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Die EU und das Römische Reich

Der ehemalige Goldman-Sachs-Manager, Präsident der Europäischen Zentralbank und einstige italienische Ministerpräsident Mario Draghi rief am 29. November dazu auf, dass sich die EU in einem "kritischen Moment" befinde und daher dringend ein eigener Staat werden müsse, um die Krise zu überwinden. "Hoffen wir, dass die Grundwerte, die uns geeint haben, uns auch weiterhin zusammenhalten", sagte Draghi (welche Werte meint er?). "Heute ist das alte Wachstumsmodell obsolet, und wir müssen eine neue Art des Wachstums erfinden, aber dazu müssen wir ein Staat werden."

Das "Modell", von dem Draghi sagt, es habe sich "aufgelöst", ist die Zusammenarbeit mit Russland und China. Dann setzte er die Aufrüstung an die Spitze der Prioritäten für seinen europäischen Staat: "Wir als Europa geben drei- bis fünfmal mehr aus als Russland und sind nach den Vereinigten Staaten der zweitgrößte Investor bei den Militärausgaben. Es ist also eine Frage der besseren Koordination. Das Wichtigste ist jetzt, dass wir verstehen, wie wir europäische Fonds zur Finanzierung der Verteidigung und zur Bekämpfung des Klimawandels schaffen können. Wir brauchen auch eine koordinierte Außenpolitik, da sich die Außenminister treffen, aber keine Einigung erzielen. Wir müssen über eine bessere politische Integration nachdenken, über ein echtes Europaparlament."

Die Veranstaltung, auf der Draghi diese Erklärungen am 29. November abgab, hat einen hohen Symbolwert, vor allem wegen der Bedeutung, die Draghi und seine Mitdenker der Symbolik beimessen. Draghi stellte ein Buch des Journalisten Aldo Cazzullo über das Römische Reich vor: Quando eravamo i padroni del mondo ("Als wir die Herren der Welt waren"). In dem Buch wird betont, dass die Wurzeln der italienischen Identität im Römischen Reich liegen. (Man sollte Draghi darauf hinweisen, dass ein gewisser Benito Mussolini schon einmal versucht hat, das Römische Reich wiederzubeleben - allerdings ohne Erfolg).

Die wahren Wurzeln der italienischen Identität liegen in der Renaissance und im Christentum von Augustinus und Ambrosius, den Feinden des Römischen Reiches. Die Hauptfiguren der Renaissance unterschieden zwischen der Römischen Republik und dem Imperium, welches sie verabscheuten. Vor allem Raffael hat den Verfall der figurativen Kunst und der Architektur unter dem Kaiserreich aufgezeigt.

Die andere Symbolik für Draghis imperiale Ausbrüche ist der Ort der Veranstaltung: Die Kirche St. Ignatius von Loyola in Rom, erbaut von Kardinal Ludovico Ludovisi, einem Neffen von Papst Gregor XV., der den Gründer der Gesellschaft Jesu, Ignatius, 1622 heiliggesprochen hatte. Mit der Errichtung der Kirche wurde die Macht der von den Jesuiten angeführten Gegenreformation in ganz Europa gefeiert, wie Kardinal Ludovisi erklärte: die "Macht und Autorität, die wir bei fast allen Herrschern haben".

Draghi ist ein Produkt jesuitischer Erziehung, denn er besuchte das elitäre Gymnasium "Massimo" in Rom. Nicht unwichtig für Draghis Karriere war sicherlich auch die Begegnung mit seiner zukünftigen Frau, der venezianischen Adeligen Maria Serena Cappello, einer Nachfahrin der toskanischen Großherzogin Bianca Cappello.
 

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