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Katar provoziert Konfrontation mit Russland

Der russische Außenminister Lawrow informierte am 4. Dezember telefonisch die Regierung von Katar, daß der russische Botschafter Vladimir Y. Titorenko abberufen wird und die Beziehungen nur noch auf einem niedrigen diplomatischen Niveau aufrechterhalten werden. Was wie eine Kleinigkeit erscheinen mag, ist es keineswegs, und schon gar nicht in der gegenwärtigen instabilen Weltlage. Die Beziehungen zwischen Katar, das 2011 den Vorsitz der Arabischen Liga innehat und Russland haben sich seit der anglo-imperialen Kriegskampagne gegen Libyen und Syrien beständig verschlechtert.

Botschafter Titorenko war bei seiner Rückkehr von einem Besuch in Jordanien am Flughafen am 29. November in Doha von Sicherheits- und Zollpersonal tätlich angegriffen worden, nachdem er sich geweigert hatte, sein Diplomatengepäck zu öffnen. Zwei weitere Diplomaten, die Titorenko abholen wollten, wurden ebenfalls verletzt. Die russische Regierung hatte mehrere Tage lang vergeblich eine Entschuldigung verlangt und sich dabei auf die internationale Wiener Konvention und ein bilaterales Abkommen bezogen, nach dem diplomatisches Gepäck nicht durchsucht werden darf.

Titorenko und andere russische Regierungsvertreter haben die Drohungen und Sanktionen gegen Syrien von seiten des Westens und der Arabischen Liga öffentlich scharf kritisiert. Am 24. November sprach Titorenko in Doha vor Journalisten und wandte sich gegen ausländische Militäraktionen gegen Syrien. Er unterstrich bei dieser Gelegenheit, daß die "Agitatoren" in Syrien bewaffnet und gewalttätig seien und gezielt Regierungsvertreter umbrächten. Eine internationale Militäraktion werde die gesamte Region destabilisieren. Am 29. November hatte Außenminister Lawrow bei einer Pressekonferenz Katar dafür angegriffen, daß es das Waffenembargo der UN gegen Libyen verletzt habe. "Wir wissen, wie das Waffenembargo in Libyen angewandt wurde. Die Opposition erhielt Waffen, wie Frankreich und Katar z.B. zugaben." Am 5. Dezember berichtete die syrische [i]Arabic News Agency (SANA[/i]) über eine Untersuchung von [i]Russia Today[/i], die sich auf Geheimdienst- und Medienberichte stützt, wonach Katar den syrischen Oppositionsgruppen Waffen liefere und diese finanziere. Darin wird Katar auch beschuldigt, von Libyen Waffen über die Türkei nach Syrien zu liefern und die syrische Opposition über den Libyschen Übergangsrat (LTC) zu finanzieren.

Botschafter Titorenko, der gegenwärtig noch medizinisch behandelt wird und dann das Land verlassen wird, ist ein politisches Schwergewicht mit viel Erfahrung in der Arabischen Welt. So war er im April 2003 russischer Botschafter im Irak. Amerikanische Truppen feuerten damals auf seinen diplomatischen Konvoi auf dem Weg von Bagdad nach Syrien. Während der Botschafter selbst nur leicht verwundet worden war, erlitt sein Fahrer schwere Verletzungen. Damals hieß es von Seiten der USA, der russische Konvoi sei angegriffen worden, weil man vermutete, die Russen würden Saddam Hussein verstecken.

In Katar befindet sich die größte amerikanische Militärbasis und diente als Hauptkommandozentrum für die Lufteinsätze während der Invasion im Irak. Es gilt als neues "Dubai", einschließlich der Geldwäsche zur Finanzierung islamischer Extremisten und fundamentalistische Gruppen, nachdem Dubais Rolle 2008 im Mumbai-Massaker in Indien zu sehr ins Rampenlicht geraten war. 2009 war außerdem die milliardenschwere Immobilienblase in Dubai geplatzt und reichere Mitglieder der Vereinigten Arabischen Emirate mußten einspringen. Wenig bekannt ist auch, daß 1996, wenige Monate nach dem britisch-unterstützten Palastputsch des in Großbritannien ausgebildeten Emirs Hamads bin Khalifa Al-Thani gegen seinen Vater, BBC-Arabic nach Katar zog und dort das "Al-Jazeera"-Satellitenfernsehsender gründete.

Russland ist außerdem besorgt über die Rolle Katars als Drehkreuz für die Finanzierung islamischer Terroristen, z.B. in Tschetschenien. Quellen aus dem Nahen Osten zufolge könnten sich die Geldströme, die auch von saudischen und anderen Geschäftsleuten der Golfregion durch Katar fließen, auf Milliardensummen beziffern. Dem Vernehmen nach soll Geld aus Katar eine wichtige Rolle beim Erfolg der neo-salafistischen "Nour Partei" in Ägypten gespielt haben, die 24% der Stimmen in den Wahlen am 28. November erhielten. In einem Interview in der israelischen Zeitung 'Ha'aretz' erklärte der palästinensisch-amerikanische Professor Rashid Kalid am 5. Dezember, er sei sehr besorgt über den Erfolg für die Salafi-Partei und machte Geld aus Saudi-Arabien und Katar dafür verantwortlich.

Vor diesem Hintergrund ergeben sich zumindestens Fragezeichen dazu, daß die deutsche Regierung offenbar großen Wert auf die Verbesserungen der Beziehungen zu Katar zu legen scheint. Bundespräsident Wulff und Wirtschaftsminister Rösler werden Doha während eines Besuches in der Golfregion im Dezember aufsuchen. Letztes Jahr waren Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Westerwelle dort. Und im September letzten Jahres war der Emir zu Gast in Berlin, wo er mit der Kanzlerin und dem damaligen Verteidigungsminister zu Guttenberg konferierte. Dabei soll auch die Entwicklung gemeinsamer militärischer - und sicherheitspolitischer Beziehungen auf der Tagesordnung gestanden haben.

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