06131-237384info@bueso.de

Um das Empire zu besiegen, müssen wir umdenken

[i]Von Lyndon LaRouche[/i]

* * *

Lyndon LaRouche hat in seinem Internetforum am 21. März einige der technischen Einzelheiten dargestellt, wie eine Konkursreorganisation des bankrotten Weltfinanzsystems durchgeführt werden muß. Dabei griff er einen wichtigen Diskussionsbeitrag des amerikanischen Ökonomen James Galbraith auf.

* * * 

Ich werde einen sehr strukturierten Vortrag halten, denn wir stehen an einem Bruchpunkt der Weltgeschichte, an dem es entweder zu einem Zusammenbruch oder zu einem Aufschwung kommen kann. Es ist der Augenblick einer Entscheidung auf Leben und Tod.

Viele Menschen fragen mich: „Warum drücken Sie sich nicht etwas einfacher aus, damit wir es verstehen?" Ich antworte: „Mein Freund, warum bleiben Sie dann nicht einfach sitzen und überlassen die Entscheidung anderen?" Denn diese Dinge erfordern einiges an fachlicher Kompetenz. Es geht um fachliche Fragen zu dem jetzigen Zusammenbruch und zur Umstrukturierung für das weitere Überleben des monetär-finanziellen und realwirtschaftlichen Systems auf der ganzen Welt. Jeder, der qualifiziert ist und die Details und Probleme des Weltfinanz- und -wirtschaftssystems kennt, hat das Recht, sich zu äußern. Wer meint, das übersteige sein Verständnis und deshalb wolle er alles möglich einfach ausgedrückt haben, der sollte lieber den Mund halten und zuhören! Vielleicht kann er noch etwas dazulernen.

Deswegen werden wir uns nicht in die Richtung billiger populistischer Rhetorik drängen lassen. Die Sache ist todernst. Wenn die Vereinigten Staaten das Problem nicht lösen bzw. ihren Teil zur Lösung beitragen, werden wir in ein finsteres Zeitalter eintreten. Innerhalb kurzer Zeit werden dann nur noch etwa 20 Prozent der heutigen Weltbevölkerung am Leben sein. Das ist eine Frage auf Leben oder Tod für ganze Nationen und Völker.

Die Entscheidung liegt hauptsächlich bei den Vereinigten Staaten - bei einer amerikanischen Regierung, die noch immer nicht recht weiß, was zu tun ist, obgleich sie sich über die Schwere des Problems immer mehr einig ist. Es sind also gravierende Dinge, und ich werde mich präzise äußern. Ich werde mich auch, wo nötig, fachlich äußern. Wenn Sie etwas nicht verstehen, können wir es später in der Diskussionsrunde klären.

Galbraiths Feststellungen

Als erstes möchte ich, um den Ton für die Diskussion zu setzen, eine wichtige neue Entwicklung würdigen - eine Schrift von James K. Galbraith, dem Sohn von John Kenneth Galbraith, der ein Berater Kennedys war. Andere würden die Dinge vielleicht ähnlich formulieren, wie er es in seinem jüngst veröffentlichten Aufsatz getan hat, aber niemand sonst hat den Mund aufgetan und sich öffentlich geäußert. Deswegen sind seine Fragen und meine Bemerkungen zu seinen Vorschlägen an dieser Stelle von größter Bedeutung.

Ich habe zehn eigene Anmerkungen zu seinem Aufsatz, der allgemein zugänglich ist, da er an verschiedenen Stellen veröffentlicht wurde.

[i]1.[/i] Galbraith bemerkt über die Gruppe von Wirtschaftsberatern des Weißen Hauses: „Mängel in ihrem Programm können deshalb nicht Inkompetenz zur Last gelegt werden. Wenn es Mängel gibt, sind sie wahrscheinlich die Folge ihrer gemeinsamen beruflichen Hintergründe und Überzeugungen - kurz, der Begrenzungen ihrer Ideen."

Dem stimme ich zu. Das ist absolut zutreffend. Die Leute, die diese Arbeiten leiten und die Entscheidungen fällen, sind kollektiv inkompetent, weil die Grundannahmen, von denen sie aufgrund ihrer früheren Erfahrung und Ausbildung ausgehen, nicht für eine Situation geeignet sind, die es nach ihrem bisherigen Wissen noch nie gegeben hat! Niemand auf diesem Planeten hat in seinem Leben und seiner Ausbildung Erfahrung mit einem Problem, wie wir es heute vor uns haben. Deswegen ist auch niemand kompetent, einen Lösungsvorschlag vorzulegen. Alle Lösungsvorschläge, die bisher offiziell vom Weißen Haus oder anderswoher aus Hinterzimmern gekommen sind, sind [i]völlig inkompetent[/i]. Die gesamte Presseberichterstattung ist völlig inkompetent. Alle Äußerungen von Regierungen über die Wirtschaftslage sind völlig inkompetent. Das ist das Problem, mit dem wir es heute zu tun haben. Deswegen brauchen wir auch keine Aufpasser bei dieser Diskussion.

[i]2.[/i] Galbraiths zweite Aussage lautet: „Die tiefste Überzeugung des Ökonomen von heute ist [zu unrecht], die Wirtschaft sei ein sich selbst stabilisierendes System."

Richtig: Es gibt derzeit in der Weltwirtschaft oder in der amerikanischen Volkswirtschaft keine inhärente Stabilität oder stabilisierenden Faktor. Wir haben eine Situation erlebt, in der die Ereignisse gezeigt haben, daß niemand aus Erfahrung oder aus Fachwissen - Universitätsausbildung usw. - kompetent wäre, auch nur zu schildern, was das Problem ist. Deswegen kommen von den offiziellen Stellen auch keine guten Antworten.

[i]3. [/i]Die dritte Äußerung, die ich kommentieren möchte, lautet: „Wenn also der Aufschwung nicht in die Gene des Systems eingebaut ist, wird die Prognose zu optimistisch und das darauf beruhende Konjunkturprogramm zu klein sein."

Vollkommen richtig. Die Leute verstehen das nicht. Wir haben es mit einer weltweiten finanziellen Zusammenbruchskrise zu tun, die sich jetzt einem Wendepunkt nähert, an dem die Geldflut für die Rettungspakete eine Hyperinflation auszulösen droht, wie sie Deutschland 1923 erlebte. Wir befinden uns in einer Periode ähnlich wie im Frühjahr 1923 in Deutschland, als man nach dem Ersten Weltkrieg versucht hatte, mit inflationären Mitteln die Reichsmark zu retten, und sich eine hyperinflationäre Explosion anbahnte. Zwischen Frühjahr und Oktober/November 1923 brach die deutsche Wirtschaft in einer Hyperinflation auseinander. In den Vereinigten Staaten und auf der Welt insgesamt ist jetzt ein hiermit halbwegs vergleichbarer Punkt erreicht. Im heutigen internationalen Währungssystem, so wie es organisiert ist, gibt es keine Vorkehrungen, die einen allgemeinen Zerfall des gesamten Weltsystems verhindern könnten. Daraus entstünde ein völkermörderischer Kollaps der gesamten Welt, der dazu führen könnte, daß innerhalb einer Generation die Bevölkerungszahl von heute 6,5 Mrd. Menschen auf weniger als 2 Mrd. zurückginge. Das ist die Größenordnung dieser Krise.

[i]4. [/i]Die vierte Äußerung: „Erstens ging das CBO [Haushaltsamt des US-Kongresses] davon aus, daß die jetzige Rezession nicht schlimmer sein werde als die von 1981-82, unsere tiefste Rezession nach dem Krieg. Zweitens erwartete das CBO eine Wende ab Ende dieses Jahres und eine Normalisierung etwa 2015, selbst falls der Kongreß gar nichts unternommen hätte."

Das ist völliger Blödsinn, da hat er recht! Das ist die Lage. Doch warten wir, bis wir alle zehn Punkte in Auszügen beisammen haben.

[i]5.[/i] Fünftens: „Das CBO-Modell stützt sich auf die Erfahrung der Zeit seit dem Krieg, und solche Modelle können keine Ergebnisse voraussagen, die schlimmer sind als das bisher erlebte. Wenn uns ein Abschwung schlimmer als 1982 droht, würden unsere Computer uns das nicht sagen; wir wären überrascht. Und wenn der Konjunkturrückgang anhalten sollte, würden die Computer uns das auch nicht sagen. Eingebacken in das CBO-Modell ist eine ,natürliche Arbeitslosenrate' von 4,8%; das Modell führt die Wirtschaft auf diesen Wert zurück, [i]egal was geschieht[/i]. In der realen Welt gibt es jedoch keinen Grund zu der Annahme, daß dies auch geschieht." [Hervorhebung hinzugefügt]

Galbraiths Aussage sollte hier vollkommen klar sein: Alle diese gescheiterten Wirtschaftsberater des Weißen Hauses begehen systematisch fatale Fehleinschätzungen. [Der Vorsitzende des Nationalen Wirtschaftsrats Lawrence] Summers sollte meiner Meinung nach entlassen werden. [Finanzminister] Geithner sollte seine Funktion auf seinem intellektuellen Niveau weiterführen dürfen und von dem Druck, dem er derzeit ausgesetzt ist, befreit werden. Er kann vielleicht für diesen Zweck in der Administration eine brauchbare Funktion ausüben. Aber Summers sollte in jedem Fall gehen - er ist zu nichts nutze. Auch ist er im Umgang mit Menschen inkompetent. Danach sollten wir  mit einem Minimum an Umbesetzungen ein Maximum an Nutzen schaffen.

[i]6. [/i]Sechstens, wieder Galbraith: „Dieses Vorgehen garantiert ein Ergebnis, das hinsichtlich der Meinungen der Fachleute ungefähr in der Mitte liegt. Die Methode wäre brauchbar, wenn die Fehler von Ökonomen unsystematisch wären. Aber das sind sie nicht. Ökonomen sind eine vorsichtige Zunft, und in einer extremen Situation ist die Mitte der fachlichen Meinung zwangsläufig immer falsch."

Niemand hat heute noch Prinzipien oder Kompetenz. Man versucht, die Meinungen der Leute auszuloten, unter denen man sitzt, und den vermeintlichen Mittelpunkt davon zu finden, verhandelt dann hin und her und präsentiert einen Lösungsvorschlag, ob er funktioniert oder nicht. Dann sagt man, das sei das beste, was man tun könne.

[i]7. [/i]Der siebente Auszug von Galbraith: „Das ursprüngliche Paket wurde beeinflußt vom Wunsch des neuen Teams, die Krise hinter sich zu lassen und zu den vertrauten Problemen ihres bisherigen Lebens zurückzukehren. Diese Schützlinge Robert Rubins, mehrere davon Veteranen von Rubins Hamilton-Projekt, hatten schon immer ein großes Vorurteil gegen Haushaltsdefizite und ‚Anspruchsprobleme', wie sie das nennen. Das bedeutet im Washingtoner Sprachgebrauch die Kürzung von Renten und Medicare [staatliche Krankenversicherung] sowie die Öffnung neuer Märkte für Fondsmanager und Privatversicherer, alles versteckt hinter einer Flut von Budgetgeschwätz über ,langfristige Defizite' und ,ungedeckte Belastungen'."

Offensichtlich.

[i]8. [/i]Achtens: „Das seltsamste an Geithners Programm" - ich mache Geithner gar nicht für dieses Programm verantwortlich; es wurde ihm eingetrichtert - „ist, daß man so tut, als sei die Finanzkrise gar keine richtige Krise, d.h. keine integrierte, langfristige wirtschaftliche Bedrohung, sondern daß es nur zwei verwandte, aber vorübergehende Probleme seien, eines im Bankensektor, das andere bei der Beschäftigung."

Anders gesagt, man denkt immer noch bloß ans „Ausbessern". Man will tun, was man entweder an der Universität gelernt hat - was in der Regel bedeutet, daß man keine Ahnung hat - oder was man im Laufe seines Berufslebens gelernt hat.

Doch wir befinden uns in einer absolut beispiellosen Situation. Etwas wie die jetzige Krise hat es in der Erfahrung oder im Leben keines einzigen lebenden Menschen gegeben. Die letzte solche Krise in der europäischen Zivilisation ereignete sich im 14. Jahrhundert, man nannte es das „Neue finstere Zeitalter". Wer nicht bereit ist, darüber nachzudenken, wie dieses finstere Zeitalter wegen der Lombard-Bankiers der damaligen Zeit entstand, der versteht die heutige Lage nicht. Die heutige Gefahr eines neuen finsteren Zeitalters entstand durch die gleichen Methoden, mit denen damals die Venezianer über die lombardischen Bankhäuser mit Wucheranleihen die Wirtschaft beherrschten. Die damaligen Wucheranleihen überstiegen alle Möglichkeiten, die so erzeugten Schulden jemals zurückzuzahlen - genauso wie der Versuch mit den Rettungspaketen heute. Als sich damals der englische König weigerte, die Anleihen weiter zu bedienen, weil er es sich nicht mehr leisten konnte, setzte eine Kettenreaktion ein. Den Anfang machte das Bankhaus Bardi in der italienischen Kleinstadt Lucca, und dieser Untergang riß weitere Banken und Geldanlagen in Frankreich, England und anderswo mit sich. In der Folge schrumpften die Bevölkerung Europas innerhalb einer Generation um ein Drittel, und die Zahl der Gemeinden in Europa um die Hälfte! In ganz Europa breitete sich damals der blanke Wahnsinn aus. [i]Wir befinden uns heute in einer Situation wie dieser.[/i] Das ist die Gefahr.

Galbraith hat recht, und er wiederholt es in seinem Papier immer wieder: Die Lage übersteigt die Vorstellung und das Vorstellungsvermögen der maßgeblichen privaten und anderen Institutionen dieses Landes. Von niemandem kommen irgendwelche Vorschläge, niemand will überhaupt an Vorschläge denken, die außerhalb dieser Parameter liegen.

[i]9. [/i]So auch neuntens: „Kurz gesagt, wenn wir uns in einem wirklichen Finanzkollaps befinden, sind unsere Modelle zu nichts nutze. Dann ist es angebracht, zurückzublicken, weiter über die Nachkriegsjahre hinaus bis auf die Erfahrung der Großen Depression. Das ist nur durch qualitative und historische Analysen möglich. Unsere neuzeitlichen numerischen Modelle" - und statistischen Modelle - „erfassen einfach nicht den entscheidenden Aspekt der Krise - eben den Zusammenbruch des Finanzsystems."

[i]10. [/i]Die zehnte Aussage [über Roosevelts riesige staatliche Konjunktur- und Beschäftigungsprogramme] ist deswegen bedeutsam, weil sie eine Antwort auf das faschistische Wiedererwachen in den Vereinigten Staaten in Gestalt von Amity Shlaes ist. Amity Shlaes hat eine britische Ausbildung und steht den Leuten um das American Enterprise Institute nahe, eine der sogenannten rechten Denkfabriken, die weitgehend die Politik der US-Regierung formulierten und zwei Amtsperioden von Bush beherrschten - mit der des Vaters sogar drei (nicht gerechnet die beiden Vizepräsidentschaften von Bush senior in den achtziger Jahren).

Diese Leute sind Faschisten. Auch Shlaes' Politik ist faschistisch, und sie lügt. Sie wurde in London zur Faschistin ausgebildet, und sie hat Verbindungen zu den Institutionen in den Vereinigten Staaten, die schon in den zwanziger und dreißiger Jahren faschistisch waren.

Die Vereinigten Staaten und das Britischen Empire

Das spielte sich folgendermaßen ab. 1890 begann ein politischer Niedergang, der zu den Weltkriegen führte, die wir seitdem erlebt haben. In jenem Jahr entließ der deutsche Kaiser seinen Kanzler Bismarck. Er tat dies auf Drängen des britischen Kronprinzen, der schon auf den späteren Ersten Weltkrieg hinarbeitete.

Man muß sich die zeitliche Abfolge dieser Ereignisse vergegenwärtigen, um ein Bild davon zu bekommen, womit wir es heute zu tun haben - wer die rechten, faschistischen Kreise in unserem Land sind, wie sie [Shlaes] und ähnliche, gegen die der Präsident kämpfen muß. Dazu gehört auch die Parlamentssprecherin Nancy Pelosi, was ein wirkliches Problem ist.

Was war also die Vorgeschichte? Nach Lincolns Präsidentschaft und der Hundertjahrfeier der USA 1876 waren die Briten entschlossen, den Einfluß der Vereinigten Staaten zu brechen, weil wir im Bürgerkrieg das Empire besiegt hatten. Es war das Britische Empire, das über seine Gewährsleute den Bürgerkrieg angezettelt hatte - und einige dieser Kreise existieren heute noch. Die Hundertjahrfeier 1876 markierte den Punkt, an dem der Ausbau des Eisenbahnnetzes und andere von der Regierung Lincoln in Gang gesetzte Entwicklungen zu greifen begannen. Die Vereinigten Staaten bildeten zum ersten Mal eine einheitliche Macht auf einem Staatsgebiet zwischen zwei Ozeanen und in Grenzen von Kanada bis Mexiko. Was unser Land einigte, war der Bau eines transkontinentalen Schienennetzes, ein Phänomen, das es bis dahin noch nirgendwo auf der Welt gegeben hatte. Im Zuge des Ausbaus der Infrastruktur, der unter Lincoln einsetzte, und der Mobilisierung für den Bürgerkrieg entwickelten sich die Vereinigten Staaten zu einer Großmacht, die auf ihrem eigenen Territorium nicht mehr besiegt werden konnte.

Zu der Hundertjahrfeier 1876 kamen Leute aus aller Welt, Vertreter führender Kreise aus Deutschland, Frankreich, Rußland usw. Es war eine Art Bestandsaufnahme der großen Revolution, die sich in dieser Zeit besonders im Zuge des Baus der Eisenbahn ereignet hatte.

Die transkontinentale Eisenbahn bedeutete eine Revolution für die Volkswirtschaft. Von den Anfängen der europäischen Zivilisation bis etwa 1876 wurde die Welt von Seemächten beherrscht, auch wirtschaftlich. Seemächte konnten leichter Handel treiben, der Landtransport auf den Kontinenten war schwieriger. Als die Vereinigten Staaten als Kontinentalstaat zwischen zwei Weltmeeren und der kanadischen und mexikanischen Grenze entstanden, wurde erstmals deutlich, was möglich ist, wenn die Vorherrschaft nicht mehr bei einer räuberischen Seemacht, sondern bei der Macht eines souveränen Landes liegt. Durch Eisenbahnen und andere Verkehrsnetze wurden ganze Kontinente für ihre eigene innere Entwicklung vereint. Das war eine große wirtschaftliche Revolution in der Geschichte der Menschheit.

Das britische Weltreich fühlte sich dadurch bedroht, weil das Empire ausschließlich auf Seemacht beruhte. Es war auch kein Imperium eines „Königs" oder dergleichen, sondern es war die Schöpfung eines [i]Konzerns[/i], der Britischen Ostindiengesellschaft. Das war ein Firmenimperium, über das der englische König in diesem Jahrhundert wenig Macht hatte. Dieser Privatkonzern verkörperte den venezianischen Liberalismus, der von Paolo Sarpis Einfluß herstammte. Dieses Imperium hatte die Weltherrschaft an sich gerissen. Es hatte China fast völlig zerstört. Es hielt Indien besetzt.

Auch Afrika wurde sein Opfer, besonders nach 1898. Das sieht man noch heute in Darfur. In Darfur selbst gibt es eigentlich kein Problem. Das Problem besteht in zwei Stämmen, die zwischen Sudan und Tschad aufgeteilt sind. Als Lord Kitchener die Franzosen am Nil geschlagen hatte, waren die Briten mächtig genug, um zu bestimmen, daß dieses kleine Gebiet, das immer mehr zur Wüste wird, dem Darfur-Stamm und nicht dem Tschad-Stamm zufiele. Jedesmal, wenn es seither zu irgendwelchen Instabilitäten in der Region kommt, lebt dieser Konflikt zwischen den Stämmen, dem im Tschad und dem im Sudan, wieder auf. Das ist der Hintergrund der jetzigen Darfur-Krise, die von bestimmten Interessen international hochgespielt wird.

Kompetente Leute im diplomatischen Dienst, die diese Gegend kennen und dort gearbeitet haben, sagen, daß Baschir im Sudan keinen Völkermord begangen hat. Nur inkompetente Leute, die die Lage vor Ort nicht kennen, denken anders. Das ist typisch für das Britische Empire.

Doch zurück zu der Zeit um 1890. Die Briten verfolgten einen Plan, der sich an dem Modell des Siebenjährigen Kriegs orientierte. Damals hatte sich England eine relative Vormachtstellung gegenüber den übrigen europäischen Nationen gesichert, indem es zusammen mit Holland Kriege unter den anderen Großmächten Europas - Rußland, Preußen, Frankreich usw.- anzettelte. Daraus wurde der Siebenjährige Krieg, der sich von seiner Länge durchaus mit dem jüngsten Irakkrieg, der durch Tony Blairs Lügen zustandekam, vergleichen läßt. Der lange Krieg zerrüttete den europäischen Kontinent, doch 1763 schritten die Briten mit dem Pariser Frieden ein und übernahmen die Führung. Tatsächlich war es die Britische Ostindiengesellschaft, die die Macht übernahm. Sie sicherte sich die Macht über England und das Vereinigte Königreich und wurde zu einem Weltreich.

Dieser private Konzern agierte in der Folge unabhängig vom König und der Regierung Englands, indem er sich die Regierung einverleibte. Er plünderte Indien und verübte dort massenhaft Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Seit Ende des 18. Jahrhunderts organisierte er den internationalen Drogenhandel, mit dem China und andere Teile der Welt weitgehend zerstört wurden. Das heutige Drogenproblem, das von dem britischen Agenten George Soros fortgeführt wird, wurde vollständig von der britischen Monarchie und ihrem Vorläufer, der Britischen Ostindiengesellschaft, geschaffen. Das läuft bis heute weiter.

Doch die Vereinigten Staaten gewannen den Bürgerkrieg - gegen das Britische Empire. Wir haben nicht nur diesen Krieg gewonnen, wir erschufen die großartigste Nation in der Geschichte der Menschheit. 1876 strömten prominente Leute aus der gesamten Welt zu uns, um zu sehen, was die Vereinigten Staaten geleistet hatten. Frankreich tat es uns nach, indem es auf ähnlicher Grundlage ein Schienennetz aufbaute. Die deutsche Bagdad-Bahn, die Transsibirische Eisenbahn in Rußland, alle diese Projekte zielten darauf ab, die Binnenwirtschaften Eurasiens entsprechend diesem Modell miteinander zu integrieren.

Der Weg zum Ersten Weltkrieg

Die Briten reagierten darauf mit dem Offensichtlichen, so wie sie bereits in den Napoleonischen Kriegen reagiert hatten: Sie wollten den eurasischen Kontinent mit Hilfe von Kriegen daran hindern, sich dem Empire zu widersetzen.

Nun wollten die Briten den größten Krieg aller Zeiten organisieren. Dabei stand ihnen etwas im Wege. Den Ausgangspunkt sollte ein Krieg zwischen Deutschland und Rußland bilden, aber der englische Kronprinz war der Onkel des deutschen Kaisers und des russischen Zaren. Der Prinz von Wales, der noch nicht König war, mußte also einen Krieg zwischen seinen Neffen organisieren. Der Plan war, einen Balkankrieg zu beginnen, in den der österreichische Kaiser die beiden hineinziehen würde. Daraus sollte sich ein neuer Siebenjähriger Krieg entwickeln, der ganz Europa zerstören und alle Pläne nach dem amerikanischen Vorbild durchkreuzen würde.

Bismarck hatte sich dem amerikanischen Modell verschrieben, er stand in Verbindung mit den Führern der Kreise des damals schon toten Abraham Lincoln. Bismarcks umfangreiche Reformen in Deutschland galten als unmittelbare Bedrohung für die Briten, denn es entstand eine neue Kontinentalmacht, an die das Britische Empire seine Macht verlieren könnte. Das legte es also darauf an, alle gegeneinander in einen Krieg zu verwickeln.

Bismarck war schlau. Er war wahrscheinlich einer der größten Staatsmänner seines Jahrhunderts. Als Kanzler schloß er hinter dem Rücken von Kaiser Wilhelm II. ein Geheimabkommen mit dem Zaren, worin sie übereinkamen, daß Deutschland nicht eingreifen würde, falls der dümmliche, greise Habsburgerkaiser von Österreich auf dem Balkan einen Krieg anzetteln sollte. Auf dieser Grundlage einigte sich der Zar mit Bismarck, daß auch Rußland keine Truppen entsenden würde, um in einem Balkankrieg einzugreifen.

Aber die Briten wollten unbedingt einen Balkankrieg, denn für sie war das genau das Mittel, um die europäische Entwicklung aufzuhalten. Sie wollten vor allem einen Krieg zwischen Rußland und Deutschland, an dem auch Frankreich beteiligt sein sollte. Ihr erster Schritt bestand darin, daß der englische Kronprinz, der Prinz von Wales, seinen Neffen drängte, Bismarck zu entlassen.

Das geschah 1890. Anschließend organisierten die Briten die Ermordung des französischen Präsidenten Sadi Carnot und die Dreyfus-Affäre. Außerdem verhandelte der Prinz von Wales persönlich mit dem japanischen Kaiser, sich mit dem britischen Empire zusammenzutun, um einen Krieg gegen China zu beginnen.

Daraus entstand die zweite Phase des Angriffs auf China. Die erste Attacke waren im wesentlichen die Opiumkriege gewesen. In dem neuen Krieg sollte China nun endgültig und für immer zerschlagen werden. Japan bemühte sich von 1894-95 an bis 1945 beständig, im Dienste der Briten China zu zerschlagen.

Dann kam es zu den Balkankriegen.

Die faschistischen Bewegungen

Inmitten all dessen ereignete sich noch etwas: Die Ermordung von US-Präsident McKinley im Auftrag europäischer, d.h. britischer Kreise brachte einen Konföderierten, Teddy Roosevelt, einen ekligen Verräter, an die Macht. Und nach kurzer Weile wird Woodrow Wilson ins Weiße Haus gebracht, dessen eigene Familie hinter dem Ku-Klux-Klan stand. Dieser Wilson organisierte vom Weißen Haus aus eine Wiederbelebung des Ku-Klux-Klans zu bisher nicht dagewesener Stärke. Es gab also in der amerikanischen Politik einen Wechsel von einem patriotischen Präsidenten, McKinley, zu einem Gespann britischer Agenten, verkörpert durch Teddy Roosevelt und Woodrow Wilson - sowie später auch Coolidge und Hoover.

Im Zuge dieses Prozesses entstanden nach dem Ersten Weltkrieg in Europa protofaschistische Bewegungen. In Amerika wurde die faschistische Bewegung unter den Präsidenten Coolidge, Hoover u.a. aufgebaut. Die American Liberty League war wie eine faschistische Bewegung organisiert. Man erinnere sich, daß diese Präsidenten und diese Kreise erst Mussolini und dann auch Hitler unterstützt hatten. Hitler wurde nur wenige Tage vor Franklin Roosevelts Amtseinführung nicht nur als Reichskanzler, sondern sogar als Diktator Deutschlands eingesetzt. Lange vorher hatte das amerikanische Finanzestablishment der Wall Street zusammen mit den Briten Mussolini in Italien aufgebaut. Auch der deutsche Faschismus wurde von London organisiert.

Somit drohte ein weiterer Siebenjähriger Krieg, ein noch größerer Krieg. Die damalige Bewegung in den Vereinigten Staaten, an die Amity Shlaes heute anknüpft - die Angriffe auf Präsident Obama aus der rechten Ecke kommen von diesen Kreisen -, waren genau diese Faschisten und Nazis während der dreißiger Jahre. Und sie sind es noch heute.

Ich weiß nicht, wie genau James Galbraith darüber unterrichtet ist. Aber ich und viele meiner Mitarbeiter wissen davon, denn wir haben in dieser Frage unserer Hausaufgaben gemacht. Wir haben die Dokumente und die Beweise. Das American Enterprise Institute ist ein Abklatsch einer Organisation, die in den dreißiger Jahren die Nazis unterstützte. Heute treffen wir eine ganze Reihe von Leuten, die den Nazismus, den Faschismus, oder wie man es nennen mag, wiederbeleben wollen. Das ist unser großes Problem. Das ist das Problem, vor dem Obama steht. Darum geht der Kampf!

Man sollte nicht vergessen, daß es der Großvater des letzten US-Präsidenten war, Prescott Bush, der das Geld überweisen ließ, mit dem Hitler in Deutschland an die Macht gebracht wurde. Die NSDAP war bankrott, und sie wurde von Prescott Bush, dem Großvater des jetzt ausgeschiedenen Präsidenten, finanziell gerettet. Vom [i]Charakter [/i]her ist die gesamte Familie Bush - vom Großvater Prescott bis zu George I. und George II. - faschistisch. Das gleiche gilt für das, was sie in der Republikanischen Partei repräsentieren, sowie auch in der Demokratischen Partei, zu der sie auch Beziehungen haben.

Wenn wir also über diesen Punkt reden - den 10. Punkt, den ich herausgepickt habe: Roosevelt wurde angegriffen von einer faschistischen, nazifreundlichen Bewegung innerhalb der Vereinigten Staaten namens American Liberty League. Und es gab verschiedene solche Organisationen; eine davon ist das American Enterprise Institute!

Aber nach Pearl Harbor war der Nazismus in den Vereinigten Staaten nicht mehr so beliebt. Und die Leute, die diese faschistischen Organisationen geschaffen hatten, suchten sich eine neue Tarnung. Sie zogen also aus den Büros aus, in denen sie unter dem einem Namen gewesen waren, und dieselben Leute oder andere Kombinationen derselben Personen zogen in neue Büros und neue Organisationen! Das, was wir heute als rechte Denkfabriken haben, und ein Teil der großen Zeitungen in unserem Land, die von britischen Interessen übernommen wurden, sind nur Neuauflagen der gleichen Sache wie bei den Mussolini-, Faschismus- und Nazifreunden in den dreißiger Jahren vor Pearl Harbor.

Und das ist es, womit wir es zu tun haben. Im Gegensatz zu den Lügen von Amity Shlaes und Leuten ihres Schlages gab es in den dreißiger Jahren kein Versagen auf Seiten der Regierung Roosevelt; Galbraith kann das kompetent beurteilen, weil er das Werk seines Vaters kennt. Es gab von Seiten der faschistischen Elemente, darunter auch Richtern am Obersten Gerichtshof, einen gewaltigen Druck auf die Regierung Roosevelt, ihre Programme zu unterbrechen. Deshalb hing Roosevelt nach seiner Wiederwahl etwa zwei Jahre lang mit dieser Frage der „neun alten Männer" [den Obersten Richtern] fest, und das warf ihn in seinem Wiederaufbauprogramm zurück! Aber das Wiederaufbauprogramm lief weiter, dank der wertvollen Arbeit des WPA und Institutionen ähnlicher Art, was dazu führte, daß wir, als wir in den Krieg eintraten, die größte industrielle Maschine auf diesem Planeten geworden waren.

Wir haben den Zweiten Weltkrieg nicht gewonnen, weil unsere Truppen gut ausgebildet gewesen wären - das waren sie nicht. Das waren Leute wie ich [Heiterkeit], die man als Wehrpflichtige heranzog, und ich fand mich wieder bei etwas, wovon ich nie gedacht hatte, daß ich es je tun würde: Ich bildete Truppen für den Zweiten Weltkrieg aus!

Aber wir hatten eine Maschinerie aufgebaut, wo die technische und logistische Überlegenheit unseren Truppen half, auch wenn sie nicht so gut ausgebildet waren wie z.B. die Deutschen. Die deutschen Truppen waren viel besser ausgebildet, viel besser qualifiziert für den Kampf. Aber wir waren in der Überzahl, nicht nur beim Personal, sondern in der Logistik! Wo sie ein paar hundert Kilo hatten, hatten wir Tonnen! Wir konnten die Strände in jedem Weltteil mit riesigen Materialmengen beladen, und das kam von den Leuten, die meistens in der Roosevelt-Zeit der dreißiger Jahre in die Industrie geholt worden waren.

Dann kam die Zeit, als versucht wurde, die Vereinigten Staaten zu ruinieren, nachdem Roosevelt tot war. Die Vereinigten Staaten hatten durch Lincolns Sieg und dessen Folgen bis 1876 die unangefochtene Weltherrschaft des Britischen Empire zunichte gemacht. Roosevelt hatte durch seine Führung die Vereinigten Staaten so weit aufgebaut, daß sie zu der Zeit, als er starb, nicht besiegt werden konnten. Aber dann kam Truman an die Regierung und nahm auf Anweisung der Briten das Land auseinander.

Und das ist die Lehre, die wir für heute lernen: Die Vereinigten Staaten sind ständig [i]Angriffsziel des Britischen Empire[/i] und all dessen, wofür es steht. [i]Das ist der Feind![/i] Wer etwas anderes glaubt, gehört in eine Kategorie mit Amity Shlaes, einer Wiederbelebung jener Nazi-freundlichen Strömung in der amerikanischen Bevölkerung in den dreißiger Jahren. Und das ist es eigentlich, worauf sich James Galbraith bezieht.

Der Fehler der statistischen Modelle

Nun, ich denke, das spricht für sich selbst. Aber der entscheidende Punkt, der die genannten zehn Punkte aus seiner Schrift zusammenfaßt, ist das, was er immer wieder zur Wirtschaftswissenschaft sagt - Sie werden es bemerkt haben: daß das Problem ein intellektuelles Problem der professionellen Ökonomen in den Vereinigten Staaten ist. Ihre Universitätsausbildung hat sie inkompetent gemacht, in der Art und Weise, wie er es angibt. Sie halten sich immer an statistische Modelle und ähnliche Dinge.

Ein Beispiel: Ich habe seit den fünfziger Jahren signifikante Prognosen gemacht. 1956 habe ich vorhergesagt, was 1957 geschah, weil ich damals eine gründliche Analyse für eine Beraterfirma erstellte und die Fakten kannte. Ich wußte, daß wir auf das hinsteuerten, was dann geschah. Seit damals habe ich eine reihe langfristiger Prognosen erstellt, die allesamt genauso eingetreten sind, wie ich erwartete. Ich habe nie danebengelegen. Und gleichzeitig haben alle diese sogenannten „Experten" und Universitätsexperten und Prognosefirmen, die Berater der Wall Street, Prognosen erstellt - wenn sie welche erstellten -, die inkompetent waren.

Warum?

Das ist nun das eigentliche Thema, auf das wir jetzt kommen. Warum sind offenbar sämtliche Ökonomen tendenziell völlig inkompetent in der Weise, wie es James Galbraith in seinem Bericht beschreibt? Ich denke übrigens, daß andere das auch tun würden, aber er hat vielleicht mehr Mut und hat es veröffentlicht, während andere zögern, zu sagen, was sie wissen.

Das Problem ist, daß alle ihre Prognosen und ihre Wirtschaftspolitik auf eine begrenzte Zahl von Prämissen oder Methoden stützen, „auf die man sich geeinigt hat". Am schlimmsten sind die statistischen Prognosen, nach dem Motto „Die Statistik zeigt uns", „Unsere statistischen Modelle belegen" - diese Dinge. Das ist alles von Grund auf inkompetent. Und bevor ich diesen Vortrag beende, werden Sie wissen, warum. Aber das ist unser Problem.

Und viele halten die Politik des Truman-Erbes für Gott. Diese Leute behaupten dann: „Aber Roosevelt hat Fehler gemacht..." oder „Roosevelt hat sich geirrt." Oder sie kommen, wie Amity Shlaes, sogar mit Lügen an. Aber sie interpretieren die Geschichte falsch.

Und man sieht die Folgen ihrer Ratschläge, wenn man die Geschichte des Aufstiegs der US-Wirtschaft bis zu Franklin Roosevelts Tod ansieht und an den relevanten Kriterien mißt, und das dann mit der Zeit nach Roosevelt, unter Truman, unter Eisenhower, nach der Ermordung Kennedys vergleicht. Der reale Produktionsausstoß der Wirtschaft pro Kopf und pro Quadratkilometer - die meßbare physische Produktion wurde zunehmend schwächer. 1968 war dann der Wendepunkt. 1968 fiel die Menge der Neubauten in der grundlegenden Infrastruktur der Wirtschaft unter das Niveau des Verschleißes der alten Infrastrukturinvestitionen.

Schon die Existenz der sogenannten „68er", die Unruhen stifteten oder sogar Bomben warfen, war an sich eine wirtschaftliche Katastrophe. Leider haben Leute, die so ähnlich denken, heute in den Vereinigten Staaten das Sagen. Ihre Ideologie ist heute in jeder Hinsicht in der Wirtschaft vorherrschend.

Der Weg in die Katastrophe

Das war eine Wende: Wir sind heruntergekommen. Wir haben seit jener Zeit die eigene Wirtschaft Schritt für Schritt ruiniert. Wir haben die Weltwirtschaft zerstört. Wir haben unsere Industrie in arme Länder ausgelagert, zu Menschen, die nicht unsere Qualifikationen hatten. Wir haben die Fabriken geschlossen. Wir haben die Landwirtschaft stillgelegt. Und wir haben die Produktion in Landwirtschaft und Industrie in andere Teile der Welt ausgelagert, wo aber die Qualifikationen und die Voraussetzungen in der Infrastruktur fehlen, damit Investitionen dieser Art auf Dauer der ganzen Bevölkerung Nutzen bringen. Wir haben andere Länder ausgebeutet, bis sie nichts mehr hatten.

Und für die wenigen Länder, die wir auf dieser Grundlage der Globalisierung aufgebaut haben, ist es jetzt ein Desaster. Nehmen wir zum Beispiel China. Der große Geldsegen durch die Schließung der amerikanischen und europäischen Fabriken und Verlagerung der Arbeit auf die billigen chinesischen Arbeitskräfte erweist sich für China gerade als eine Katastrophe! Jetzt bricht der Markt für chinesische Produkte plötzlich zusammen, und die chinesische Wirtschaft erlebt einen immer schnelleren Verfall! Und das gleiche wird man überall im Entwicklungssektor sehen, wohin Arbeitsplätze ausgelagert wurden, während die Kapazitäten in Europa und Nordamerika stillgelegt wurden.

Wir haben also einen Niedergang erlebt. Aber einige Leute sind reicher geworden. Und einige sind vielleicht auch nicht reicher geworden, aber betrinken sich öfter, weil sie sich dann besser fühlen. [Heiterkeit] Das ist der Trend. Wir haben also eine absterbende Wirtschaft. Wir haben nicht mehr den wirklichen, physischen Reichtum, den wir einst erzeugt haben, wir haben weniger. Trotzdem haben einige Leute sehr viel mehr Geld! Warum?

Nun, denken wir darüber nach. Wir hatten im Oktober 1987 eine weitere Depression, die ich übrigens auch vorhergesagt habe. Die Leute meinten, dazu werde es nicht kommen, aber es geschah doch. Und an dem Punkt stand die US-Wirtschaft kurz davor, in eine Depression zu gehen. Und dann kam Alan Greenspan, und Alan Greenspan hatte keinerlei Moral. Und deshalb dachte er, er könne sich Dinge ausdenken, auf die anständige Leute niemals kommen würden. [Heiterkeit.]

Er kam auf etwas, wofür man vorher schon Leute ins Gefängnis gesteckt hatte, und machte das zur nationalen Politik des Federal Reserve Systems. Man nennt es heute „Derivate".

Er hat dann eine gewaltige Finanzblase geschaffen, die davon existierte, daß sie sich selbst vergrößerte. Es ist wie ein schädlicher Pilz. Wenn Sie einen Pilz im Badezimmer haben, dann wächst er, und je mehr Sie ihn bekämpfen, desto mehr wächst er, oder es kommen neue Formen von Pilzen!

Wir haben also eine riesige Menge Schulden aufgetürmt. Diese Schulden sind nicht durch Investitionen in reale Produktion entstanden. Es waren Schulden, die ganz von selbst wuchsen.

Das läuft so: Man investiert eine bestimmte Summe, legt eine Rendite fest und sagt dann: „Gut, das ist der Ertrag. Wir haben hier diese Schuld, die jährlich den folgenden Ertrag bringen wird. Wir geben ihr eine Laufzeit z.B. von 10 oder 20 Jahren. Nun bewerten wir diese Schuld nicht anhand der Summe, die ursprünglich eingezahlt wurde (oder auch nur versprochen wurde - Sie wissen ja, oft wird gar nicht gezahlt, sondern das Geld nur versprochen), sondern wir multiplizieren diese Summe um diesen Faktor. Das behandeln wir dann als einen Kapitalwert, der auf dem Markt zu diesem vielfachen Preis gehandelt wird - der Preis, multipliziert mit einer bestimmten Anzahl von Jahren."

Und so war es: Je mehr diese Schulden wuchsen, desto mehr wuchsen sie! [Heiterkeit.] Wir haben also eine hyperinflationäre Blase der Finanzderivate und ähnlichen Unsinns, die heranwuchs. Und seit dem „Greenspan-Wunder" wurde das auch noch als „Prosperität" bezeichnet, nicht wahr? Als Greenspans Prosperität. Wir haben die Blase aufgeblasen bis zu dem Punkt, an dem die Summe der ausstehenden Schulden bei weitem alles überstieg, was die gesamte Menschheit in ihrer gesamten Lebenszeit bezahlen könnte. Und deshalb haben wir einen Crash!

Aber wann trat die Krise ein? Wann begann dieses Problem? Das Problem begann, als man Alan Greenspan den Vorsitz der Federal Reserve überließ. Jemand sagt, die Krise ereigne sich heute? Sie ereignete sich damals! Damals haben Sie sich mit Syphilis angesteckt, und jetzt fühlen Sie die Symptome! [Heiterkeit.]

Das ist die Natur des Problems. Was wir heute haben, was die Leute heute auf den Märkten, in den Unternehmen usw. denken oder „denken sollen", ist nach den Maßstäben eines industriellen Managements vor 20 oder 30 Jahren [i]völlig inkompetent![/i] Sie sind völlig inkompetent. Alles, was die Manager heute können, ist, in ein Unternehmen zu kommen, nichts zu tun, was irgendwelchen Wert hätte, die Firma zu ruinieren und mit einer dicken Abfindung wieder zu verschwinden. Sie haben keinerlei Kompetenz. Was wir haben, ist eine parasitäre Klasse, die Klasse des sogenannten modernen Managements, für das diese Firmen, die jetzt untergegangen sind, typisch sind. Ein Beispiel ist Goldman Sachs (oder „Goldman Sucks", wem das lieber ist.) Das ist es, was da abgelaufen ist.

Es gab eine Zerstörung der US-Wirtschaft und der europäischen Volkswirtschaften infolge aller dieser aufeinanderfolgenden großen Veränderungen, die im Lauf der Jahre gemacht wurden. Die tatsächliche Produktivität der Gesellschaft ist in dieser Zeit zurückgegangen, real betrachtet, physisch betrachtet - menschlich betrachtet - pro Kopf und Quadratkilometer.

Es gab Änderungen, aber diese Änderungen waren im Weltmaßstab ein Niedergang. Man verlagert Arbeitsplätze nach China, man bezahlt dort weniger - deshalb tut man es ja - und hört auf, in Amerika und Europa in die Industrie und in die Produktivität zu investieren. Das Resultat ist ein Nettorückgang des physischen Produktionsausstoßes der Weltwirtschaft. Aber gleichzeitig nennt man es ein profitables Geschäft, man kapitalisiert es finanziell, man baut ein viel größeres Volumen angeblicher Finanzwerte auf, während man die Basis zerstört.

Und wenn die Weltwirtschaft in diesen Jahren, gemessen am physischen Profit, eine negative Profitrate hatte, ist das Resultat offensichtlich: Man erreicht einen Punkt, an dem die fiktiven Finanzwerte im Verhältnis zu den ihnen zuzuschreibenden realen Werten dermaßen zunehmen, daß alles in sich zusammenbricht. Und das ist genau, was geschehen ist. 

Gehen wir zu der Zeit 2007 zurück. Am 25. Juli 2007 veranstaltete ich in der Nähe Washingtons ein Internetforum, auf dem ich darlegte, daß wir am Rande eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs standen und daß dieser Kollaps sich beschleunigen würde. Ich schilderte damals auch in Grundzügen, teilweise auch im einzelnen, welche Maßnahmen man ergreifen müßte, um mit der Krise fertig zu werden. Wären diese Maßnahmen noch im September oder Oktober 2007 ergriffen worden, dann gäbe es heute diese Krise in den Vereinigten Staaten nicht.

Mein Vorschlag lautete damals wie folgt.

Erstens der Häusersektor. Die Immobilienpreise spielen verrückt. Deshalb müssen die Eigenheimbesitzer geschützt werden. Wir wollen, daß die Menschen in ihren Häusern wohnen bleiben können. Deswegen muß das gesamte Hypothekensystem unter Konkursverwaltung mit Gläubigerschutz gestellt werden. Niemand wird aus seinem Haus geworfen. In schwierigen Fällen, wenn der Druck groß ist, muß der Gläubigerschutz wirksam werden. Niemand, der im eigenen Haus lebt, darf wegen der Hypothekenkrise sein Heim verlieren. Die Menschen bleiben einfach dort wohnen. Darüber hinaus muß die lokale Wirtschaft stabil gehalten werden. Man will nicht, daß Menschen auf die Straße gesetzt werden und irgendwo anders hinziehen usw. Das würde eine Kettenreaktion des Zusammenbruchs bedeuten.

Zweitens: Einige Banken sind realistisch gesehen bankrott. Es gibt aber bei einer Bank zwei Aspekte, der eine ist ihre finanzielle Stabilität, der andere ist ihre wirtschaftliche Funktion. Schauen wir zurück auf Alexander Hamilton am Ende des Revolutionskrieges, als die Kolonien die Kriegsanstrengungen für unsere Unabhängigkeit finanziert hatten. Sämtliche Banken in den Kolonien, die ihre patriotische Pflicht erfüllt hatten, waren dadurch praktisch bankrott. Am Ende des Krieges wurde deutlich, daß wir über die Unabhängigkeitserklärung hinaus eine Bundesverfassung brauchten. Hamilton fand die richtige Lösung, und diese Lösung war die Nationalbank. Man wollte alles tun, um die Banken durch staatliche Unterstützung zu retten. Diese Unterstützung der Regierung sollte über die Nationalbank laufen. So machte die Einigung auf eine solche Nationalbank die Verabschiedung der Verfassung der Vereinigten Staaten möglich. Dieses Prinzip, das auch ich anwende, bildet das Fundament der US-Verfassung. Denn die Banken, die im Unabhängigkeitskampf der Revolutionsregierung gedient hatten, standen nun unter diesem Schutz, so daß sie sich weiterentwickeln konnten, und so konnte das Bankenwesen in den Vereinigten Staaten am Leben erhalten werden. Die Verfassung wurde um diese zentrale Frage organisiert. Deshalb ist die Nationalbank von Natur aus für uns Amerikaner die richtige Richtung.

Was ist somit in diesem Fall zu tun? Man beschließt, die Banken dem Schutz der Regierung zu unterstellen. Man unterstellt die Banken ebenso wie die hypothekenbelasteten Hausbesitzer dem Gläubigerschutz, um das System zu sanieren. Gleichzeitig richtet man ein Kreditsystem ein, um das realwirtschaftliche Wachstum anzukurbeln. D.h., man muß international ein neues Kreditsystem aushandeln, welches das hoffnungslos bankrotte Geldsystem ersetzt.

Das waren meine Vorschläge.

Wäre das im Herbst 2007 erfolgt, [i]gäbe es heute in den Vereinigten Staaten keine Krise[/i].

Aber was geschah statt dessen? Unter einem „verdoddelten" Senator [Dodd] ging der Abgeordnete „Bailout Barney" Frank aus Connecticut zu Werk. Sie ließen im Dienste ihrer Freunde sämtliche wertlosen Papiere auf der Welt retten, und dazu noch ungeheure Managerabfindungen. Was als Hilfen und Garantien der US-Regierung in der Krise aufgewandt wurde, reicht schon aus, um die gesamte Weltwirtschaft in einen Bankrott zu stürzen, wie ihn Europa im 14. Jahrhundert erlebt hat - diesmal auf weltweiter Ebene.

Eine kriminelle Regierung

Unter George W. Bush hatten die Vereinigten Staaten praktisch eine kriminelle Regierung, und diese kriminelle Regierungspolitik wurde seit Obamas Amtsantritt nicht korrigiert. Das ist das Problem.

Die Ökonomen und andere haben keine Idee davon, [i]wie ein kompetentes Finanzsystem eigentlich funktioniert[/i]. Sie kamen mit dem bisherigen System zurecht, dessen Regeln sie kannten. Solange das System funktionierte und nicht kollabierte, wußten sie, was von Tag zu Tag, Monat zu Monat, Jahr zu Jahr zu tun war. Aber als das System zusammenbrach, hatten sie keine Ahnung, was sie dagegen tun sollten. An diesem Punkt stehen wir jetzt.

An [US-Finanzminister] Geithner wird das Problem deutlich. Ich meine, er ist nicht schlimmer inkompetent als die meisten anderen auf diesem Feld. Unter den richtigen Bedingungen könnte er ein sehr brauchbarer Minister sein, wenn man ihm freie Hand ließe und er seinem eigenen Gewissen und guten Beratern folgen könnte. Aber unter der jetzigen Regierungspolitik [i]gehen die Vereinigten Staaten derzeit geradewegs auf eine hyperinflationäre Explosion zu, und das würde sie selbst und die meisten Länder Welt zerstören[/i].

Hier kommt Galbraiths Einschätzung zum Tragen. Die Leute, die das System zu steuern versuchen, habe keine Ahnung, was sie tun. Sie haben keine Vorstellung davon, was das Problem ist, und keine Vorstellung davon, wie die Lösung aussehen müßte. Wenn wir das nicht ändern, wird das Land zugrunde gehen!

Galbraith legt seinen Finger in die Wunde. Deswegen habe ich ihn ausgewählt, denn er ist im wesentlichen ein guter Mann und der erste, der es so offen sagt. In den von mir ausgewählten Zitaten sagt er es wiederholt und völlig richtig: Ihr Leute, die ihr mit euren verschiedenen Systemen hantiert, habt keine Ahnung, was ihr da tut und wohin ihr eigentlich geht. Denn ihr habt es mit einer Lage zu tun, mit der ihr keine Erfahrung habt und die ihr nicht kennt. So könnt ihr unmöglich aus eigener Kraft herausfinden, was überhaupt das Problem ist,  mit dem ihr es zu tun habt. Ihr seid alle dem gleichen vorherbestimmten System in euren Köpfen verhaftet und versucht, es der Realität überzustülpen.

Das ist, als wollte jemand ernsthaft eine Schaufensterpuppe heiraten. Da wird nichts bei herauskommen, egal wie aufrichtig er es meint.

Das tiefere Problem: Geld und Profit

Das bringt uns auf ein viel grundsätzlicheres Problem in dem Zusammenhang, dem ich mich nun in der entsprechenden Reihenfolge zuwenden möchte.

Vor allem sollte man sich die Vorstellung von Geld als solchem aus dem Kopf schlagen. Geld ist zwar notwendig, weil die Menschen Dinge tauschen müssen und der Wert sich dabei meistens nicht direkt bestimmen läßt. Deshalb richtet man ein passendes Geldsystem ein, in dem Schätzpreise als Maß des Wertes dienen. Das geschieht unter einer geeigneten Aufsicht in einer Weise, daß die Wirtschaft wächst. Aber man kann nicht auf der Grundlage eines solchen Geldsystems entscheiden, wie eine Wirtschaft wachsen sollte.

Damit ergibt sich ein anderes Problem: Was macht eine erfolgreiche Volkswirtschaft aus? Welches naturwissenschaftliche Prinzip steckt dahinter? Die Ökonomen, mit denen wir es gewöhnlich zu tun haben, haben keine Ahnung davon.

Dies ist sogar noch viel schlimmer geworden, seit man die Industrie abgebaut und die beiden großen Produktionsbereiche, Industrie und Landwirtschaft, ruiniert hat. Amerikas Landwirtschaft und Industrie sind als einstmals erfolgreicher Wachstumsmotor ausgefallen. D.h. die Manager der großen Konzerne wie zum Beispiel General Motors - auch schon diejenigen, die sich nicht nur persönlich bereichert haben - waren völlig unfähig.

Meine Generation war durchaus noch kompetent. Die folgende Generation war es nicht mehr. Meine Generation orientierte sich an der Produktion - Landwirtschaft, Industrie, Infrastruktur. Meine Generation war weitgehend geprägt vom frischen Wind der Regierung Roosevelt: Aufschwung, industrielle Revolution, technische Revolution. Wir hatten noch Manager, die etwas in die Hand nahmen und die Produktivkraft von Firmen und Farmen pro Kopf und pro Quadratkilometer steigerten. Das trieb sie an.

Insbesondere seit 1968 ging es dann mit der Produktivität bergab, das Management hielt es nicht mehr für nötig, die tatsächliche physische Produktivität in Landwirtschaft und Industrie und den allgemeinen realen Lebensstandard zu erhöhen. Seit dieser Zeit mogeln wir uns nur noch auf Pump durchs Leben.

Die nächste Frage lautet: Was ist die Lösung? Die Menschen aus meiner Generation, die die Betriebe führten, sind nicht mehr da. Die nächste Generation war nicht so besonders, und die jetzt nachfolgende Generation ist vollkommen inkompetent. Wie soll man das, wofür das Amerikanische System früher einmal stand, wieder aufbauen? Nach welchen Grundsätzen?

Man kann kurz sagen: „Industrie und Landwirtschaft". Doch wie steht es mit der Frage des Profits? Man braucht Gewinne, wenn die Industrie wachsen soll. Die Landwirtschaft und die Industrie müssen genügend Wert erwirtschaften, daß in der Zeit danach etwas für die Entwicklung und Ausweitung der Wirtschaft übrig bleibt. Anders gefragt: Woher kommt der [i]wahre Profit?[/i] Im Gegensatz zum bloßen Geldprofit - wir sehen ja, wohin wir damit gekommen sind. Physischer Profit bedeutet, daß man in der Produktion mehr herausbekommt, als man hineingesteckt hat. So wächst das Einkommen der Beschäftigten und die Arbeitsproduktivität. Wie erreichen wir das?

Dazu muß man in Landwirtschaft und Industrie - einmal abgesehen von den Gemeinkosten - zwei Faktoren beachten. Man berechnet die laufenden Betriebskosten, also was es kostet, die Maschinen, die man einsetzt, anzuschaffen und zu betreiben. Das wendet man nun nicht nur auf private mittelständische Betriebe und größere Konzerne an, sondern auch auf andere, größere Investitionen. In einer erfolgreichen Volkswirtschaft stecken die größten Investitionen an Realkapital in der Infrastruktur, die im großen und ganzen dem öffentlichen und nicht dem privaten Sektor zufällt. Das ist eine Sache des Staates und der Nation.

Wir brauchen Kernkraft

Das bedeutet zum Beispiel Kernkraftwerke. Kernkraftwerke sind nicht nur eine Angelegenheit des einzelnen Standorts. Wenn wir wirklich etwas erreichen wollen, brauchen wir viele davon, vor allem solche der vierten Generation vom Typ der Kugelhaufenreaktoren. Mit Hilfe des Kugelhaufenreaktors von z.B. 1000 MW lassen sich synthetische Treibstoffe herstellen, man kann Wasser reinigen und daraus synthetische Wasserstoffe und ähnliches herstellen. Dann müssen wir kein Erdöl aus dem Ausland mehr einführen. Es ist völlig unsinnig, einen eigentlich billigen Stoff um die ganze Welt zu transportieren, wobei sehr hohe Transportkosten und Monopole entstehen.

Ist es nicht besser, wasserstoffbasierte Treibstoffe unmittelbar vor Ort in jeder großen Stadt zu produzieren? Mit einem 1000-MW-Reaktor vom Kugelhaufentyp kann man neben dem elektrischen Strom ganz viele Nebenprodukte herstellen: industrielle Prozeßwärme und ähnliche Wärme, synthetische Treibstoffe, gasförmige Kraftstoffe usw. Sie sind auch besser für Flugzeuge und den Luftverkehr als die bisherigen Treibstoffe.

Auch die Abwärme des Reaktors, die als Rest der verschiedenen Wärmeniveaus übrigbleibt, läßt sich nutzen. Man mißt alles nach der Energieflußdichte, der Konzentration pro Flächeneinheit oder pro Gewichtseinheit der Energie. Das beginnt mit der höchsten Temperaturstufe, wo im Rahmen der Physik des Periodensystems Prozesse wie die Transmutation von Stoffen stattfinden, hinunter über verschiedene chemische Prozesse bis hin zur verbleibenden Restwärme, die sich dann noch für Heizzwecke in den Wohngebieten nutzen läßt. Man kann so einen Querschnitt durch das gesamte Gebiet einer Kommune erstellen. Die Wärme geringster Qualität reicht dann immer noch aus, um ein Haus zu beheizen oder eine Mahlzeit zu kochen.

Wenn man ein Zentralheizungssystem mit Kernkraft betreibt, kann man die gesamte Bandbreite der Energie bis herab zu den alltäglichsten Dingen abdecken und so das Leben für die Menschen vereinfachen. Wenn man das Leben vereinfacht, senkt man gleichzeitig auch die Produktionskosten, denn man steigert die Arbeitsproduktivkraft. Mit Hochtemperaturreaktionen lassen sich Dinge produzieren, die man niemals mit niedrigeren Temperaturen herstellen könnte. Wenn Politiker von Sonnen- und Windenergie schwätzen, ist das kompletter Unsinn.

Wie sieht also der Prozeß aus, über den die Produktivität einer weiter wachsenden Bevölkerung zunimmt, während gleichzeitig auch der Lebensstandard steigt? Man braucht dazu [i]grundlegende Veränderungen der physikalischen Prinzipien, die man in der Volkswirtschaft anwendet.[/i] Der erste Schritt dazu besteht im Übergang zu Reaktionen mit höheren Temperaturen, wie in unserem Fall Kernenergie.

Zuerst haben die Menschen nur Holz verbrannt - mancher hat vielleicht auch das Haus des Nachbarn abgebrannt oder so etwas. Dann ging man dazu über, Holzkohle zu verbrennen, die ein besserer Brennstoff als Holz ist. Es kamen weitere Energiequellen hinzu, bis zum Erdgas usw. Damit hat man ein bestimmtes Niveau erreicht, über das es scheinbar nicht hinausging. Doch dann kam die Kernenergie, mit einer um Größenordnungen höheren Energiedichte und höheren Temperatur. Damit lassen sich Dinge tun, die niemals zuvor möglich waren. Inzwischen haben wir die Aussicht auf die Kernfusion; sie bedeutet noch einmal eine um das tausendfache höhere Leistungsfähigkeit und Kraft für die gleiche Menge Kalorien als selbst bei der Kernspaltung.

Solange man die Skala von Wissenschaft und Technik zu höheren Ebenen der Produktivität heraufsteigt und sich die intellektuellen Fähigkeiten der Arbeitskräfte entsprechend weiterentwickeln, werden sie Innovationen schaffen, die die Arbeitsproduktivkraft steigern, wenn man in sie investiert. Das sollte die Aufgabe der Gesellschaft sein.

Der Unterschied zwischen Mensch und Tier

Die andere Seite der Politik betrifft den Unterschied zwischen Mensch und Tier bzw. den Unterschied zwischen Noosphäre und Biosphäre. Wo liegt der Unterschied zwischen der menschlichen Gattung und einer Tierart (beispielsweise gemessen pro Quadratkilometer)? Kein Tier kann eine Idee oder ein Konzept erfinden. Nur der Mensch entwickelt geistige Vorstellungen, die physikalischen Prinzipien entsprechen. Die eigentliche Quelle wachsenden Reichtums besteht somit in einer Zunahme der Arbeitsproduktivkraft mittels des wissenschaftlichen Fortschritts und Investitionen in den wissenschaftlichen Fortschritt.

Auf der anderen Seite leben wir auf einem Planeten, auf dem ein hochinteressantes, wenn auch nicht ganz leicht verständliches Phänomen auftritt. Ich möchte Ihnen das darstellen, auch wenn es inhaltlich eine Herausforderung sein mag. Ich beziehe mich hier auf einen lieben Freund aus Rußland mit Namen W.I. Wernadskij, der u.a. das Konzept der Biosphäre und Noosphäre entwickelt hat: von lebenden gegenüber nichtlebenden Prozessen und den vom menschlichen Geist bewirkten Prozessen, die kein Tier nachvollziehen kann. Dabei mißt man im Tierreich nicht einzelne Arten als solche, sondern Gruppen lebender Arten nach ihrer Produktivität bzw. potentiellen Produktivität und ihrer Wechselwirkung. Die Artengruppe hat dann jeweils ein bestimmtes Potential für ihre Gesamtpopulation.

Generell wird bei den Tieren das System immer einem Gleichgewicht zustreben, d.h. wenn ein bestimmtes Niveau erreicht wird, sorgen Gegenwirkungen dafür, daß es wieder abfällt. Beim Menschen ist das nicht der Fall. Man vergleiche dazu Menschen mit der Population von Schimpansen oder anderen Menschenaffen. Sie sind auch Individuen - manche ähneln typischen Politikern - aber warum reichen sie nicht an den Menschen heran?

Nur der Mensch kann durch seine geistigen Fähigkeiten eine Bevölkerungszunahme bewirken, die über ein feststehendes Niveau, wie es für jede Tierart in einem spezifischen Lebensraum gilt, hinausgeht. Das ist möglich, weil der menschliche Geist anders als die Tiere fundamentale Entdeckungen physikalischer Prinzipien oder entsprechende Entdeckungen machen kann. Diese Entdeckungen sind typisch für die Naturwissenschaft einerseits und für die klassische Kunst andererseits. Beide Bereiche sind wichtig: Die Naturwissenschaft bezieht sich auf Dinge, mit denen der Mensch umgeht, die klassische Kultur bezieht sich auf Aktivitäten, die mit der Entwicklung des menschlichen Geistes und dem geistigen Zusammenleben der Menschen zu tun haben.

Beides ist nur dem Menschen eigen, kein Tier ist dazu fähig. Einige Tiere können Menschen nachahmen, aber sie können nicht selbst erzeugen, was sie imitieren. Nur der Mensch ist schöpferisch in diesem Sinne.

In lebenden Prozessen steckt auch Kreativität, aber ohne Bewußtsein. Ein Beispiel: Früher lebten in Australien allerlei komische Arten von Beuteltieren. Als dann aber Säugetiere auftauchten, wurden die armen Beuteltiere an die Seite gedrängt, weil sie in ihrem Lebensraum den Säugetieren unterlegen waren. Aber der Wechsel von Beuteltieren zu Säugetieren war eine nach oben gerichtete reale evolutionäre Entwicklung unter den lebenden Arten. Weil Australien von den anderen Erdteilen, wo die Entwicklung der Säugetiere stattfand, abgeschnitten war, blieb dort die Entwicklung bei den Beuteltieren stehen. Als dann die Kaninchen eingeschleppt wurden, die keine Beuteltiere sind, wurden sie bald zu einem großen Problem, weil sie sich ohne natürliche Feinde so schnell vermehrten.

Es gibt also bei den Lebewesen auf diesem Planeten eine potentielle Entwicklung und eine positive Evolution. Aber dies ist [i]nicht bewußt[/i]. Der Entwicklungsprozeß ist in die für lebende Prozesse charakteristische antientropische Richtung eingebaut.

Astrophysik

Auf unserem Planeten und im Sonnensystem insgesamt lassen sich somit drei Bereiche unterscheiden, mit denen wir es in der Physik zu tun haben. Der erste sind jene Produkte, die gewöhnlich nicht von lebenden Prozessen herstammen: unbelebte Materie. Ein weiterer Bereich hat zwei Komponenten: lebende Prozesse und Produkte lebender Prozesse. Letztere Stoffe mögen formal gesehen tot bzw. nichtlebend sein, aber chemisch im Sinne des Periodensystems und ähnlicher Kriterien existieren sie nur als Nebenprodukt lebender Aktivität. Der dritte Bereich, genannt Noosphäre, übertrifft sämtliche Potentiale der unbelebten Materie oder der Biosphäre: die Menschheit.

Stellen Sie sich den Planeten Erde vor. Die Masse der Erde liegt noch im gleichen Größenbereich wie zu der Zeit, als der Planet geformt wurde. Er entstand aus Material, das von der Sonne, wahrscheinlich durch polarisierte Fusion induziert, in eine Umlaufbahn geschleudert wurde. Eine kleine, heiße Sonne drehte sich dort oben in großer Einsamkeit sehr schnell, bis sie Materie in einer sie umgebenden Ebene verteilte. Die von der Sonne ausgehende Strahlung traf auf diese Materie, die dadurch ein höheres Temperaturäquivalent als die Sonne selbst erreichte. Auf diese Weise wird die Masse auf spezifische Weise verwandelt.

Das läßt sich am Periodensystem ablesen. Welche Elemente findet man in der Sonne? Welche findet man im Material des Planetensystems, das von der Sonne erzeugt wurde? Das Periodensystem der Planeten ist höher entwickelt als das der Sonne selbst. Also hat es einen Entwicklungsprozeß gegeben.

Nach vielen Prozessen haben wir schließlich diesen Planeten Erde in der heutigen Form, auf dem wir leben. Die Masse der Erde ist in etwa die gleiche geblieben wie zur Entstehungszeit des Planeten. Allerdings setzt sich diese Masse zumindest auf der Erdoberfläche aus drei verschiedenen Kategorien zusammen. Eine Komponente ist das Unbelebte, vermutlich die primitivste Form. Die zweite ist die Biosphäre: ihre Elemente bestehen entweder aus lebenden Prozessen oder nur deswegen, weil sie Produkte lebender Prozesse sind. Eine dritte Komponente des Planetengewichts ist das, was nur durch den Menschen und seine Aktivitäten entstanden ist.

Der Anteil der Biosphäre an der Gesamtmasse des Planeten nimmt zu, und der menschliche Anteil, die Noosphäre, wächst noch schneller als die Biosphäre. Das sind die Bedingungen für erfolgreiches menschliches Leben auf diesem Planeten. Die Biosphäre muß wachsen, aber die Noosphäre, der Bereich, der menschliche Aktivitäten und menschliche Erzeugnisse betrifft, muß noch schneller wachsen als die Biosphäre.

Wie ist das möglich? Sicher nicht nach dem vermeintlichen Prinzip, das sich Gesetz des Nullwachstums oder Entropie nennt. Es gibt kein „Entropiegesetz". Entropie ist keine Eigenschaft des Universums, ganz bestimmt keine des Sonnensystems. Am besten fängt man mit der Sonne an - einer [i]einsamen [/i]Sonne, die sich wie verrückt dreht - weil sie sich vielleicht nach einem Partner sehnt? Sie befindet sich ganz einsam in einem Randbereich unserer Galaxis, der Milchstraße. Sie wird heißer und heißer, und sie beginnt Materie abzustoßen, um die Eigendrehung zu verlangsamen. In den Bereichen, wo sie Materie hingeschleudert hat, entstehen plötzlich Elemente höherer Ordnung im Periodensystem, wie wir dies rückblickend bezeichnen. Die Materie wird in Umlaufbahnen geschleudert - die Bahnen, die Kepler untersuchte, um das Prinzip der universellen Gravitation zu definieren.

In diesem Prozeß entwickelte sich die Evolution des Unbelebten. Darauf entstehen erste Lebensformen - wahrscheinlich in den meisten Teilen des Sonnensystems. Gattungen entstehen und entwickeln sich; sie heben die Biosphäre auf eine höhere Ebene. Das Auftreten des Menschen transformiert den ganzen Prozeß erneut. Mars und Erde sind Orte, auf denen bevorzugt zu der einen oder anderen Zeit Leben existiert hat. Auf der Erde hat sich eine Biosphäre entwickelt, und wahrscheinlich gibt es auch auf dem Mars noch Überreste davon. Die Biosphäre macht eine Evolution durch, und in deren Prozeß tritt irgendwie plötzlich der Mensch auf. Wir wissen nicht ganz genau, wie das geschah, aber die Menschheit ist da. Die Menschheit übernimmt die Erde und hat ganz andere Eigenschaften als die anderen Bereiche.

Die bewußte Evolution des Menschen

Alle drei Phasen sind der antientropischen Evolution unterworfen. Die Organisation des Systems folgt einer antientropischen Evolution. Sie ist - entgegen dem olympischen Zeus und seinen Anordnungen - eine charakteristische Gesetzmäßigkeit des Universums. Doch mit dem Menschen beginnt die [i]bewußte Evolution[/i]. Die Menschheit verändert ihre Gattungseigenschaften durch intellektuelle Selbstentwicklung.

Was stimmt dann mit der heutigen Volkswirtschaftslehre nicht? Die allermeisten Ökonomen gehen von statistischen Theorien aus, die eine unbelebte Wirtschaft zugrundelegen! Die Mathematik und die Prinzipien, die diese Ökonomen lehren, kommen ganz ohne irgendwelche Prinzipien des Lebens aus. (Und wenn man sich manche Buchhalter heute anschaut, kommen sie einem auch wie tot vor.)

Die lebenden Prozesse insgesamt sind zwar in mancher Hinsicht willentlich, aber sie haben selbst keinen unabhängigen Willen. Sie haben nur die Fähigkeit, sich an ein Verhalten anzupassen, das eine willentliche Form hat. Aus sich selbst heraus können sie keine ganz neue Verhaltensweise hervorbringen. Das kann nur die menschliche Gattung, und heute treibt der Mensch die Evolution des Planeten! Wir sind nicht dem Planeten untertan, der Planet ist uns untertan! Denn die größten Veränderungen auf dem Planeten geschehen durch den menschlichen Geist, nicht durch sonstige sogenannte natürliche Prozesse.

Wie aber arbeitet der menschliche Geist? Einige Leute glauben, wir wären alle Affen, und einige tun wirklich so, als wären sie welche. Manche nennen sich Politiker und sitzen nicht im Zoo, sondern im Washingtoner Kongreß!

Der Unterschied besteht darin, daß der Mensch in der Lage ist, sein Verhalten - auch in der Masse - [i]willentlich [/i]zu verändern, denn die Fähigkeit, [i]die Bevölkerung zu vergrößern, ist Teil der menschlichen Natur.[/i] Die Form, die das annimmt, ist die bewußte geistige Weiterentwicklung durch wissenschaftliche Revolutionen und entsprechendes in der klassischen Kultur, was im Grunde das gleiche ist. Der menschliche Geist erzeugt in der Gesellschaft etwas, was den Menschen im Grunde [i]unsterblich [/i]macht. Der Körper stirbt zwar, aber schöpferische menschliche Ideen sind unsterblich.

Worum geht es in der Wissenschaft? Im kompetenten naturwissenschaftlichen Unterricht werden Entdeckungen aus der Vergangenheit nachvollzogen. Man schickt nicht einfach die Kleinen an die Universität und befiehlt ihnen: „Lern dieses und lern jenes." Man soll sie lieber in einen geistigen Brutkasten stecken und ihnen eine Aufgabe geben: „Entdeckt das für euch selbst! Wir sagen euch nicht, wie es geht, wir nennen nur die Parameter der Aufgabe. Ihr müßt sehen, wie ihr die Antwort herausbekommt." Man muß nur die Fragestellungen in eine bestimmte sinnvolle Abfolge bringen, damit die jungen Leute nacheinander die richtigen Entdeckungen machen können.

Wir müssen die Erkenntnisse in der Wissenschaft und klassischen Kunst erweitern. Das hat auch etwas damit zu tun, welche Einstellung man zu anderen Menschen entwickelt - mit den zwischenmenschlichen Beziehungen. Wenn wir das tun, sind wir schöpferisch im Sinne klassischer künstlerischer Entwicklung. Indem der Mensch [i]willentlich[/i] zu höheren Größenordnungen physikalischer Einwirkung auf den Planeten wie auch der Beziehungen unter uns Menschen voranschreitet, steigert die Menschheit ihre Macht im Universum.

Auf diese Weise ist es möglich, daß heute 6,5 Mrd. Menschen auf der Erde leben. Es gibt nicht eine Milliarde Paviane, es gibt nicht einmal hundert Millionen Menschenaffen, auch wenn der Mensch dem Affen ähnlich sieht (und sich manchmal auch so verhält). Die Menschheit verändert die Natur des Menschen durch Kreativität, und dadurch verändert sie die Erde und letztlich das gesamte Universum. Das ist nicht auf die Erde beschränkt, kein bloßes Erdenprodukt, sondern eine Kraft, die auch an menschlichen Aktivitäten im Weltraum deutlich wird - eine Kraft, die das Sonnensystem verwandeln und noch darüber hinaus gehen kann. Das ist wahrscheinlich Teil unserer Mission, Mensch zu sein.

Das Schöpfungsprinzip

Galbraith sagt in gewissem Sinne, daß wir unser Denken auf bestimmte begrenzte Annahmen einengen, die unserem Problem nicht angemessen sind. Das Entscheidende, was uns umbringt, ist dabei die Lehre des sogenannten Entropieprinzips. Aus jedem Winkel des Universums wird deutlich, daß das Universum nicht entropisch ist! Das Universum ist selbsterzeugend; alle Prozesse im Universum sind Ausdruck ständiger Kreativität. Die Menschheit ist ein Beispiel für willentliche, [i]bewußte [/i]Kreativität.

Aber viele sagen, der Mensch sollte nicht schöpferisch sein. Denken wir an die grüne Politik: CO[sub]2[/sub], CO[sub]2[/sub], CO[sub]2[/sub]. Eine derartige Politik bedeutet die Leugnung von Kreativität. Wenn man dagegen Einwände erhebt, heißt es sofort: „Nein, nein, das Entropiegesetz!" Es gibt kein Entropiegesetz. Vielmehr hat sich in der amerikanischen, der europäischen und übrigen Geschichte gezeigt, daß der Mensch mit seiner Schöpferkraft Probleme löst, den Zustand des Planeten verbessert und immer weitere Fortschritte macht.

Genau das ist die Aufgabe der Wirtschaftswissenschaft. Das erste Prinzip einer Volkswirtschaft ist das Schöpfungsprinzip. Das Prinzip intellektueller Kreativität bezieht sich einerseits auf die Dinge in unserem Umfeld, die etwas mit den niederen Arten zu haben, und andererseits auf die Beziehungen unter uns Menschen und die Organisation des menschlichen Fortschrittes selbst. Daran fehlt es. Die heutige Wirtschaftspolitik in den Vereinigten Staaten sieht keine Kreativität vor. Die Politik ist grün und rückwärtsgerichtet und soll uns so schnell wie möglich zu den Affen zurückbringen.

Mit diesem Problem setze ich mich ständig in meiner Arbeit auseinander, denn daran fehlt es in unserer Wirtschaftspolitik. Wir haben bis heute kein wirkliches Verständnis davon, was Kreativität als solche eigentlich bedeutet. Es gibt gute Annäherungen daran. Uns lag früher daran, junge Leute zu fördern, damit sie in Wissenschaft und vergleichbaren Wissensbereichen einmal etwas leisten würden. An bestimmten Standards, die entwickelt wurden, konnte man ablesen, was Fortschritt war und was nicht. Wenn sich Verbesserungen von einer Ebene des Fortschritts zur nächsten einstellten, nannte man das Kreativität. Das war nicht ganz falsch, aber auch nicht präzise, denn es berührte nicht die Frage des Prinzips von Kreativität als solcher. Aber immerhin hatten wir eine Annäherung.

Was ist somit zu tun? Wohin wollen wir uns wenden? Der Planet geht in eine negative Richtung, er stirbt. Und die Leute, die heute das Sagen haben, wissen nicht mehr, was Kreativität ist. Wie kann man erwarten, daß eine wirtschaftliche Erholung entsteht oder zumindest der Kollaps des Systems verhindert wird, wenn die Dinge so laufen, wie sie jetzt laufen? Wir müssen wieder ein Bewußtsein über Kreativität erlangen.

Der Testfall wird die Frage der Kernenergie sein. Die Menschheit wird es nur schaffen, auf diesem Planeten weiterzuleben, wenn sie die Stufe zur Kerntechnik und weiter zur Kernfusionstechnik durchmacht. Das ist nicht alles, aber das ist die Richtschnur. Wir brauchen auch tiefere Erkenntnisse in die Biosphäre, so wie Wernadskij sie definierte. In diese Richtung müssen wir denken. Anstatt nur zufällig aufgetauchte gute Ideen in einer bestimmten Reihenfolge anzuordnen, brauchen wir mehr Erkenntnisse darüber, was diese Stufen, die wir als einzeln als Fortschritte erkennen, miteinander verbindet. Beispielsweise muß die Gesellschaft so geführt werden, daß vermehrt kapitalintensive Investitionen getätigt werden, je technologiedichter unsere Pläne werden.

Wir brauchen Investitionen, die auf mehr als hundert Jahre angelegt sind. Verkehrsnetze und große wasserwirtschaftliche Projekte sind Beispiele für solche Jahrhundertinvestitionen. Andere Anlagen wie Kernkraftwerke sind Investitionen von mindestens 50 Jahren. Heutzutage halten diese Dinge nicht länger; vielleicht können wir das in Zukunft besser. Aber all das erfordert Investitionen, die man in Zeiträumen von mindestens einer halben, einer ganzen oder sogar etlichen Generationen bemißt. Eine Investition in eine Firma oder einen Industriebetrieb hat stets eine Grundlaufzeit von einer halben Generation.

Es geht also darum, nach vorne zu blicken. Man reagiert nicht auf das, was gestern geschah, sondern darauf, was wir in 50 Jahren erreichen müssen. Wie kommen wir unserer Verpflichtung nach, diesen Punkt 50 Jahre in der Zukunft zu erreichen? Wie können wir es so anpacken, daß wir sicher sind, wirklichen Fortschritt zu erzielen?

Das Problem liegt darin, daß wir keine wirkliche Vorstellung mehr davon haben, was es heißt, menschlich zu sein. Wir wissen, was ein Mensch ist, wenn wir ihn auf der Straße oder woanders im Leben sehen. Wir erkennen den Unterschied zwischen einem Affen und einem Menschen, so schlimm ist es noch nicht. Aber wir haben keine Vorstellung mehr, was Fortschritt ist, so wie uns das früher einmal als Leitschnur diente. Diese Vorstellungen - auch das Wissen davon, was mangelnder Fortschritt bedeutet - lernt man an den heutigen Universitäten nicht mehr.

Heute denken viele sogar, Mangel an Fortschritt sei eine Tugend. Der Rückschritt von der Dampfmaschine zum Sonnenkollektor, dessen Bau mehr kostet, als man je aus ihm herausbekommt, sei eine Tugend.

Was uns fehlt, sind Ökonomen und Staatsmänner, die systematisch das weiter führen, was die größten Staatsmänner der Vergangenheit geleistet haben - etwa in den Vereinigten Staaten, die Mitte letzten Jahrhunderts eine großartige Revolution angeführt haben - ich meine das Jahrhundert davor. (Ich werde langsam alt, ich habe fast ein Jahrhundert erlebt, seit ich geboren wurde.)

Jahrhunderte im voraus denken

Wir haben nicht einmal mehr eine Vorstellung davon, wie ein derartiger Fortschritt ablaufen soll. Früher diente uns diese Vorstellung einmal als Inspiration und wurde als „amerikanische Methode" bekannt. Zurückzuschauen reicht auch nicht mehr aus, wir brauchen eine viel systematischere Vorstellung.

Wir müssen uns beispielsweise überlegen, wie man die Infrastruktur dieses Planeten entwickelt. Das ist eine Investition von 100 bis 500 Jahren in die Zukunft. Wir müssen Jahrhunderte im voraus denken, denn wir werden das Aussehen dieses Planeten physisch verändern. Wir sprechen von Investitionen, die vier oder fünf Generationen in die Zukunft reichen. Dabei können wir uns nicht ständig selber auf den Füßen stehen; wir brauchen eine Politik, von der wir sicher sind, daß sie über diese langen Zeitperioden wissenschaftlich stand hält.

Darum dreht es sich bei Galbraith letztlich. Wir müssen über die Erfahrungen unserer unmittelbaren Vergangenheit hinausschauen. Die Lehren und Erfahrungen der Gegenwart dürfen für uns nicht der Maßstab sein; wir müssen weiter in die Zukunft schauen, um zu erkennen, woran es mangelt. Das muß von der Regierung aus geschehen, denn die Vereinigten Staaten müssen sich als Nation auf bestimmte langfristige politische Veränderungen festlegen.

Wie werden wir den vielen Müll unterschiedlicher Art los? Wie sollen wir die Systeme aufbauen, die als sichere Zukunftsinvestitionen noch in 100 oder 200 Jahren standhalten? Wir brauchen Ökonomen, die wieder in solchen Kategorien denken, die beispielsweise Werke wie die von Wernadskij kennen. Es ist möglich, in die Zukunft zu schauen und ein Gespür dafür zu entwickeln, was die richtige Richtung sein wird und wie sich das auf die Zukunft auswirken wird. Gleichzeitig muß man die Vorstellung aufgreifen, daß dies mit einer Zunahme der Arbeitsproduktivkraft einhergehen muß, damit wir möglichst schnell die Bedürfnisse aller Menschen befriedigen können.

Am besten wird dies an Afrika deutlich. Ich habe kürzlich eine Studie über Afrika gesehen, die anhand von Hubschrauber-Luftbildern erstellt wurde. Der gesamte afrikanische Kontinent wurde auf diese Weise in einzelne Rasterbezirke aufgeteilt. Jedes Rasterelement entsprach einer Aufnahme, und man kann sie sich nacheinander in großen Schaubildern ansehen. Was daran sichtbar wird, ist der entsetzlichste Mangel an Entwicklung, den man sich vorstellen kann. Wenn man das sieht, wird einem schlecht. Wo sind die Bahnlinien? Wo sind die Straßen? Wo sind die Städte? Wo ist all das, was für einen europäischen Lebensstandard erforderlich ist? Es ist schrecklich! Nur wenige kleine Gebiete sind für einige Teile der Bevölkerung erschlossen.

Afrika wurde geplündert. Es ist ruiniert. Das Britische Empire hat Afrika zu diesem Dasein verurteilt und damit eines seiner größten Verbrechen begangen. Raus mit den Briten, und die Krankheit kann geheilt werden!

Das Problem ist, daß die Menschen nicht mehr an die Zukunft denken, doch genau diese Aufgabe habe ich mir gestellt. Und weil ich das kann und weil ich das immer auf meine besondere Weise getan habe, habe ich erfolgreiche Prognosen erstellt. Ich weiß, welche Folgen es hat, wenn man nicht an die Zukunft denkt. Auch Galbraith hat das Problem angesprochen, daß es diesen anderen Bereich gibt, den wir vernachlässigt und mit unseren derzeitigen Grundannahmen übersehen haben. Der jetzige US-Präsident braucht eine Wirtschaftspolitik, die einer Zukunftsvision folgt.

Was bedeutet das konkret? Die meisten heutigen Investitionen in die Zukunft Amerikas werden Kapitalinvestitionen in die grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur sein. Nehmen wir als Beispiel das zentrale Flußsystem der Vereinigten Staaten, das Gebiet zwischen den Rocky Mountains auf der einen und den Alleghenies (Appalachen) auf der anderen Seite, das in der Mitte vom Mississippi durchzogen wird. Dieses Hauptflußsystem der Vereinigten Staaten führt Wasser aus den Großen Seen nach Süden. Diese Wasserbewegungen müssen unter Kontrolle sein, was auch entscheidend dafür ist, daß wir Trinkwasser haben, das dem heutigen Standard entspricht. Das heißt, es ist ganz wichtig, den Grundwasserspiegel aufzufüllen und zu erhalten. Es ist also außer Frage, in solche langfristigen Vorhaben zu investieren, die wir so lange vernachlässigt haben: Das Fluß- und Wassersystem und die Grundwasserleiter zwischen den Alleghenies und den Rockies. Das sollte dringend geschehen.

Zudem ist es völlig unsinnig, wenn überall diese Massen von Autos herumfahren. Die Wirtschaft hat sich zurückentwickelt, weil das ständige Fahren auf der Autobahn schon zu einer Lebensweise geworden ist. Wir brauchen ein leistungsstarkes und sauberes Netz von Massenverkehrsmitteln. Das läßt sich machen. Das wäre eine sichere Investition über die nächsten 50 oder 100 Jahre. Wir brauchen neue Energiesysteme - eine sichere Investition für die nächsten 100 Jahre. Mit einer ganzen Reihe solcher Investitionen kann man den ganzen Charakter der Entwicklung verändern. Wir müssen unsere Städte sanieren und umgestalten.

Wir brauchen keine Mammutkonzerne, die es jetzt nicht mehr packen, wie General Motors. Wir müssen wieder den Aufbau kleinerer und mittlerer Unternehmen fördern, die der Form nach durchaus Aktiengesellschaften sein können, aber besser über das Land verteilt sind, so daß jeder Landesteil je nach seinem Charakter über eine gewisse Zahl von Betrieben verfügt. Dann müssen die Menschen auch nicht stundenlang jeden Tag zur Arbeit hin- und zurückfahren. Solche Entscheidungen lassen sich treffen.

Wir wissen, daß wir Energie brauchen - Energie von hoher Dichte. Wir wissen, daß das Wasser knapp wird; vor allem das fossile Wasser geht zu Ende. Wir wissen, daß die Grundwasserschichten versiegen.

Wenn man sich um diese Infrastrukturprobleme kümmert, schafft man gleichzeitig die Industrien, die man braucht. Anders gesagt, man fängt nicht damit an, aufs Geratewohl Industrien aufzubauen, sondern man kümmert sich um die Infrastruktur, die man braucht, um die Industrie zu schaffen. Man entwickelt also die Infrastruktur mit der Absicht, bestimmte erwünschte Wirkungen zu fördern.

Genauso sollten wir verfahren. Der Stand der wissenschaftlichen Forschung und der angewandten Technik muß beständig steigen. Dann können wir im voraus wissen, daß die Menge der Produkte, die wir herstellen, größer sein wird als die der Produkte, die wir verbrauchen. Man weiß dann, daß in den laufenden Betrieb der Volkswirtschaft ein realer Profit eingebaut ist. Und das gleiche läßt sich auf weltweiter Ebene tun.

Schluß mit den Rettungspaketen!

Die amerikanische Regierung sollte nun mit Hilfe von Leuten, die ähnlich denken wie Galbraith, in der Lage sein, eine Politik zu entwerfen, die sich auf wissenschaftlichen und technischen Fortschritt stützt. Das ist möglich, wenn die Regierung alles unsinnige Zeug aus dem Haushalt herausnimmt und eine Konkursreorganisation einleitet. Keine weiteren Rettungspakete! Wir sollten das tun, was unsere Aufgabe ist. Meine Aufgabe sehe ich darin, die jetzige Administration aus dem Morast zu führen, in dem sie zu versinken droht. Meiner Ansicht nach kann die Regierung Obama die Krise dazu benutzen, eine langfristige Politik durchzusetzen, die in dieser Form nur angesichts der Krise verwirklicht werden kann.

Die amerikanische Bevölkerung hat im großen und ganzen nichts für die Wall Street übrig. Sie hat weniger als nichts für den jetzigen Kongreß übrig. Der Haß auf die Bundespolitiker ist enorm, und er wächst weiter rasant an. Die einfachen Leute sind bereit, zu töten, weil nichts mehr funktioniert. Alles, was ihnen lieb und wert ist, wird ihnen genommen. Man raubt ihnen alles, und sie haben jedes Vertrauen verloren. Wenn der Präsident in dieser Lage glaubhaft beweisen kann, daß er Maßnahmen ergreift, um die Richtung, in die wir gehen, grundsätzlich zu ändern, dann wird er die volle Unterstützung erhalten.

Ich meine, das will Galbraith auf die eine oder andere Weise sagen, und ich halte es ihm zugute, daß er der erste in seiner Position ist, der sich so äußert. Auf der Grundlage können wir gewinnen. Es ist unsere letzte Chance, und ich bin entschlossen, daß wir es schaffen.