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Eine Konferenz, die die Welt verändert

Ein Bericht von Alexander Hartmann

Bei der internationalen Online-Konferenz „Ohne die Entwicklung aller Nationen kann es keinen dauerhaften Frieden auf dem Planeten geben“ am 15. und 16. April diskutierten Redner aus mehr als 20 Ländern in Asien, Europa, Nord-, Mittel- und Südamerika und Afrika über Wege, die Geopolitik zu überwinden und eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur zu schaffen, die den Interessen aller Länder der Erde gerecht wird. Dabei ging es in den Vorträgen ebenso wie in der anschließenden Diskussionen um die realen Prinzipien wirtschaftlicher Entwicklung als Grundlage für eine wirkliche Friedenspolitik und Stabilität. Diese müssen sich am Prinzip des Gemeinwohls und der Interessen der Nationen orientieren, statt dem unilateralen Diktat imperialer Finanz- und politischer Interessen zu folgen. Die Beiträge gaben den Zuhörern einen wertvollen Einblick aus erster Hand, wie in den Ländern des Globalen Südens und China gedacht wird - statt den von westlichen Medien und Politikern verbreiteten ideologischen Stereotypen. Die vier Sitzungen befaßten sich mit der Notwendigkeit einer neuen Sicherheitsarchitektur, den übereinstimmenden Zielen der „Globalen Mehrheit“ und der internationalen Friedensbewegung, der Notwendigkeit, der Kasinowirtschaft ein Ende zu setzen, und mit den philosophischen Grundlagen des neuen Paradigmas. Den Abschluß der Konferenz bildete ein Konzert mit dem New Yorker Chor des Schiller-Instituts unter dem Titel: „Laßt uns Frieden schaffen: Händels Messias“. (Playlist aller verfügbaren Reden auf deutsch).

Alle Reden der englischsprachigen Konferenz finden Sie hier; die deutschen Übersetzungen (Videos und Texte) hier.  Playlist aller auf deutsch vorhandenen Videos.

Die Gefahr eines Dritten Weltkriegs

Der erste Konferenzabschnitt hatte das Thema „Die wachsende Gefahr eines Dritten Weltkriegs unterstreicht die Notwendigkeit einer neuen Sicherheitsarchitektur“. Dennis Speed eröffnete die Sitzung als Moderator mit der Feststellung, es genüge nicht, die Welt nur zu kommentieren, man müsse „Verantwortung übernehmen, um sie zu verändern und zu verbessern“. Um zu demonstrieren, was er damit meinte, zeigte er Videoausschnitte aus zwei Reden von Lyndon LaRouche über die Ursprünge der Staatsidee der US-amerikanischen Republik in der Philosophie von Leibniz sowie über die falsche Annahme, die Wirtschaft sei ein „Geldsystem“, und aus einer UN-Rede von Präsident John F. Kennedy, in der er eine Mondlandung als Gemeinschaftsprojekt der gesamten Menschheit vorschlug.
Helga Zepp-LaRouche, die Gründerin des Schiller-Instituts und Vorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität, stellte in ihrer Grundsatzrede die neuen epochemachenden Entwicklungen für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung in den Mittelpunkt. Daran solle sich der Westen orientieren, statt vergeblich zu versuchen, die Länder der Globalen Mehrheit in das alte, bankrotte System der Kasinowirtschaft und des Kolonialismus zu zwingen. Sie erinnerte an Lyndon LaRouches Konzept der Internationalen Entwicklungsbank von 1975 sowie an die Bestrebungen der Blockfreien Bewegung für eine neue Weltwirtschaftsordnung. Während diese in den 1970er Jahren und danach brutal sabotiert wurden, sei heute das Momentum auf der Seite der Menschheit.
Connie Rahakundini Bakrie, Dozentin und strategische Analystin aus Indonesien, sprach anschließend über „Vier Grundlagen, um die Welt neu aufzubauen“. Die Glaubwürdigkeit des Globalen Nordens nehme ab, weil er keine Rücksicht auf die anderen nehme, deshalb sei die Blockfreien-Bewegung weiter relevant, um die Schwäche der UN zu ändern. „Die Blockfreien-Bewegung muß als Katalysator fungieren, um die globale Zusammenarbeit voranzutreiben, die Konnektivität zu beschleunigen, die Entwicklung zu beschleunigen, um eine gleichberechtigte, faire und ausgewogene Welt zu schaffen.“
Prof. Wen Yi, Volkswirtschaftler aus China und ehemaliger führender Experte bei der Federal Reserve Bank der Vereinigten Staaten, sprach in seinem sehr interessanten Vortrag über „Das Geheimnis von Chinas wirtschaftlichem Erfolg“. Um die Armut zu überwinden, brauche man Massenproduktion, aber Massenproduktion setze einen Massenmarkt voraus, der erst geschaffen werden müsse. Deshalb müsse eine Industrialisierungsstrategie schrittweise erfolgen.
Auf diese Vorträge folgte eine kurze Fragerunde, in der sich viele der Fragen darum drehten, wie Afrika wirtschaftlich entwickelt werden kann. Professor Wen warnte, es wäre Gift für Afrika, mit einer finanziellen Liberalisierung anzufangen. Die wichtigste Ressource sei die Arbeitskraft, nicht die Mineralien. China selbst habe den Fehler gemacht, viel zu früh zu versuchen, eine große Schwerindustrie aufzubauen. Er zog eine Analogie: Babys können noch nicht rechnen lernen, das Kind muß sich das Wissen nach und nach aneignen.
Helga Zepp-LaRouche merkte an, daß die afrikanischen Länder sich aus den Lehren des vergangenen Jahrhunderts daran erinnern, wer ihre wahren Freunde sind, und deshalb für die Forderungen des „Westens“, sich nicht mit China oder Rußland abzugeben, nicht empfänglich seien. Der Westen habe viel Zeit gehabt, Afrika zu entwickeln, es aber nicht getan.
Eine besondere Grußbotschaft an die Konferenz kam von dem Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel. Darin erklärte er: „Was ich zu dieser Konferenz des Schiller-Instituts beitragen kann, ist mein Aufruf an die Vereinten Nationen, mutig aufzustehen und die Völker der Welt zum Widerstand aufzurufen, um dem Krieg ein Ende zu setzen und nicht länger eine Marionette der Großmächte zu sein.“
Ein weiteres ausführliches Grußwort an die Konferenz kam von Generalleutnant a.D. Manfred Grätz und Generalmajor a.D. Sebald Daum (ehemals NVA), die im Januar in einem aufsehenerregenden Offenen Brief an die russische Botschaft gegen Deutschlands Waffenlieferungen an die Ukraine protestiert hatten.
Scott Ritter, ehemaliger UN-Waffeninspekteur im Irak, erinnerte daran, daß die Abrüstungsgespräche zwischen den USA und der Sowjetunion 1982 praktisch eingefroren waren - man sprach nicht mehr miteinander. Aber dann hätten sich eine Million Amerikaner im Central Park von New York City versammelt und der US-Regierung ein klares Signal geschickt: „Wir verlangten nukleare Abrüstung, wir verlangten Rüstungskontrolle.“ Dies habe es Präsident Reagan ermöglicht, die Gespräche wiederaufzunehmen, und zur Unterzeichnung und Umsetzung der INF- und START-Verträge geführt. Auch heute gebe es keine Gespräche zwischen den USA und Rußland. Präsidenten würden zwar gewählt mit dem Mandat, abzurüsten, aber die „Inter-Agency“, die ungewählte permanente Staatsbürokratie, hindere die Präsidenten daran, dem Auftrag der Wähler zu folgen. Deshalb müßten die Staatsbürger deutlich machen, daß sie diese Einmischung der „Inter-Agency“ nicht akzeptieren.
Igor Romantschenko, Botschafter der Russischen Föderation in Peru, wünschte der Konferenz gutes Gelingen und wies darauf hin, daß am 12. April der Internationale Tag der Bemannten Raumfahrt begangen wird, zu Ehren von Jurij Gagarin, der als erster Mensch ins All flog. Dann spielte er ein kurzes Grußvideo des Kosmonauten Sergej Rjasanskij ein.
Dr. Alexander Bobrow, Dekan der Schule für Regierungs- und Auswärtige Angelegenheiten der MGIMO-Universität (Moskauer Staatsinstitut für Internationale Beziehungen), sprach über „Die neue Sicherheitsarchitektur im Spiegel von Rußlands außenpolitischem Konzept 2023“. Die neue multipolare Welt dürfe nicht nur aus einzelnen Ländern oder Zivilisationen bestehen, wie die USA, Rußland, China oder Indien, sondern auch aus Regionen, die durch multilaterale Vereinbarungen und Organisationen repräsentiert sein können. Erstmals seit Jahrhunderten priorisiere Rußland nicht die bilateralen Beziehungen zu Europa und den Vereinigten Staaten, sondern die zu den GUS-Staaten, China, Indien, Afrika und dem Nahen Osten.
Der deutsche Publizist Wolfgang Effenberger erinnerte an den „Handschlag von Torgau“ zwischen amerikanischen und russischen Soldaten 1945 mit der daran geknüpften Hoffnung auf Frieden und an den antirussischen Schwenk der US-Politik, der schon bald darauf unter Truman stattfand und uns heute an den Rand einer nuklearen Konfrontation geführt hat.
Der Schweizer Oberstleutnant a.D. Ralph Bosshard analysierte in seinem Beitrag „Der Ukrainekrieg ist ein Indikator und Beschleuniger des westlichen Niedergangs“ die Anzeichen auf das Schwinden des globalen Einflusses des Westens. Er warnte: „Die Streitkräfte des Westens müssen an die abnehmende politische und wirtschaftliche Bedeutung des Westens angepaßt werden, sonst werden sie nur zum hilflosen Ausdruck einer hochmilitarisierten Außenpolitik, die Argumentationsstärke durch Waffeneffektivität ersetzt.“
Zum Abschluß dieser Runde wurde ein Beitrag von Michael von der Schulenburg, ehemaliger hochrangiger UN- und OSZE-Diplomat aus Deutschland, über „Die absolute Wichtigkeit der UN-Charta“ verlesen. Er beklagte, diese Charta, die die UN-Mitglieder dazu verpflichtet, Konflikte diplomatisch beizulegen und alles zu tun, um den Frieden wiederherzustellen, werde von den Vetomächten des UN-Sicherheitsrats mißachtet.
In einer zweiten Diskussionsrunde im ersten Panel wurden Fragen zu globalen Krisenherden gestellt. Bobrow wurde nach den Entwicklungen in Südwestasien gefragt. Er antwortete, daß einige externe Mächte versuchen, die dortigen Konflikte zu schüren und zu manipulieren, um ihre eigene Agenda voranzutreiben, während China und Rußland im Gegensatz dazu an Stabilität in dieser Region interessiert sind.
Frau Bakrie warnte aus asiatischer Sicht, eine Störung der chinesisch-taiwanesischen Beziehungen durch die USA würde zu einer globalen Katastrophe führen. Die Stagnation der Bewegung der Blockfreien Staaten sei hier ein Faktor. Die Blockfreien-Bewegung müsse in der Lage sein, den Westen daran zu hindern, „Gott zu spielen“.
Zepp-LaRouche wurde gefragt: „Was sollen wir tun? Sollen wir demonstrieren, wählen, rebellieren?“ Daraufhin erklärte sie, es werde kein linearer Prozeß sein. Sie erwartet, daß es bald zu einem großen Einschnitt im Finanzsystem kommen wird. Es mag unglaublich klingen, sagte sie, aber der Westen könne sich immer noch dem neuen System anschließen, das im Entstehen begriffen ist und eine Lösung bietet. Andernfalls drohe uns der dritte Weltkrieg mit Atomwaffen. „Wir müssen daran denken“, sagte Zepp-LaRouche, „die Welt in ein neues Paradigma zu katapultieren.“ Afrika sei der Kontinent der Zukunft, und Asien sei der Motor der Weltwirtschaft.
Zum Schluß hob sie das Gespräch auf eine philosophische Ebene und berief sich auf das Prinzip des „Zusammenfalls der Gegensätze“, das Nikolaus von Kues im 15. Jahrhundert entwickelte. Albert Einstein habe den ähnlichen Gedanken vertreten, daß man die Lösung eines Problems nicht auf der Ebene der Axiome erwarten darf, die das Problem aufwerfen. Und der Dichter Friedrich Schiller, nach dem das Schiller-Institut benannt ist, habe gesagt, es dürfe kein Widerspruch sein, Patriot seines Landes und Weltbürger zu sein.

Die Globale Mehrheit und die internationale Friedensbewegung

Der zweite Konferenzabschnitt stand unter dem Motto: „Die Globale Mehrheit und die internationale Friedensbewegung kämpfen für das gleiche Ziel“. Stephan Ossenkopp vom Schiller-Institut in Berlin, der die Sitzung moderierte, stellte in seiner kurzen Einleitung das blamable Auftreten der deutschen Außenministerin in China den realen Bestrebungen für Entwicklung und Frieden weltweit gegenüber.
Diane Sare, LaRouche-Kandidatin für den US-Senat in New York 2024, zeigte zunächst einen weiteren Ausschnitt aus einer Rede Lyndon LaRouches über die Bedeutung des wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts für den modernen Nationalstaat. Anschließend zog sie in ihrem Grundsatzreferat dieses Abschnitts diesen Vergleich: auf der einen Seite ein abflußloser, stehender Tümpel, in dem alles fault und abstirbt, und auf der anderen ein fließender Strom, der bis ins Meer führt und auf seinem Weg die Anliegernationen mit frischem Wasser und Energie versorgt und ihnen als Verkehrsweg dient. „Dieser mächtige Fluß ist das, was wir werden müssen, um die Menschheit auf eine höhere Stufe der Existenz zu führen.“ Zum Abschluß ihres Vortrags präsentierte sie Helga Zepp-LaRouches „Zehn Prinzipien für eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur“.
S.E. Donald Ramotar, ehemaliger Staatspräsident von Guyana, zog Parallelen zu den Entkolonialisierungskämpfen des 20. Jahrhunderts, wobei heute die NATO die kollektive Kolonialmacht sei, die versucht, die asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Nationen machtlos und hilflos zu halten. Die Sanktionspolitik habe den Ländern auf der ganzen Welt gezeigt, wie verwundbar die kolonialistischen Nationen seien, weshalb die BRICS wachsen. Ramotar rief dazu auf, die Friedensbemühungen des Papstes, der Präsidenten Chinas und Brasiliens sowie Zepp-LaRouches zu unterstützen.
Prof. Georgij Toloraya, stellvertretender Direktor des russischen Nationalen Komitees für BRICS-Forschung, erklärte, daß die BRICS die ältesten Zivilisationen der Welt zusammenbringen. Die Frage sei nun, wie sie ihre Interessen in Einklang bringen können. Der Westen versuche, den Konflikt zwischen Indien und China zu manipulieren, aber die BRICS-Plus-Staaten sollten dem Westen nicht feindlich gegenüberstehen, so Toloraya - auch die Interessen des Westens müßten respektiert werden.
Herman Tiu Laurel berichtete über „Den Kampf der LaRouche-Bewegung gegen die Remilitarisierung der Philippinen“, wo die Regierung gerade dem Druck der US-Regierung nachgegeben und die Einrichtung von vier neuen Militärstützpunkten der Vereinigten Staaten akzeptiert hat.
Nach einer kurzen Grußbotschaft von Mutalemwa George aus Tansania vom Afrika Friedens- und Entwicklungsnetzwerk sprachen drei Vertreter der wachsenden Friedensbewegung in den USA:
Nick Brana ist der Vorsitzende der People's Party in den Vereinigten Staaten und Mitorganisator der Friedensdemonstrationen „Zorn gegen die Kriegsmaschinerie“ im Februar, an denen das Schiller-Institut mitwirkte. Er analysierte die Krisen, die sich am Horizont abzeichnen: Neben dem Krieg in der Ukraine warnte er vor dem bevorstehenden Finanzkollaps, dem möglichen Mißbrauch neuer Technologien für dystopische Überwachung und Zensur sowie dem Verlust der medizinischen Freiheit. Er zeichnete ein düsteres Bild von neuen Waffen, wie gentechnisch veränderten Superviren und waffenfähiger KI. Aber das Zusammenkommen von Linken und Rechten gegen den „Konzernstaat“ sei Grund zur Hoffnung, Krieg und Not zu verhindern.
In ähnlicher Weise stellte Jack Gilroy von Pax Christi fest, daß man mit nur drei Prozent des US-Militärbudgets den Hunger in der Welt beenden könnte. Wir müssen Liebe und Mitgefühl lehren, sagte er, anstatt ein Land nach der anderen zu verteufeln. Gilroy ist Organisator von Pax Christi im Staat New York und Pax Christi International sowie Vorstandsmitglied der New York Veterans for Peace. Das gegnerische Lager habe in jedem Kongreßwahlkreis Rüstungsunternehmen und Zulieferer, und das Militär mische sich sogar schon in die Schulen ein. Leider gebe es in Amerika noch keine Massenbewegung für den Frieden, aber bereits eine Vielzahl von Organisationen, die zum Frieden aufrufen.
Die Vorsitzende des National Libertarian Committee (Vorstand der Libertären Partei) Angela McArdle - Branas Mitstreiterin bei der Friedenskundgebung - sagte, sie freue sich, mit anderen zusammenzuarbeiten, die sich für den Frieden einsetzen, und erinnerte dann die Zuhörer an den Einsatz ihrer Partei für den Freihandel: „Wenn Waren keine Grenzen überschreiten, dann werden das die Soldaten tun.“
Michel Cibot aus Frankreich, der die „Bürgermeister für den Frieden“ mit ihren 8000 Mitgliedsstädten weltweit vertrat, schloß diese zweite Vortragsrunde ab.
In der anschließenden Diskussionsrunde wurden die Teilnehmer gefragt, wie der globale Süden seine „Soft Power“ einsetzen kann. Diane Sare wies auf die jüngsten diplomatischen Erfolge in Südwestasien hin, die vor allem China zu verdanken sind.
Ramotar fügte hinzu, die Länder des Globalen Südens müßten erreichen, daß Medien über die Realität berichten, anstatt Berichte der westlichen Medien für bare Münze zu nehmen. In seiner Antwort auf eine Frage aus Kanada unterstützte Ramotar die Bewegung in der Karibik für die Souveränität ihrer Nationen, indem diese sich von der antiquierten Institution der britischen Monarchie lossagen. Er betonte auch, wenn die Amerikaner den Eindruck hätten, daß China mit ihnen „konkurriert“, sei das falsch, denn Chinas Investitionen in Entwicklungsländern seien qualitativ etwas ganz anderes als die westlichen Investitionen in den Rohstoffabbau.

Schluß mit der Kasinowirtschaft!

Am Sonntag ging es weiter mit dem dritten Konferenzabschnitt zum Thema „Schluß mit der Kasinowirtschaft, bevor es zu spät ist!“ Der EIR-Journalist Claudio Celani eröffnete die Sitzung als Moderator mit einem Videoausschnitt aus einer Pressekonferenz, die Lyndon und Helga LaRouche am 28. Juni 2001 in Moskau auf Einladung des damaligen Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses der Staatsduma, Sergej Glasjew, einem hochangesehenen Ökonomen und Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften, gegeben hatten.
Anschließend hielt Dennis Small, Iberoamerika-Redakteur von EIR, das Eröffnungsreferat der Vortragsrunde. Er wies darauf hin, daß eben jener Sergej Glasjew in einer Grußbotschaft anläßlich des 100. Geburtstages von Lyndon LaRouche festgestellt hatte: „In praktisch allen Ländern der Welt, die sich heute erfolgreich entwickeln - vor allem in Indien und China - gibt es Anhänger von LaRouche. Sie wenden seine Gedanken und Ideen an, um ihre Wirtschaftswunder zu schaffen… LaRouches Anhänger in diesen Ländern haben einen fruchtbaren, sehr positiven und konstruktiven Einfluß auf die Gestaltung der Wirtschaftspolitik in diesen führenden Nationen des neuen Wirtschaftsparadigmas.“
Small konzentrierte sich auf drei Punkte: 1. Wir befinden uns mitten in einem Zusammenbruch des transatlantischen Finanzsystems. 2. Es rollt eine Lawine von Aufrufen und Aktionen zur Entdollarisierung. 3. Es stellt sich die Frage, was die Grundlage des neuen Systems ist, das nun entsteht - und damit die Frage: Was gibt einer Währung eigentlich ihren Wert? Dazu zitierte und kommentierte er einige Passagen aus LaRouches Schrift „Warenkorb statt Währungskorb“.
Die folgenden Vorträge befaßten sich mit der Krise der Landwirtschaft und der weltweiten Nahrungsmittelversorgung.
Benjamin Robles, Abgeordneter des Mexikanischen Kongresses und Präsident des Nationalen Kollegiums der Ökonomen Mexikos, berichtete über die Arbeit und Vorschläge seiner Organisation zur Eindämmung der Inflation insbesondere bei Nahrungsmitteln. Er schlug vor, einen gemeinsamen Aufruf an das für Anfang Mai geplante Treffen lateinamerikanischer Staatspräsidenten zu richten, „diese strategische Allianz der lateinamerikanischen Länder gegen die Inflation weiter zu konkretisieren“.
Es folgten Videobotschaften von Vertretern der Landwirtschaft an die Konferenz:
Bob Baker, Landwirtschaftskoordinator im amerikanischen Schiller-Institut, berichtete über seinen Besuch in Europa, wo er kürzlich Gespräche mit Landwirten in Deutschland und den Niederlanden führte und an einer niederländischen Bauernkundgebung teilnahm.
Dr. Jaap Hanekamp, Chemiker und Professor am University College Roosevelt in den Niederlanden, kritisierte die Anti-Stickstoff-Politik der niederländischen Regierung als „eine utopische Entwicklung in den Niederlanden und im Ausland“.
Philippe Grégoire, Präsident der Nationalen Bewegung der Rinderzüchter aus Frankreich, erinnerte an die Charta von Havanna (1948), die nicht auf Freihandel oder Sozialismus, sondern auf die Entwicklung jedes Landes auf der Grundlage von Zusammenarbeit setzte.
Bill Bullard, Chef von R-CALF USA, der größten Rinderhandelsorganisation in den USA mit mehr als 5000 Rinderzüchtern als Mitgliedern, übermittelte eine Grußbotschaft.
James „Jim“ Moore, Fischer und ehemaliger Präsident der Alaska Trollers Association, verwies auf die traurige Ironie, daß in einer Welt, in der Millionen hungern, die Nahrungsmittelproduzenten selbst ums Überleben kämpfen müssen.
Es folgten eine ganze Reihe von Vorträgen hochrangiger iberoamerikanischer Teilnehmer.
Julio De Vido, ehemaliger Minister für Planung und öffentliche Investitionen sowie ehemaliger Kongreßabgeordneter Argentiniens, kritisierte die Methoden der vom Westen beherrschten internationalen Finanzinstitutionen, insbesondere des Weltwährungsfonds, mit denen die Industrieländer die Kontrolle über die kommerziellen, politischen und finanziellen Beziehungen der übrigen Welt aufrechterhalten konnten. Die Entdollarisierung der regionalen Volkswirtschaften sei die einzige Möglichkeit, die von den Vereinigten Staaten aufgezwungene „unipolare Welt“ zu beenden.
Marcos de Oliveira, Herausgeber der führenden brasilianischen Wirtschaftszeitung Monitor Mercantil, berichtete über die Bestrebungen des Globalen Südens und der BRICS, ihre Unabhängigkeit vom Diktat des Westens zu behaupten und zu stärken, und beschrieb die führende Rolle Brasiliens unter seinem neuen Präsidenten Lula da Silva bei diesen Bestrebungen.
Pedro Páez; ehemaliger Wirtschaftsminister Ecuadors (2007-08), betonte, es sei von entscheidender Bedeutung, „neue Kapazitäten auf der Grundlage von Währungs- und Finanzvereinbarungen und regionalen Blöcken zu schaffen…, damit die Menschen ihre Fähigkeit entwickeln können, ihre eigene Wirtschaft und die ihrer Gemeinschaft zu schützen sowie nach besseren Lebensbedingungen zu streben“. Man brauche regionale Mechanismen, Clearingstellen für Zahlungen, eine neuartige Bank für eine andere Art von Entwicklung und ein „Netzwerk von Alternativen…, um der Erpressungsmacht des Internationalen Währungsfonds mit seinen Konditionalitäten und Stabilisierungsprogrammen entgegenzuwirken“.
Diogène Senny aus dem Kongo, Generalsekretär der Panafrikanischen Liga UMOJA, zeigte als Vertreter Afrikas auf, wie die Mechanismen der Beherrschung und Ausbeutung, die von den ehemaligen Kolonialmächten unter Komplizenschaft einer afrikanischen Minderheitselite geschaffen wurden, Afrika in der Schuldenfalle gefangenhalten. Um dieser Schuldenfalle zu entkommen, müßten die Diktaturen und Steuerparadiese beseitigt und die Währungssouveränität zurückgewonnen werden.
Dr. Mohammad A. Toor, Vorstandsvorsitzender des Pakistanisch-Amerikanischen Kongresses in den Vereinigten Staaten, betonte: „Die Welt braucht das neue Modell der wirtschaftlichen Entwicklung der Gürtel- und Straßen-Initiative“. Dies sei auch für die USA selbst dringend notwendig. Der Versuch, Krieg gegen Rußland und China zu führen, um das neue Entwicklungsmodell zu verhindern, sei für Amerika selbstmörderisch.
Simon Miller von der LaRouche-Jugendbewegung in den USA beschrieb am Beispiel des Great-Stone-Industrieparks in Belarus, wie die Schaffung der Infrastrukturkorridore der Gürtel- und Straßen-Initiative dazu genutzt werden kann, in den anliegenden Regionen Zentren der industriellen Entwicklung aufzubauen.
In der mehr als einstündigen Diskussionsrunde, die sich an diese Vorträge anschloß, wurden zahlreiche Fragen angesprochen. Dennis Small hob als Fazit der Runde drei Punkte hervor:
1. Die These des Panels, daß das Interesse des Globalen Südens grundsätzlich mit dem Interesse der Bevölkerung des Nordens übereinstimmt, wurde sehr deutlich untermauert, insbesondere in Bezug auf die Frage der Nahrungsmittelversorgung und der Inflation, die von mehreren Rednern angesprochen wurde.
2. Es wurde intensiv darüber beraten - zwischen Menschen, die hier nicht nur als „Kommentatoren“, sondern als Aktivisten sprachen -, wie man den Übergang vom gescheiterten alten Paradigma in das überlebensnotwendige neue Paradigma der globalen Zusammenarbeit schaffen kann.
3. Und dies ist nicht zuletzt ein sehr wichtiges Thema und eine Aufgabe für die Jugend, weil es um die Zukunft der Erde geht.

Die philosophischen Grundlagen des neuen Paradigmas

Die abschließende, von Helga Zepp-LaRouche moderierte vierte Vortragsrunde befaßte sich mit dem Thema „Die notwendigen philosophischen Grundlagen für das neue Paradigma“.
Jacques Cheminade, Präsident der Partei Solidarité et Progrès und ehemaliger französischer Präsidentschaftskandidat, sprach über den Unterschied zwischen wahrhaft menschlicher, kreativer Arbeit und der bloßen Datenverarbeitung durch „künstliche Intelligenz“. „Der Zweck meiner Intervention ist es, dazu beizutragen, die Macht der menschlichen Arbeit zu befreien.“ Dabei griff er zurück auf LaRouches wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnisse.
Dr. Chandra Muzaffar, Gründer und Präsident von JUST International aus Malaysia, sprach als Vertreter eines muslimischen Landes über die Hintergründe und Bedeutung der Änderungen, die sich jetzt dank der von China vermittelten Annäherung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran in Südwestasien vollziehen. Chinas Diplomatie ziele nicht darauf ab, Hegemonie zu erlangen. „Es geht nicht darum, seinen Willen aufzuzwingen, sondern darum, die Menschen selbst entscheiden zu lassen und den Verhandlungsprozeß zu erleichtern. Genau das haben die Chinesen getan.”
Chas Freeman, ehemaliger Botschafter der USA in Saudi-Arabien und ehemaliger stellvertretender US-Missionschef in China, kommentierte diese Vorgänge aus amerikanischer Sicht. China habe den Nahen Osten lange Zeit als amerikanische Einflußsphäre betrachtet, in der es keine aktive politische Rolle spielen konnte. Doch die US-Politik zur Eindämmung Chinas habe Beijing veranlaßt, seine Zurückhaltung aufzugeben. „All dies markiert das effektive Ende der amerikanischen Hegemonie im Nahen Osten und den Aufstieg des chinesischen Einflusses als glaubwürdiger und konstruktiver Faktor in der Region. Es läge im Interesse der Vereinigten Staaten, Europas und anderer externer Mächte, China dabei zu unterstützen, die saudisch-iranischen Verhandlungen zu einem nachhaltigen Frieden am Persischen Golf zu führen.“
Fatah Raufi, Vertreter der afghanischen Exilgemeinde in den Niederlanden, beschrieb die schreckliche Lage Afghanistans nach 50 Jahren Krieg und ausländischer Besatzung, und verwies dann auf die von Zepp-LaRouche initiierte „Operation Ibn Sina“ zum Wiederaufbau insbesondere des afghanischen Gesundheitssystems als Beispiel, was man tun könne. Die gute Nachricht sei, daß der Krieg nun beendet und der Frieden ins Land zurückgekehrt ist, sodaß nun der Wiederaufbau beginnen kann.
Prof. Cord Eberspächer, Sinologe an der Universität Bonn, beklagte in seinem Beitrag den „unglaublichen Mangel an China-Kompetenz im Westen“. Nur sehr wenige Politiker könnten Chinesisch, und daher seien fast alle abhängig von Fachleuten, ohne beurteilen zu können, ob diese tatsächlich kompetent sind. So befänden sich die Entscheidungsträger oft in einer Echokammer, in der sie nur das zu hören bekommen, was sie hören wollen.
Graham Fuller, ehemaliger US-Diplomat und ehemaliger Vizechef des Nationalen Geheimdienstrats der CIA für den Nahen Osten, kritisierte den „heuchlerischen Ansatz der amerikanischen Politik“, die die Forderung nach Demokratie und Menschenrechten als Waffe gegen unliebsame Staaten einsetze und bei einem quasi militärischen Ansatz verharre, der die Diplomatie ausschließt. Die USA seien zwar militärisch weiterhin die einzige Supermacht, aber nicht mehr in wirtschaftlicher oder anderer Hinsicht. Die Realität werde aber Washington letztendlich zwingen zu erkennen, „daß die Welt nicht mehr dieselbe ist, in der wir einst zu leben glaubten“.
Shakeel Ahmad Ramay aus Pakistan, Geschäftsführer des Asian Institute of Eco-Civilization Research and Development, schlug in seinem Beitrag vor, Zepp-LaRouches „Zehn Prinzipien“ ein weiteres Prinzip hinzuzufügen, „das Prinzip der Harmonie“ zwischen den Menschen und zwischen Mensch und Natur. Wirtschaftliche Interessen als „Sicherheitsfrage“ einzustufen, diene oft als Vorwand für militärische und politische Einmischung, und Länder würden in die Schuldenfalle getrieben, um sich ihre Ressourcen anzueignen. Deshalb müsse man ein Gleichgewicht - eine Harmonie - der Interessen finden.
In der abschließenden Diskussionsrunde betonte Jacques Cheminade, den Menschen im Westen - nicht nur im Bundestag, wie es Prof. Eberspächer in Bezug auf China bemängelt hatte, sondern ganz allgemein - fehle die Fähigkeit, sich selbst mit den Augen der anderen zu betrachten. Er zitierte den französischen Philosophen Jean Bodin, daß das Prinzip der Harmonie in der Musik und der Staatskunst dasselbe sei; die Aufgabe sei es, die Dissonanzen in der Harmonie zu ordnen, weil alle Menschen zwar verschieden sind, aber eine Einheit der Menschheit existiert. Helga Zepp-LaRouche betonte, sie wolle genau dies im ersten ihrer „Zehn Prinzipien“ ausdrücken, wonach eine friedliche Koexistenz vollkommen souveräner Nationalstaaten hergestellt werden müsse. Man müsse eine Kohärenz zwischen dem Makrokosmos und den Mikrokosmen erreichen, und die Nationen müßten darüber beraten, wie diese Prinzipien konkret aufeinander abgestimmt und umgesetzt werden können.

https://schillerinstitute.com/de/blog/2023/03/09/internetkonferenz-buerger-der-welt-vereinigt-euch-stoppt-die-atomkriegsgefahr-jetzt/