
Hochrangigen Quellen zufolge ließ Sarkozy nach seiner Rückkehr nach Paris
mehrere europäische Regierungen wissen, er habe von Präsident Bush erfahren,
daß Krieg mit dem Iran „unvermeidbar“ sei. Nach Kouchners Aussagen zu urteilen,
scheint Sarkozy (ähnlich wie 1991 Präsident Mitterrand) die Zeichen an der Wand
zu sehen und noch schnell auf den amerikanischen Militärtroß aufspringen zu wollen.

Kouchners Bemerkungen provozierten einen Sturm berechtigter
Kritik vor allem aus russischen und chinesischen aus Kreisen, die einen Krieg
vermeiden wollen. [i]AFP [/i]und auch russische Medien berichteten am 18.
September, Rußlands stellv. Außenminister Alexander Losjukow habe seinen
Protest in einem Interview mit [i]Wremja[/i] [i]Nowosti [/i]zum Ausdruck
gebracht. Auch Außenminister Lawrow sowie das chinesische Außenministerium
wandten sich scharf gegen die Idee eines militärischen Vorgehens.

US-Außenministerin Condi Rice besucht derzeit den Nahen
Osten, um dort rein kosmetische Friedensverhandlungen zu führen, mit denen
arabische Staaten in der Iranfrage beruhigt werden sollen. Frau Rice griff die
IAEA scharf an: Diese sei „für Diplomatie nicht zuständig“ und habe kein Recht,
„Verpflichtungen, die den Iranern auferlegt wurden, zu erleichtern“. Rice
schloß militärisches Vorgehen erneut nicht aus: „Wir sind entschlossen, weiter
einen diplomatischen Weg zu verfolgen, aber der Präsident hat keine seiner
Optionen vom Tisch genommen.“

Neue Propagangalinie

Auch wenn die USA und Großbritannien aus ihrer Wut auf
ElBaradei keinen Hehl machen und trotz der Erfolge der IAEA neue Sanktionen
fordern, folgt man inzwischen längst einem anderen Drehbuch für den Krieg. Der
neue Vorwand ist, der Iran sei verantwortlich für die Verluste der US-Truppen
und allgemein für die unhaltbaren Zustände im Irak. Der Iran liefere Waffen,
besonders die gefürchteten unkonventionellen Sprengsätze, und bilde schiitische
Milizen gegen die Besatzung im Irak aus. Der Wahrheitsgehalt dieser Propaganda
ist nicht höher als die vor dem Irakkrieg, wie etwa Tony Blairs Behauptung,
Saddam Hussein könne innerhalb einer Dreiviertelstunde Westeuropa mit
Chemiewaffen bedrohen.

Insbesondere Dick Cheney, der schon die Desinformation vor
dem Irakkrieg organisierte, verbreitet diese Linie. Am 14. September behauptete
er in einer Rede in Grand Rapids, Michigan, islamische Terroristen wollten ein
„radikales Imperium von Spanien bis Indonesien“ gründen. Die US-Truppen im Irak
müßten jetzt schon gegen vom Iran unterstützte Extremisten kämpfen. Eine
identische Rede hielt er am selben Tag vor Truppen in Florida. Auch hier sagte
er, der Iran sei „ein Land, dessen paramilitärische Organisation mit tödlichem
Material handelt“. Gemeint sind die iranischen Revolutionsgarden.

Kürzlich wurde berichtet, die Regierung Bush wolle die
Revolutionären Garden als terroristische Organisation einstufen, um dann deren
Guthaben in den USA beschlagnahmen zu lassen. Es ist aber sehr
unwahrscheinlich, daß die Revolutionsgarden größere Summen ausgerechnet auf
Banken in den USA eingezahlt haben. In Wirklichkeit dient ein solcher Schritt
der Vorbereitung von Angriffen auf vermeintliche Stellungen der Garden im Irak
und/oder Iran.

Dies ist tatsächlich das neue Kriegsszenario. Cheney hat
Gen. Kevin Bergner in den Irak geschickt, damit er „Beweise“ dafür findet bzw.
erfindet, daß der Iran im Irak Kämpfer gegen die US-Truppen bewaffnet und
ausbildet. Auch Gen. Petraeus und der US-Botschafter im Irak Ryan Crocker
stellten in ihren Reden vor dem US-Kongreß am 11. September entsprechende
Behauptungen auf.

Damit einher geht die Behauptung, der Iran unterstütze den
schiitischen Milizenführer Moktadr al-Sadr im Streit gegen die größte
Schiitenorganisation, den Obersten Rat für die Islamische Revolution im Irak
(SCIRI), der zur Regierungskoalition gehört. Trotz bestehender Rivalitäten ist
diese Darstellung völlig falsch. Zum einen hat Washington die vom SCIRI
gestützte Regierung des schiitischen Ministerpräsidenten Nouri al-Maliki selbst
in letzter Zeit massiv angegriffen. Cheney möchte Maliki durch seinen
Gewährsmann, den früheren Übergangs-Regierungschef Iyad Allawi, ersetzen.
Zweitens hat al-Sadr einen sechsmonatigen einseitigen Waffenstillstand gegen
die Regierungs- und Besatzungstruppen erklärt, was als indirekte Unterstützung
der Regierung Maliki aufgefaßt wird. Vor allem aber führt Maliki Beratungen mit
der höchsten religiösen Autorität aller Schiiten, Großajatollah Ali al-Sistani,
um die Regierung zu stärken.

Al-Sistanis Einfluß ist entscheidend. Er fordert seit Beginn
des Krieges ein demokratisch gewähltes Parlament und eine ebensolche Regierung,
welche die Besatzung beendet, und trifft sich mit Führern verschiedener Gruppen
und Fraktionen, um eine nationale Versöhnung zu erreichen. Deshalb wurden
bereits sechs seiner engsten Mitarbeiter ermordet, der letzte vor wenigen Wochen.

Ein Grund für die Gespräche von al-Maliki mit al-Sistani
war, daß die gewaltsamen Zusammenstöße in der heiligen schiitischen Stadt
Kerbala am 28. August eine schwere Krise ausgelöst hatten. Maliki erwägt nun,
solchen Städten einen Sonderstatus als waffenfreie Zone unter dem Schutz der
Armee zu verleihen. Bei dem Blutbad, angeblich zwischen Mitgliedern von Sadrs
Al-Mahdi-Milizen und Sicherheitskräften, gab es 52 Tote und 300 Verletzte.

Iranische Beobachter sagten in Hintergrundgesprächen, die
Zusammenstöße seien nicht, wie von Medien behauptet, von rivalisierenden
Schiitengruppen, sondern von Außenstehenden angestiftet worden. Die [i]Tehran
Times [/i]schrieb am 13. September, hinter dem Massaker stünden die
„Volksmudschahedin“ (MEK oder MKO), eine iranische Terrorgruppe, die ihren Sitz
im Irak hat – früher unter dem Schutz Saddam Husseins, jetzt der US-Besatzer.
Drei Monate vor dem Massaker, so die Zeitung, seien eine junge Frau und ein
13jähriger Junge festgenommen worden, die im Auftrag der MEK
Zugangsmöglichkeiten zum Schrein des Imam Hussein für Attentäter ausspionieren
wollten. Weiter heißt es, während der Schießereien seien gezielt Waffen aus
iranischer Herstellung verteilt worden, um eine falsche Spur zu legen. Das
irakische Innenministerium sei zu dem Schluß gekommen, daß die MEK hinter dem
Vorfall stand.

Derartige Zwischenfälle sollen der Kriegspartei als Vorwand
für einen Angriff gegen den Iran dienen.

Die militärischen Vorbereitungen selbst werden verstärkt. Am
10. September meldete das [i]Wall Street Journal[/i], die USA wollten im Irak
in nur 6 km Entfernung zur iranischen Grenze eine Militärbasis errichten,
angeblich um Waffenschmuggel zu unterbinden. Der Londoner [i]Sunday Telegraph [/i]berichtete
am 16. September, Gen. Petraeus werde in London Premierminister Gordon Brown
und andere über diese Pläne informieren. Wahrscheinlich werde er versuchen,
Brown zu überreden, nicht wie geplant 5000 britische Soldaten aus dem Irak
abzuziehen, sondern sie an der Grenze zum Iran zu stationieren.

Iranische Diplomatie

Die iranische Regierung bemüht sich auf verschiedene Weise,
einen Krieg abzuwenden. Neben den oben erwähnten Verhandlungen mit der IAEA
entsendete Teheran zahlreiche Diplomaten in Schlüsselländer wie Rußland und China.

Präsident Mahmud Ahmedinedschad hat sogar angeboten, im
Zusammenhang mit seinem bevorstehenden Auftritt bei den Vereinten Nationen in
New York mit Präsident Bush zu diskutieren. „Ich bin bereit, mit Bush bei der
Vollversammlung Gespräche über wichtige globale Themen zu führen“, sagte er
laut [i]Itar-Tass[/i]. Man kann davon ausgehen, daß Bush das Angebot ähnlich
wie früher ausschlagen wird.

Im Iran selbst sind personelle Veränderungen in der Führung
vorgenommen worden, die mit der akuten Kriegsgefahr zusammenhängen.
Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei ernannte Gen. Mohammad Ali Dschafari
zum neuen Kommandanten der Revolutionsgarden. Dschafari betonte anschließend in
einer Pressekonferenz, die Truppen seien bereit, jede mögliche Aggression
zurückzuschlagen und würden dazu auch „besondere Verteidigungstaktiken“ anwenden.

Am 7. September wurde der frühere Staatspräsident Haschemi
Rafsandschani (73) zum Leiter des Expertenrats gewählt, der den
Revolutionsführer wählt, beaufsichtigt und notfalls abwählen kann. Der als
moderat bekannte Rafsandschani setzte sich mit 41:34 Stimmen gegen den
„Hardliner“ Ajatollah Ahmad Dschannati durch, nachdem mit dem Tode des
Vorgängers Ajatollah Ali Meschkini (ebenfalls ein Hardliner) die Neuwahl
notwendig geworden war. Sie galt als wichtige Phase in einem Machtkampf
zwischen Gemäßigten und Konservativen. Iranischen Quellen zufolge genießt
Rafsandschani die volle Unterstützung des Staatschefs Chamenei.

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